Marco Ansing

Autor und Sprecher
Hallo,
ich habe mal ein paar Fragen zum Einsatz des Erzählers. Mikrima hat ja schon in http://www.hoer-talk.de/index.php?topic=811.0 einiges erklärt. Aber ich frage mich trotzdem, wie viel Erzähler sollte/darf sein?

In Hörspielen wie "John Sinclair" oder "Gabriel Burns" wird ja mit viel Erzähler gearbeitet. Bei John Sinclair wirkt es teilweise sogar etwas lächerlich.

Bei den drei Fragezeichen hingegen erscheint der Erzähler nur am Anfang und am Ende einer Szene.

Andere Hörspiele, wie etwa Drizzt, kommen fast ohne Erzähler aus, da die Charaktere die meisten Handlungen selbst erklären, nicht etwa durch einen Ich-Erzähler, sondern etwa so:
"Hier nimm das. Ha! Voll ins Gesicht. Willste mehr? meine Fäuste werden sich freuen."
Die Schlägerei könnte man natürlich auch vollständig mit einem Erzähler machen:
"Xy schlug zx ins Gesicht. Doch zx stand wieder auf und grinste nur."

Was ist nun besser? Ich persönlich glaube, dass das eher Geschmackssache ist. Solange ein Erzähler eine (Action-)Szene nicht die Spannung und die Bewegung raubt, ist er willkommen.

Meinungen?
 

mikrima

Michelle Martin
Ganz genauso sehe ich das auch. Eine generelle gibt es nicht.

Ich habe auch schon einiges darüber gelesen, ob ein Erzähler in ein "klassisches" Hörspiel nun hineingehört oder nicht, wo es dann schon um Bezeichnungen und Titel und die Entwicklung der Hörkunst usw. ging. Das einzige, was aber davon bei mir hängen geblieben ist (selektives Gedächtnis :D) ist aber der Kommentar, daß das ganze unter Kunst und Kreatives Schaffen fällt und damit eigentlich erlaubt ist, was gefällt. :) :)

Ich persönlich würde das je nach Geschichte entscheiden, die man erzählen will.
Zum einen spielt es eine Rolle, wieviel Zeit in der Geschichte verstreicht. Ein episches Fantasy Hörspiel braucht einen Erzähler, um einfach auch mal Zeitraffer zu nutzen und Handlungen zusammen zu fassen.
Ein Hörspiel, daß im Wesentlichen nur aus einer einzigen Szene besteht, braucht den Erzähler nur, um die Szene zu beschreiben - wenn überhaupt.
Will man viele Gedanken und andere subtile Dinge verdeutlichen, kommt man um einen Erzähler oft ebenfalls nicht herum.
 
T

Thiudareik

Also ich finde der Erzähler ist (wenn es denn einen gibt) die wichtigste Rolle überhaupt. Schliesslich ist er es, der die Hörer in die Geschichte einführt und hindurchführt. Er bereitet den Hörer vor auf das was kommt und steht i-wie "schützend" vorm Hörer (wenn jemand versteht was ich meine).

Zudem denke ich, dass sich Hörer auch auf ihren Erzähler verlassen und auf irgendeiner Ebene baut sich da auch ein Vertrauensverhältnis zwischen Hörer und Erzähler auf (falls auch das jemand versteht, kann es net besser ausdrücken).

Zudem denke ich, wie mikrima auch, dass in einem epischen HS ein Erzähler dringend nötig ist, ebenso in "bildgewaltigen" Stücken...
 
J

joky

... das ist ein gute Frage.
Ich denke, es hat viele Vorteile einen Erzähler einzusetzen... das ersetzt so manchen langen Dialog oder auch SFX.

Ich habe bisher auch nie einen Erzähler benutzt... aber wie ich schon bei mehreren Projekten hier hören konnte, gibt es tolle Erzählerstimmen hier im Forum... das beflügelt einen dann noch mehr, damit zu arbeiten... ;)

JOKY
 

Marco Ansing

Autor und Sprecher
"Bildgewaltig" kann man auch mit der Mischung aus richtigen Sounds und guten Schauspiel sein.
"Agriff Freunde! Der Drache ist am Tor"
Brüllen der angreifenden Zwerge. Schlachtenlärm. Fauchen des Drachens.
"Hauptmann, passen sie auf hinter IHNEN"
"Feuerspeigeräusch"
"Beinahe hätte er mich erwisch!"

Hier könnte man mit nem Erzähler arbeiten, er kann aber dadurch auch alles furchtbar langweilig machen...

Letzte Möglichkeit ist es den Erzähler ganz rauszunehmen und einen Ich-Erzähler zu nehmen. Was zwar auch ein Erzähler ist, aber dieser könnte womöglich das "auseinanderreißen" einer Szene verhindern.
 
T

Thiudareik

[quote author=Grisbert link=topic=1122.msg7226#msg7226 date=1211546565]
"Bildgewaltig" kann man auch mit der Mischung aus richtigen Sounds und guten Schauspiel sein.
"Agriff Freunde! Der Drache ist am Tor"
Brüllen der angreifenden Zwerge. Schlachtenlärm. Fauchen des Drachens.
"Hauptmann, passen sie auf hinter IHNEN"
"Feuerspeigeräusch"
"Beinahe hätte er mich erwisch!"

Hier könnte man mit nem Erzähler arbeiten, er kann aber dadurch auch alles furchtbar langweilig machen...

Letzte Möglichkeit ist es den Erzähler ganz rauszunehmen und einen Ich-Erzähler zu nehmen. Was zwar auch ein Erzähler ist, aber dieser könnte womöglich das "auseinanderreißen" einer Szene verhindern.
[/quote]

Ja schon, aber bei Passagen wie der folgenden kann ein Erzähler wahre Wunder leisten (was ja nicht ausschliesst, dass Sounds das Ganze begleiten...

"Andrew stieg die Stufen der alten Treppe hinab (Geräusch) und fand sich in der riesigen Eingangshalle wieder. Der gewaltige Kronleuchter der an der Decke hing erzählte von den alten Zeiten des ehemals herrschaftlichen Hauses. Die wände waren reichhaltig mit Wandteppichen ausstaffiert, die Jagdszenen zeigten. In einem Kabinett hingen alte Jagdgewehre und in einer Ecke fand sich ein Sammelsurium von ausgestopften Tieren und Jagdtrophäen"

Das hab ich jetzt grad eben improvisiert, aber ausser der Treppe lässt sich hier wohl kein Geräusch einbauen. Ausgestopfte Tiere schweigen ;O)
 

bob7

__________________
Mhh...mit ein bisschen Fingerspitzengefühl kann man genau sowas aber auch in sehr stimmungsvolle Dialoge verwandeln...
 

mikrima

Michelle Martin
In spannenden Szenen, wie z.b. der von Grisbert vorgestellten Szene hat ein Erzähler meiner Meinung nach auch nichts zu suchen. Und generell würde ich wenn möglich einen Erzähler fast immer lieber durch einen Soundeffekt ersetzen - vor allem bevor man dann wieder nur einen einzigen Erzählersatz a la "Er hob die alte Schatulle vom Boden auf." hat.

Aber da gibts irgendwie kein richtig und falsch.
Der eine mag es am liebsten, wenn der Fluss und die Immersion möglichst gar nicht vom Erzähler gestört wird (z.B. 3 Fragezeichen, nur am Anfang, Ende und selten zwischendurch) Der nächste findet es viel passender, wenn der Erzähler möglichst viel Einsatz hat, bis hin zur "inszenierten Lesung", wo die anderen Sprecher mehr Ausstaffierung für ihn sind. (siehe zum Beispiel "Epic")

Mir gefallen die Drei-Fragezeichen und ich habe auch Epic sehr genossen.
Also, auf den richtigen Einsatz kommt es an.
 

Simistral

Ich weiß nicht, was soll ich bedeuten
Mhh...mit ein bisschen Fingerspitzengefühl kann man genau sowas aber auch in sehr stimmungsvolle Dialoge verwandeln...
Etwa so???

Herbert: Guck mal, der Kronleuchter da an der Decke!
Willy: Boaah, ist der alt!
Herbert: Man merkt gleich, dass wir uns in einem herrschaftlichen Hause befinden!
Und sieh erst mal die Wandteppiche da!
Willy: Sind das Jagdszenen da drauf?
Herbert: Jaja, so ist es.

(usw.) ;D
 
T

Thiudareik

[quote author=Simistral link=topic=1122.msg7240#msg7240 date=1211550037]
Mhh...mit ein bisschen Fingerspitzengefühl kann man genau sowas aber auch in sehr stimmungsvolle Dialoge verwandeln...
Etwa so???

Herbert: Guck mal, der Kronleuchter da an der Decke!
Willy: Boaah, ist der alt!
Herbert: Man merkt gleich, dass wir uns in einem herrschaftlichen Hause befinden!
Und sieh erst mal die Wandteppiche da!
Willy: Sind das Jagdszenen da drauf?
Herbert: Jaja, so ist es.

(usw.) ;D
[/quote]

Das ist ne Idee - funktioniert aber nur dann wenn auch eine 2. Person in der Szene anwesend ist! Was in meinem Fall, net der Fall ist - aber das konntet Ihr jetzt auch net wissen...
 

bob7

__________________
Das ist ne Idee - funktioniert aber nur dann wenn auch eine 2. Person in der Szene anwesend ist! Was in meinem Fall, net der Fall ist - aber das konntet Ihr jetzt auch net wissen...
[/quote]

Stimmt. Alternativ könnte die Person noch Selbstgespräche führen oder "laut denken".

Ich bin auch kein Verfechter einer bestimmten Meinung dazu, finde es aber ein spannendes Thema...
 

Marco Ansing

Autor und Sprecher
"Hmmm was haben wir denn hier. Oh, das Wohnzimmer. *pustet* So viel Staub *hustet, Echo* auweia... das hört man ja im ganzen Hau- oh, war da nicht 'was?"

;D
 

Jim Zonk

Mitglied
Grüße.
ich habe da gerade an einem Problem zu knabern.
mein Hörspiel hat bereits zu viele charaktere (momentan 39)
Wenn ich jetzt eine schlacht Scene darstelle zwischen 2 charakteren und "weiteren Männern" wie sollte man es da anders umsetzten als die schlacht zu erzählen. hier mal als beispiel:
Lancer - Herr der Dunkelelfen schrieb:
Der dunkel Elf riß einem der Menschen den Arm ab. Wie ein besessenes Tier schnellte er über die kleine Lichtung. Ein Mann mit Schwert und Schild stand vor ihm und war bereit zum Kampf. Doch der dunkel Elf Spießte ihn mit einer seiner Arm klingen auf und hielt ihn hoch, während er einem andern mit seinen eigenen Schwert den Schädel spaltete. Den Mann den er aufgespießt hoch hielt war noch ein wenig am leben, doch der dunkel Elf kannte keine Gnade. Er schleuderte ihn zu Boden und schnitt ihm die kehle durch nun wandte er sich Marius zu. Der sein Schwert verzweifelt fest hielt. Der dunkel Elf sprang auf ihn zu entriß ihm sein Schwert und pfählte ihn damit an einen Baum. Der Elf keuchte, er sang zu Boden, er atmete schwer und starrte auf seine Hände die sich in den Blut getränkten Boden gruben.

jetzt könnte man das aber auch so schreiben:
Lancer - Herr der Dunkelelfen schrieb:
Mann #1: Nimm das Kreatur

Lancer: Du wirst nie wieder deinen Arm gegen mich erheben, Basdart!!

FX: Knax arm ab
Mann #1: Aaahhrrrrr

Marius: Haltet ihn
Mann #2: Ich werde ihn mit meinem Schild aufhalten, zieh ihm ein über

Lancer: das werden wir ja sehen !!

FX: Fleisch, knochen und Tod

Mann #2: Aahrrr

Marius: Meine Güte er hat ihn einfach aufgespießt

Mann #2 So helft mir doch

Mann #3: Ich helfe dir

Lancer: Versuch es meine armklinge erwartet dich schon

Fx: Zack Fleisch, kopf ab und wieder der Tod

u.s.w u.s.w
Das könnte man machen leider habe ich dadurch noch mehr Statisten zu besetzen :( dann würde ich locker auf 50 Charaktere kommen.
 

Searge

Space-Opera ist ein musss!
Sprechprobe
Link
Ich würde sagen Geräuschkulisse und schnelle Gespräche zwischen den Hauptcharakteren.
 
T

Thiudareik

[quote author=Searge link=topic=1122.msg7867#msg7867 date=1212613602]
Ich würde sagen Geräuschkulisse und schnelle Gespräche zwischen den Hauptcharakteren.
[/quote]

Schliesse mich da an, im Film wären es sicher auch schnelle Schnitte, so á la MTV... dazu noch ein dramatischer, flotter Sound...
 

mikrima

Michelle Martin
Die ganze Szene basiert auf zu vielen optischen Details. Du versuchst ein toll choreographierte Szene in ein Hörspiel zu übertragen. Das kann nicht 100%ig funktionieren - so schnell kann der Zuhörer das gar nicht verarbeiten, wie die Dinge in Wirklichkeit geschehen.
Derartige Szenen sind für Hörspiele schlecht geeignet.
 

Jim Zonk

Mitglied
Grüße.
Also ist es da doch besser den Erzähler diesen Kampf beschreiben zu lassen oder wie?
Ich finde allerdings das der Erzähler den Hörer immer wieder aus der "Hörspielwelt" herrausreist.
 

Searge

Space-Opera ist ein musss!
Sprechprobe
Link
Finde ich gar nicht. Ein Erzähler wäre an der Stelle unpassend. Die Szene müßte folglich umgeschrieben, gekürzt oder verkleinert werden. Also auf einige wenige handelnde Personen, aber auch so, das man im Hintergrund die große Aktion mitbekommt. Bei einem Erzähler wäre die Aktion völlig raus und es würde nur noch eine Beschreibung statt finden, die kaum Emotion vermittelt.
 

Jim Zonk

Mitglied
nehmen wir jetzt mal mein beispiel
Der dunkel Elf riß einem der Menschen den Arm ab. Wie ein besessenes Tier schnellte er über die kleine Lichtung. Ein Mann mit Schwert und Schild stand vor ihm und war bereit zum Kampf. Doch der dunkel Elf Spießte ihn mit einer seiner Arm klingen auf und hielt ihn hoch, während er einem andern mit seinen eigenen Schwert den Schädel spaltete. Den Mann den er aufgespießt hoch hielt war noch ein wenig am leben, doch der dunkel Elf kannte keine Gnade. Er schleuderte ihn zu Boden und schnitt ihm die kehle durch nun wandte er sich Marius zu. Der sein Schwert verzweifelt fest hielt. Der dunkel Elf sprang auf ihn zu entriß ihm sein Schwert und pfählte ihn damit an einen Baum. Der Elf keuchte, er sang zu Boden, er atmete schwer und starrte auf seine Hände die sich in den Blut getränkten Boden gruben.

was kann man an dieser scene ändern, ich steig da nicht so ganz durch was ich da kürzen könnte.
 

mikrima

Michelle Martin
Dies hier ist nur meine persönliche Meinung.
Ich finde, es ist nicht besser, den Erzähler das erzählen zu lassen. Ich finde solche Szenen für ein Hörspiel überhaupt nicht geeignet.
Wenn ich eine spannende Action-Szene in einem Film sehe, und dann versuchen würde, jemand anderem zu "erzählen", was passiert ist, dann würde der sich mit dem Finger an den Kopf tippen.
Solche Szenen passen einfach nicht in dieses Medium. Eher in ein Hörbuch oder gleich ein Film.

Für ein Hörspiel müsste die Szene wesentlich simpler aufgebaut sein und ihre Hauptaussage sollte nicht in einer nur optisch wahrnehmbaren Information stecken.

Zuallererst muss Du Dich von dem optischen Medium Film lösen.
Alternativ kannst du das Stück eher wie eine inszenierte Lesung aufbauen und damit mehr in Richtung Hörbuch gehen. Dann kannst Du wahrscheinlich auch gleich noch ein paar Rollen streichen. Dir steht dann auch die Möglichkeit offen, Buch-artig die Gedanken und Gefühle Deines Hauptcharakters darzustellen.

Wenn Du beim klassischen Hörspiel bleiben möchtest und auch die Szene nicht ändern willst, bleibt Dir nur der Erzähler - aber dann bräuchte der Text noch ein wenig mehr Überarbeitung (er klingt ja sprachlich jetzt noch etwas unbeholfen).

Ansonsten könntest Du Dir überlegen, was für Dich die Hauptaussage der Szene ist. Z.b. daß er einerseits schnell und auch einer mehrfach Überzahl überlegen ist, und daß er ausserdem keine Gnade kennt. Prima, das muss der Erzähler nicht machen. Da nimmst Du Dir viele Schrittgeräusche, mehrfaches Klingengeräusch, so wie beim Schwert ziehen und 1-2 zwei Sprecher, die so was sagen a la:
"Hier kommst Du nicht durch"
"5 gegen einen - gib auf. Hahaha"
"Das werden wir ja sehen. Har!"
Und dann nur etwa 3 Sekunden lang Splattergeräusche und dann ein paar Plupmsgeräusche.
Danach ein bisschen Stöhnen von den herumliegenden Männern. Einer kristalisiert sich als Wimmern heraus.
Zwei oder drei gemässigte, langsame Schritte über den Boden, wobei das Wimmern ganz leicht lauter wird.
"Bitte.. Bitte tötet mich nicht. Habt Gnade!"
"Gnade? Sowas gibts bei mir nicht."
Klingengeräusch, darunter mischt sich ein grugelnder letzter Aufschrei des Mannes, fertig.
 
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