AW: Parapol (3) - Die verlorenen Karten
Gut eine Woche nach Veröffentlichung gibt es mal wieder die traditionellen Produktionsnotizen. Naja, zumindest sind sie bei mir eine Tradition.
Dennoch hier ein „paar“ Zeilen für diejenigen, die es interessiert:
Als die ersten beiden Folgen von Parapol veröffentlicht wurden, steckte ich noch mitten in der Produktion von "Die Fahrt". Allerdings konnte man schon hören, welche Früchte die Serie trug. Schöne Ideen und Produktionen sind da in einem sehr kurzen Abstand erschienen und der Hype ließ nicht lange auf sich warten. Ich gebe zu, dass ich dem nicht so recht erlegen konnte. Zum einen wie gesagt, wegen meiner eigenen Produktion zum anderen setzte die große Länderreservierungswelle ein, die ersten Skriptideen wurden vorgetragen und... verebbten nach und nach wieder. Der Hype war dann doch schneller wieder verflogen. Es kamen zu den Ideen keine Skripte mehr. Die Länder lagen brach.
"Die Fahrt" war fertig und ich konnte mal ausspannen, ein Hochzeitsfilm wartete auf seinen Schnitt und Parapol wurde bei mir eher eine Randerscheinung. Allerdings reifte in mir bereits mit Erscheinen von "Nightmares" die Geschichte eines Hamburger Polizisten, der mit einem seltsamen Todesfall konfrontiert ist, der mit Trade-Cards zu tun hatte. Inspiriert wurde die Idee damals auch durch die Zeichnungen eines alten Klassenkameraden, der seit seiner Schulzeitung düstere Motive zeichnete und den ich bei der Hörspiel 2010 in Hamburg wieder traf. Trotz allem: Es war nur eine Idee. Und sie war auch nur im Groben Rahmen abgesteckt und landete in einer Schublade.
Nach einiger Zeit kam es dann im Chat mit Erik Albrodt zu einem folgenreichen Gespräch. Ich weiß nicht mehr, was genau den Anstoß gab. Allerdings führte es dazu, das alte Konzept wieder heraus zu holen und es in ein Parapol-Skript umzuwandeln. Den aufgestellten Regeln konnte ich mich leicht unterwerfen. Allerdings fühlte ich mich durch die Reservierung von Deutschland gezwungen, ein anderes Land zu nehmen. Im Prinzip fiel die Wahl ziemlich schnell auf Portugal, da dieses Land ein unheimliches Potenzial an Geschichten bereithält und so eine Menge Stoff bot, die sich von Ufos/Vampiren/Werwölfen etc. abhob. Die Geschichte wurde in das Autorenteam hineingetragen. Der Rahmen der Handlung verdichtete sich und ich konnte das Skriptschreiben beginnen.
Ich hatte die beiden ersten Folgen im Ohr und hatte auf Basis meiner Geschichte einen anderen Ansatz gewählt. Die Frage, wie kommt man eigentlich zur Parapol sollte durch die Geschichte nebenbei erzählt werden. Also kein frisches Kennenlernen neuer Kollegen. Keine sich entwickelnde Vertrautheit in der Abteilung. Stattdessen sollte die Handlung von dem Hörer entdeckt und erfahren werden. Und das aus der Sicht eines gebrochenen Mannes, der mit sich und der Welt uneins ist. Durch die Finanzkrise, die zu der Zeit in Portugal ausbrach fiel es leicht, die Ansichten Neptunos in die wirkliche Welt hineinzutragen und nachvollziehbar zu machen. Meine Recherchen zu dem Polizeiwesen in Portugal brachten dafür ein eher undurchsichtiges Bild. Das führte auch dazu, dass ich die Mordkommission der COMETLIS (Abk. für die Kommandantur der Metropolizei in Lissabon) zuordnete. Es gibt auch eine Kriminalpolizei, die direkt dem Justizministerium unterstellt ist. Allerdings scheint diese in der Verbrechensbekämpfung ähnliche Aufgaben zu haben, wie das BKA oder ein LKA bei uns. Auch ist der Begriff COMETLIS nicht unbedingt das, was ein Portugiese unbedingt so aussprechen würde. In einer Fernsehsendung zu einer Jubiläumsfeier der COMETLIS beispielsweise, wurde die Abkürzung nicht ausgesprochen. Ich nahm mir also die Freiheit, um die Geschichte verständlich zu halten, die Polizeistrukturen nur am Rande zu erläutern. Wer also Fehler sieht, möge nicht allzu nachtragend sein, kann mich aber gerne korrigieren
In der ersten Fassung schien ich es mit der Passivität von Neptuno schon so übertrieben zu haben, so dass Karsten (joe adder) mir das Skript wieder zum Nachbessern vor die Füße knallte. Neptuno wurde also wieder eine stärkere Kraft, der sich dennoch von den äußeren Kräften treiben lässt. Aber er hinterfragt mehr und ergreift die Initiative. Nachdem die Masse der Rechtschreibfehler beseitigt und die Handlung am Ende noch mal komplett umgebaut wurde, erhielt ich die Freigabe. Nun könnte es mit dem Cut losgehen.
Tja, könnte. Denn pünktlich zur Freigabe bekam ich von Frederic Brake das Angebot, "Sand" zu schneiden. Der Stoff war so verlockend, dass ich es mir nicht nehmen lassen konnte, das Skript umzusetzen. Damit Parapol aber an den Start gehen konnte, entschied ich mich wieder einmal eine Cutter-Schule ins Leben zu rufen. 12 Cutter versammelten sich braf und wollten mitmachen. Am 06. Juni begann das Casting und es gab rege Zuschriften. Frederic hat seinerseits Sand initiiert und das Casting betrieben. Bevor ich mit "Sand" beginnen konnte, standen die Einführungsveranstaltungen mit den Tutorial-Videos an. Fast genau zwei Monate später war das Forum um ein paar Einführungsvideos reicher. Der erste Schritt war getan.
Die Auswahl der Sprecherinnen und Sprecher war, dank des Umfangs, nicht leicht. Viele gute Stimmen mussten gehört und bewertet werden. Allerdings brauchte das Hörspiel für die Rolle des Demetrio Spensa einen Sprecher, der die Tragweite der Rolle komplett ausfüllen konnte. Da noch genügend Rollen für das Projekt übrig blieben, sollten in erster Linie Sprecherinnen und Sprecher aus dem Forum zum Zug kommen, die zuvor noch keinen Take für eine der vorigen Parapolfolgen gesprochen hatten. Die Wahl des Neptuno fiel dabei auf Marc Schülert, der mit seiner Art zu sprechen und mit seiner Stimme perfekt in die Rolle passte. Alonso als Gegenpart ging an ashley pitt (Horst Kurth) vergeben, der zuletzt beim Ohrenkneifer in „Nightlife“ seine Fähigkeiten unter Beweis stellen konnte. Für die Rolle des Ronaldo Spensa konnte niemand anders als Werner Wilkening gecastet werden. Robert Kerik bekam nach reiflicher Prüfung aller Sprecher die Rolle des Marcos Luzio. Bei den größeren weiblichen Rollen entschied ich mich für Jessica von Haeseler (Loretta Dafermo, Dagmar Bittner (Susana), Vanessa Devinie (Vanessa (ja, jetzt echt
)), Saiyi Harake (Lisa), Kathryn Rohweder (Francesca) bekamen ihre Rollen eine Menge Gewicht. Die Nebenrollen gingen an Tom Westerholt, Marco Rosenberg, Hans-Peter Stoll, OldNick, Karin Schumann, Falko Diekmann und Ronald Möntemann, die allesamt ihre Rollen super eingesprochen haben.
Insgesamt war ich mit den Leistungen sehr zufrieden. Es gab zwar den einen oder anderen Retake. Doch die begründeten sich in der fertigen Szene wo die Dialoge nicht so recht zusammen passten. Schwierig war die Umsetzung des Schemens, der in der ersten Form ohne Stimme angelegt war. Dadurch schien er fast wie Gollum aus „Herr der Ringe“ zu klingen. Leider ging dadurch die Verständlichkeit unter. Die zweite Fassung hatte einiges an Overacting. Wenn dann der Kommentar: "Klingt trashig aber gut" kam, läuten schon die Alarmglocken. Die dritte Variante traf dann das, was es sein sollte.
Während der Produktion zu "Sand" gab es immer mal wieder Leerläufe, was mir Zeit gab, endlich das Skript von "Wachwinkel" fertig zu stellen. Das Casting startete dann im September. Cutter dafür wurde auch ein Cutterschüler, der sehr schnell seine Szenen für Parapol fertigstellte. Danach kehrte aber bei der Produktion Ruhe ein. Einige Cutterschüler waren plötzlich nicht mehr erreichbar, obwohl sie zuvor unbedingt mitmachen wollten. Mit Schwund hatte ich seit "Die Fahrt" gerechnet. Am Ende, bis also alle Szenen im Rohschnitt auf meiner Platte waren lag der Schnitt der Cutterschüler bei unter 50%. Ich hatte das Glück, dass erfahrene Cutter wie Marc Schülert, André Maurmann (Grissom), Searge und Kiyio mir unter die Arme griffen. Selbst der Cutter für Wachwinkel war plötzlich abgetaucht und mit ihm eine seiner Szenen von Parapol.
Zumindest die Finalisierung, also dem Angleichen aller Szenen auf ein Hörerlebnis, lief dank vieler Testhörer und Kritiker sehr produktiv ab. An vielen Stellen wurde am Tempo und den Geräuschen gefeilt. Allein Szene 18, die ich von Anfang an mir zugeteilt hatte, benötigte den kompletten Februar und die erste Hälfte des Märzes an Produktionszeit nur allein für den Rohschnitt. Dennoch galt es noch Zeit in die Lautstärkeneinstellungen und den Mix der Geräusche zu investieren.
Eine sehr glückliche Fügung zu einem recht frühen Zeitpunkt des Projektes ergab sich mit Tim Gössler, der sich bereit erklärte, die Musik beizusteuern. Bereits inspiriert von den ersten fertigen Szenen brachte er hervorragende Ideen mit ein. Auch seine Höreindrücke waren immer eine Menge wert. Zusammen mit Marc ergaben sich viele Diskussionen in der Ausprägung einiger Szenen, so dass es mir schon schwer fiel die Regiemütze aufzubehalten. Und wie viel es wert war, die Meinung der beiden zu berücksichtigen zeigte sich am Ende, als die erste Beta fertiggestellt war.
Eben jene Fassung musste noch mit Musik unterlegt werden, damit sie pünktlich zum IHW vorgestellt werden konnte. Mit Hochdruck erstellte Tim nach und nach die einzelnen Stücke, die dann noch einzusetzen waren und im Mastering mit dem Rest abstimmen musste. Es war für Tim ein echter Energieaufwand. Doch am Ende war es geschafft. Das Hörspiel war fertig und wir waren es auch.
Die Testhörer auf dem IHW schienen von der Betaversion angetan zu sein, doch es sammelten sich schon wieder diverse Punkte auf meiner Liste, die ich abzuarbeiten hatte. Mit den Credits, die Tim eingesprochen und mit Musik unterlegt hatte, wurde auch das Cover von Wolfram fertig. Im Stil unterschied es sich natürlich nicht von den anderen beiden Folgen. Es war schön zu sehen, wie das Ganze ein Gesicht bekam. Das Frontbild war schon vorher zu bewundern. Aber der Rest war ein schönes I-Tüpfelchen.
Mit der Premiere im Webradio endet dieses Kapitel vorerst. Ich werde mich nämlich den Videoprojekten widmen, die ich schon seit beinahe zwei Jahren in meinem Schrank habe stauben lassen. In diesem Jahr werde ich also nichts mehr anfangen, was mit Hörspielen zu tun hat. Aber wer „Die verlorenen Karten“ gehört hat, wird gespürt haben, wie viel Spaß ich mit Folge 3 von Parapol hatte.
Nach den Erfahrungen der letzten Cutterschule werde ich diese Art von Angebot nicht mehr machen. Es war klar, dass sich die Produktionszeit in die Länge ziehen wird. Das war aber auch mit der Hoffnung begründet, ein paar Cutter in hoertalk mehr zu haben. es war jedoch ernüchternd zu sehen, wie groß die Runde derer war, die sich am Anfang angemeldet hatten im Verhältnis zu denen, die tatsächlich am Ende eine fertige Szene ablieferten.
Wie ich bei meinen nächsten Projekten vorgehen werde, weiß ich noch nicht. Aber ich werde es dann wohl mal wieder allein probieren mit einem kleinen Kreis als Testhörer. Abgesehen davon stehe ich natürlich jedem angehenden Cutter mit Rat und Tat zur Seite.
Es obliegt nun der Hörerschaft, ihre Eindrücke preis zu geben. Auf das Feedback bin ich nämlich sehr gespannt. Ich möchte mich aber nochmal bei allen Teilnehmern für ihre Unterstützung und Hilfe bedanken, die mir in der langen Zeit zuteil wurde. Ich denke, dass ist eine der Eigenarten dieses Forums, das es möglich macht, ein solches Projekt zu stemmen.
Viele Grüße.