Vielleicht magt ihr ja ein wenig von euch, euren Prozessen und Arbeiten erzählen und euch ein wenig über die Schulter hinter die Kulissen blicken lassen ?
Um nochmal auf das ursprüngliche Thema zurückzukommen:
Letztendlich ist es ja auch eine Lektoratsfrage, somit allerdings vor der Produktion und nicht im Nachhinein als Rückschluss.
Da ich ja niemals plotte und keinerlei Analysen mache (für meine eigenen Stücke), liegt meine Beurteilung nur im Bauchgefühl für die Story. Allerdings habe ich rausgefunden, dass ich merke, wenn etwas nicht stimmt. Meist kann ich nicht sagen, was, nur dass es so ist. Dann hilft es, das Skript wegzulegen, weil ich es nicht zu einem Ende bringen will, mit dem bestimmt viele kein Problem haben, aber ich weiß, ich könnte es besser.
Bisher hatte ich Glück. Irgendwann fiel der Groschen und die Geschichte wurde rund. Das ist mein absoluter Faktor geworden: Eine Geschichte muss rund sein. Somit habe ich mir ein Muster erdacht, das ich gerne anwende. Ich nenne es: Kreise schließen. Jede Figur, jede Situation, jedes Setting, die/das auftaucht, ist ein angefangener Kreis. Spätestens am Schluss, vor allem wenn man auf einen Showdown hinarbeitet, müssen sich alle kleinen Kreise geschlossen haben und ineinandergreifen wie Kettenglieder. Lässt sich ein Kreis nicht schließen, muss man überlegen, ob er es wert ist nachträglich geschlossen zu werden, oder ob er so unwichtig für die gesamte Story ist, dass er verzichtbar ist. Ist die Story schon weit fortgeschritten, wird es schwer einen Prota, ein Setting, eine Situation zu streichen, also kommt dann die Überlegung, diesem angefangenen Kreis eine Wichtigkeit zu geben, damit er es wert ist am Schluss geschlossen zu werden.
Die wichtigsten Kreise sind natürlich die Charaktere. Aber deren Ausarbeitung durch show-dont-tell dauert und muss exakt bleiben. Das ist eine Sache, die Zeit / viele Worte kostet. Aber nur so macht man sie lebendig. Und das ist der entscheidende Punkt. Denn viele LeserInnen "identifizieren" sich mit den Hauptprotagonisten, sie fiebern mit ihnen mit. Lässt man die Charaktere verblassen und gibt zu viel Zeit und Aufwand in zB Landschaftsbeschreibungen, Actionszenen, etc, fehlt den LeserInnen das Zusammenschmelzen mit den Protas.
Das ist etwas, was mir hier bei den Hörspielen öfters aufgefallen ist. Der Fokus liegt sehr stark auf den Sounds, besonders wenn Action im Spiel ist. Gleichzeitig fehlt mir dann meist ein entsprechendes Spiel der Sprecher, was nicht an denen liegt, sondern oft an der Textvorlage. Sodass manche Monologe /Dialoge eher analytisch daherkommen oder auch ambivalent wirken. Und dann verschwimmt der Charakter, sodass man überlegt: Häh, war der jetzt gut oder böse???
Das heißt, ich analysiere meist nach den Charakteren. Welchen Wert haben sie, sind sie ihrem Wert entsprechend aufgebaut, bringen sie den authentisch rüber, wie wichtig sind sie für das Ende, die gesamte Story? Wer ist verzichtbar, wen kann man kürzen, um Raum zu schaffen für einen anderen, der wichtiger ist?
Für mich liegt der Fokus immer auf den Typen, die mitspielen. Die tragen für mich die Geschichte, der Rest ist (hoffentlich passender) Zierrat als Unterstützung. Da liegt bei mir der kritischste Punkt im Zuhören von Hörspielen. Sie sind meist so kurz, dass die Charaktere nicht gut ausgearbeitet werden können. Auch wenn es Serien sind, bleiben sie meist in Stereotypen stecken, die der Hörer erwartet, um den Fortlauf der Folge nicht zu stören. Das macht es natürlich in der Produktion einfach und somit eignen sich solche Hörspiele sehr dazu, sie nach Schema F zu machen und zu beurteilen. Für mich bleiben sie zu blass von den Charakteren her. Ich bin sehr dafür, dass es gerne emotionaler zugehen darf, um den Protagonisten mehr Glaubwürdigkeit und Tiefe zu geben.
Also sind für mich die Dialoge/Monologe wichtig, nicht nur im Sinne von, dass sie etwas sagen, sondern WIE sie es sagen.
Analysieren kann ich gut fremde Texte, im Gegensatz zu meinen eigenen (wer hätte es gedacht??? Haha) Aber ich habe dafür keine Tabellen oder irgendein Schema, nur Kreise, die ich als unfertig erkenne und die geschlossen werden wollen, damit eine Geschichte rund wird.
My 2 cents. Du hattest gefragt