Hallo
@MonacoSteve!
Die besten Musikstücke entstehen aus Momenten emotionaler Beteiligung an gewissen Geschehnissen um die Künstler herum. Leider ist es nicht immer ein freudiges Ereignis.
Doch kommen wir zur Musik, bzw. zum Arrangement.
Ich möchte Dir am liebsten sagen, daß ich alles gut finde, aber leider ist das nicht so, bzw. da geht noch mehr.
Also ...
Mischen bzw. Arrangieren heißt sich zu entscheiden.
Du versuchst alles gut zu Geltung zu bringen, aber das geht nicht.
Fangen wir mit dem Flügel an. Auch wenn es eine gewisse räumliche Ausdehnung hat, so klingt es merkwürdig, wenn die Bässe rechts zu hören sind und die Diskantsaiten links bzw. halb links.
Ein Flügel dehnt sich nicht über 60% der Basisbreite aus. Das klingt nicht ... und jetzt kommt das wichtige Wort: plausibel. Ein Flügel kann links oder rechts (selten in der Mitte) des Orchesters stehen, aber niemals über mehr als die Hälfte des Orchesters, bzw. den Aufnahmewinkel.
Bei 0:25 kommen die Bässe (Contrabässe?) hinzu. Das klingt dramatisch und ist wohl so intnediert. Aber in dem Moment machen sie alles "halbplatt". Also machen sie nun platt oder nicht?
1..2..oder 3 ... Du mußt Dich entscheiden. ...
Das Appegio des Flügels klingt seltsam stumpf und wenig brilliant, dafür das Stakkato der Akkorde in der Mitte sehr offen und fast brilliant. Das klingt merkwürdig.
Und irgendwie knubbelt sich alles in der Mitte. Das Schlagwerk, speziell die Marschtrommel würde ich in den Höhen um ein, zwei dB dämpfen (ab 5 kHz aufwärts) und sie so ein bißchen "nach hinten" schieben. Eine kleine Prise Hall (2 - 2,5 s Nachhallzeit mit hohem Feedback Anteil) und schon steht sie hinten oben. Da würde ich sie "hinstellen". Du gibst ja schon etwas Hall auf die Marschtrommel aber irgendwie meandert das so hin und her. ...
Außerdem würde ich hier mit etwas mehr Dynamik arbeiten, um noch mehr Akzente zu setzen.
Dann noch die Contrabässe von der "dicke Drumm" etwas abheben. Vielleicht eine Terz höher und dann auf eine andere Position als die dicke Drumm.
Bei 1:44 wird das Appegio ein gutes Stück lauter und brillianter. Das ist merkwürdig, denn auch das Stakkato bleibt brilliant. Wieso war das Appegio dann vorher so ... stumpf. Das ist nicht plausibel.
... und irgendwann braucht es einen Übergang in eine Variation des Themas, sonst wird es ein wenig fad. Da ist ein Ansatz bei 2:15, aber das ist noch ein bißchen wenig.
Auch wenn das Outro ca. 3:00 ein Outro ist, was mir sehr gut gefällt, so könnte ich mir das als eine Art Bridge zwischen zwei Themen vorstellen. Also dem ersten Thema und dem zweiten Thema.
Man könnte mal mit der Tonart spielen oder zumindest den Grundton variieren ... doch das überlasse ich lieber dem Künstler.
Bitte versteh diese Ausführungen nicht als vernichtende Kritik, sondern als "Meckern auf hohem Niveau". Das Stück hat Kraft, Stärke und Präsenz. Es ist halt noch nicht ganz ... rund.
Mischen bedeutet sich zu entscheiden! Das war schon immer so.
Aber man kann nur das gut mischen, was guten Input liefert. Und der ist schon ziemlich gut. Da geht hier und da noch etwas mehr, aber insgesamt ist das schon gar nicht schlecht.
Ich habe gerade ein Hörspiel im Schnitt, wo ich für eine einzelne Szene bzw. die Atmo gerade 37 Spuren arrangiere. Klingt schon ganz gut, aber noch nicht gut genug. Ich werde noch ein paar Spuren hinzufügen.
So ist das auch beim Mischen von Orchestern. Manchmal hat man selbst mit einem 64 Kanal noch viel zu wenige Kanäle. Das habe ich mal in der Kölner Philharmonie erlebt, als ich einem Freund half den "Chor der Tausend" aufzunehmen. Als der Ton-Ing per Saaldurchsage meinte, daß wir mal anfangen sollten mit den Kanälen zu sparen, weil wir schon 60 im Einsatz hätten, wurde uns klar, daß wir Submischer brauchten. Es wurden hinterher sogar 4 Submischer mit 3 x 24 Kanälen und einmal 48 Kanälen. Schließlich hatten wir 181 Kanäle im Einsatz. Eine einzige Materialschlacht. Wir haben den mobilen Fundus des WDR leer gemacht. Das kommt alle paar Jahre mal vor. So haben wir aus privaten Beständen noch ein paar Kilometer Kabel verlegt.
Aber so viele Kanäle wir eingesetzt haben, so gänsehautmäßig ist diese Aufnahme auch geworden. Es waren zwar keine 1.000 Singende, sondern "nur" 640, aber immerhinque. Die Aufnahme hat alle aus den Socken geblasen und viele begeisterte Kritiken bekommen.
Will sagen: Wenn Du ein Orchester arrangierst, selbst virtuell, dann spare NICHT mit den Spuren.
Erst durch ein feines Austarieren der Mischung entsteht dieses große Ganze, was viel mehr ist als die Summe seiner Einzelteile, auch wenn es sehr viele Einzelteile sind.
Trau Dich eigene Wege bei der Mischung zu gehen. Nutz den gesamten Dynamikbereich der Instrumente und scheu Dich nicht Fehler zu machen.
Das wäre bei einer Live-Aufnahme schon fatal, aber Du kannst jederzeit auf Stop drücken und alles noch mal von Anfang an spielen lassen. Dein Orchester ist ja nicht bei der Gewerkschaft, sondern sie sind nur "Strom an" oder "Strom aus" .
Du hattest das schon einmal gemacht, daß Du mehr Spuren ausgekoppelt hattest (auch wenn das mehr Arbeit war) und die Mischung ein paar Mal überarbeitet. Hinterher klang das sooooo viel besser als am Anfang. Das sollte Dir Mut und Zuversicht geben. Zuversicht in Deine Fähigkeiten noch mehr aus Deinen Stücken herauszuholen.
Du hast tolle Ideen und setzt sie wirklich gut um. Aber da geht noch mehr und Deine Stücke haben es verdient noch besser umgesetzt zu werden.