AW: Regiearbeit
Ich kann zu diesem Thema jetzt hier 20 DINA4 Seiten schreiben… - daher versuche ich – zu kürzen. Es gibt da nämlich eine Sache, die mir sehr wichtig ist, denn die Zusammenarbeit zwischen Besetzung und Regie ist ein Geben und Nehmen.
Das heißt, normalerweise sollte ein Darsteller auch etwas mitnehmen aus einem Projekt – sein Handwerk betreffend.
Dabei geht es vor allem um die – die gerne spielen wollen – aber halt auf Grund ihres Lebens, jetzt nicht unbedingt aus dem Bereich der Schauspielerei kommen.
Da kommt eigentlich ein ganz wichtiger Punkt auf die Regie zu.
Regie heißt nicht, du setzt dich in deinen Stuhl und bist König des Tages.
Sondern Regie heißt du bist verantwortlich für ein Projekt, an dem eine Menge Menschen beteiligt sind. Die spielen nicht für dich, die spielen für das Projekt und damit für das Publikum. Du hast als Regisseur „nur“ die Verantwortung für alles – aber damit auch die Verantwortung für das Spiel der Darsteller (deren schauspielerische Leistung).
Das heißt du musst mit Schauspielern, die vielleicht in einer Rolle – nich soooo gut sind – arbeiten und auf diesem Feld auf dem wir uns hier bewegen heißt das, du bist auch Schauspiel-Lehrer.
Und in diesem Sinne sind wir jetzt an einem Punkt, der auch eure gerade andauernde „Diskussion“ betrifft bzw. Herrn Kubi auch interessieren könnte.
Der Markus hat das schon gesagt ohne es direkt zu formulieren:
Schauspielerei und Regie ist eine reine Vertrauenssache.
Wer jetzt sagt: „Das glaub ich nicht“ – der kann in die Kirche glauben gehen. Tschüss.
Gespräch endet hier. So elementar ist das zu wissen.
Und das Problem – das hat der Xilef schon angesprochen in Bezug auf Mr.Kubi – Vertrauen zu schaffen hat nix mit der Kunstmaterie an sich zu tun.
Du musst dich auf deine Besetzung einstellen. – Wenn du das nicht hinkriegst- was die bringen sollen – machst du einen Fehler. So hart das klingt.
Ich kenne den Satz: „Ich habe alles menschenmögliche versucht – dennoch hören sich die Takes wie beim ersten Mal an!“
Nein, hast du dann NICHT. Du bist verantwortlich für deren Spiel.
Wie machst du das? – Das ist Erfahrung. – Wenn du dich nicht auf Menschen einstellen kannst – bist du der falsche Mann für den Job.
TV, Kino, Theater, Hörspiel, Indien, USA, Europa alles dasselbe - es gibt nur einen Unterschied in den Mentalitäten (du kriegst 10 Amerikaner sicher schneller bewegt als 10 Deutsche - das ist es aber auch schon) ....
Aber um auch mal den Bogen zu spannen - zu dem anderen Exkurs hier:
Du stehst als Regisseur in einer Verantwortungsposition, die nur auf Vertrauen begründet ist. Das heißt du bist Stütze für die Darsteller und auch gleichzeitig deren Schild. Und ein guter Schauspieler verlässt sich darauf, dass du für eine Darstellung auch von dem schlechtesten Schauspieler sorgst, so dass das Schiff nicht untergeht sowie der schlechteste Schauspieler, dass du ihn genau so behandelst wie deinen besten Mann.
Deswegen sagen hier einige Schauspieler – sie kritisieren den Cast nicht. Weil es ist simpel und einfach nicht ihr Job. Das ist der Job des Regisseurs. Die wissen, wenn einer scheiße ist – hat die Regie scheiße gebaut oder die Regie hat entschieden: Wir fahren damit.
Die würden damit indirekt immer das Projekt kritisieren (an das sie glauben).
Und das ist auch der Grund warum Community-Regie – nie funktioniert. Das gibt es überall in allen Kunst-Bereichen, aber es kann sich nicht durchsetzen.
Der Grund dafür hat nix mit Produktions-Schemata oder „alte Werte“ oder anderen Blödsinn zu tun, die hier „gemutmaßt “ wurden - sondern ist simpel und einfach im Vertrauen begründet – die eine bessere Darstellung schafft.
Eine Schiffsbesatzung – die während der Fahrt noch diskutiert wie sie fahren sollen – wird niemals so gut sein, wie eine Besatzung die sich von der Einstellung her fest überzeugt ist, sich auf jeden Mann/Frau an Deck in jeder Situation blind verlassen zu können.
Vor allem auch noch in solchen Freiszenen – wo die Leute auch noch freiwillig melden.
Das ist – im übrigen – ein Naturgesetz. Gegen eine solche Truppe kommst du nicht, egal in welchem Bereich. Ihr zeigt das auch sehr schön in eurer Diskussion. Das ist der entscheidene Satz:
Beipackzettel schrieb:
Zum einen haben die Sprecher in der Dezentralen Produktion während der Auzfnahme der Takes überhaupt keine Möglichkeit ihre schauspielerische Interaktion fachkompetent zu betreiben,
Du vertraust also dem Cast nicht – das zu können. Da steht in deinem Beitrag noch viel mehr in diese Richtung. Nur mal als Beispiel: Ich bin von dem Gegenteil dieses Satzes überzeugt und würde ihn auch niemals schreiben. Weil ich damit indirekt den Darstellern mit denen ich hier schon gearbeitet habe sagen würde – ihr habt nicht 100% gegeben – aus welchen Gründen auch immer. Ich bin davon überzeugt, dass die so gut sind, dass die auch das Optimum solo rausholen können. Reine Vertrauenssache – mal anders herum.
Beipackzettel schrieb:
Mir geht es beim "Rudelhören" wie Du es nennst nicht darum meine Aufgabe als Regisseur aus der Hand zu geben und es hat auch nichts mit Unsicherheit zu tun. Ich möchte das Potential des Ensembles einfach nur voll ausschöpfen und ich möchte, dass am Ende alle möglichst zufrieden sind mit ihrer eingebrachten Leistung.
Doch. Genau
das ist Unsicherheit. Wenn du absolut davon überzeugt wärst, dass es perfekt ist – würdest du das nicht tun. Und warum das System sich nicht durchsetzt – dieses Community-System (so wird das genannt – das machst du glaub ich aber gar nicht) im Vergleichsfall und Extremfall wirst du niemals das Niveau von den Jungs erreichen – die sich blind aufeinander verlassen.
Nimm ein einfaches Beispiel: 5 Leute, Laientheater – erfahrene Regie – der eine macht Community – der andere Normal – die 5 Leute können diskutieren bis sie blöd werden – der der die meiste Erfahrung hat ist die Regie – der kann nur auf sie zugehen und auf der Mitte treffen. Der andere Mann holt die zu sich hoch. Ab dem Level können sie jetzt „schleifen“.
Aber das Level wird immer höher sein, als das von der anderen Gruppe.
Das ist der Grund warum das System sich durchgesetzt hat in der darstellenden Kunst. Es geht darum das beste zu erreichen. Um nix anderes. Sei es ein schlechteren Mann nach oben zu kriegen oder über die 100% Marke zu kommen – nenn es wie du willst.
Reine Vertrauenssache und wenn du jetzt noch Hamlet aufführen willst – jede Menge Erfahrung über ganz individuelle Eigenheiten.
Da kann ich dir (@Kubi) hier 20 Seiten zu schreiben – und geh fest davon aus – das wird dir so nicht helfen, es sei denn du sagst: Ich möchte unbedingt so wie Person X Regie führen.
Nen Master-Plan gibt es da nicht, weil du arbeitest mit Menschen im leeren Raum, der gefüllt wird. Das ist immer von den Menschen und deinem Projekt auch abhängig, da kannst du immer nur grob in eine Richtung zeigen – und ich habe das ein bisschen mit diesem Beitrag getan – aber „rann an den Speck“, dafür müssten wir den „Speck“ mal haben. Du willst Methoden - schaff Vertrauen - und such den Fehler erst in der Regie - nicht beim Darsteller.
Einen besseren Tip kann ich dir nicht geben.
Gruß
Ryan