AW: [Forenspiel] Maske runter! Wir lernen uns kennen!
Es gab solche Momente im negativen wie im positiven Zusammenhang. Letztlich sind sie immer mit Gefühlen assoziiert, die ich nicht imstande bin, zu benennen. Im Nachhinein würde ich sie als ein Empfinden von «Heimat» bezeichnen wollen. Das vermeintliche Gefühl, angekommen zu sein, einen Ort, einen Menschen, eine Tätigkeit gefunden zu haben, die alles Suchen im Nachhinein legitimiert. Allein haben diese Empfindungen nie zu einer Erkenntnis geführt, die den Schleier für mich lüftet. Aber wie auch? Sinn ist ein bewegliches Konstrukt, das sich mit den Ansichten und Erfahrungen verschiebt. Als ich zum ersten Mal in Hong Kong war, habe ich nach ungefähr einer Woche alles Relevante gesehen. Habe mir einen umfassenden Überblick über diesen gewaltigen Schmelztiegel verschafft, die Touristenattraktionen und einige der größeren Tempel besucht, und war auch im Disneyland. Und nach einer Woche hatte ich ernsthaft das törichte Gefühl, alles begriffen zu haben. Ich habe mir Erklärungen für das Verhalten der Menschen in dieser wunderbaren Großstadt zurecht gelegt, vermeinte nach wenigen Gesprächen, ein Gefühl zu haben für die Situation chinesischer Dissidenten, glaubte, selbst einen Einblick in den Daoismus zu haben. Nachdem ich aber am Strand einen kleinen Tempel zu Ehren einer Meeresgöttin besuchte, und mir Touristen und einige des Englischen mächtige Einheimische den Sinn hinter den Opferungen erklärte, verstand ich, dass ich überhaupt nichts begriffen hatte.
Worin liegt der Sinn? Wenn man in sich selbst ein Zuhause gefunden hat, ist man dann überall in der Welt zuhause? Und warum gibt es Momente, in denen sich diese Welt so vertraut anfühlt, die aber doch die meiste Zeit über so furchtbar fremdartig ist?
Ich habe keine Antworten. Und die wenigen Gefühle von Sinn haben nur Türen geöffnet, die zu weiteren Fragen führen, die ich - lautstark und töricht - nicht zu beantworten imstande bin.
Welche Einsicht, Weisheit oder welcher Gedanke hat Dich in letzter Zeit ganz besonders geprägt? Das muss ganz und gar nicht im philosophischen Sinne beantwortet werden, sondern kann auch eine ganz pragmatische (zum Beispiel berufliche) Erkenntnis sein.