Nun bin ich lange genug hier aktiv und kann aus allerersten Anfängen eines möglicherweise irgendwann (vielleicht auch erst im nächsten Leben) fertigwerdenden ...
... kurz. Ich habe keine wirkliche Erfahrung, aber möchte an dieser Stelle auch noch einen Gedanken einwerfen (dahin wo noch Platz ist!)
Ich nenne es das "IKEA - Prinzip"! - "IKEA - Entdecke die Möglichkeiten!"
Und vielleicht ist es ja mal möglich, dass sich die Schreibenden ein wenig mit der Tontechnik befassen. Man/Frau muß das nicht so extrem machen wie ich, aber es gibt ja noch etwas dazwischen.
Wenn unsere Skriptenden sich auch mit den Möglichkeiten der Tontechnik etwas befassten, würde das sicherlich nicht nur neue Horizonte eröffnen, sondern auch neue Ideen hervorbringen, neue Ansätze und auch neue Skripte.
Aus tontechnischer Sicht, ist es ziemlich erprobte und bewährte Technik, sich im horizontalem Stereobild zu bewegen. Und es ist ja auch stimmig, denn der weit überwiegende Teil unseres Lebens und damit unserer Wahrnehmung findet in der Horizontalen statt.
Doch ein kurzes Erlebnis hat mich da mal zum Nachdenken gebracht:
NYC - TimeSquare - vorbei am HardRock Cafe - ein paar Meter weiter stehe ich an der Fußgängerampel. Direkt neben mir ist im Boden ein Gitterrost im Boden eingelassen. Dann höre ich ein immer näher kommendes Grollen und tieffrequentes Rumpeln. Kurz darauf ein anderes, sehr ähnliches Geräusch. Es kommt aus dem Boden, aus dem Gitterrost. Das Grollen wird stetig lauter, die beiden Grollen mischen sich unharmonisch und es gibt viele "Mischungs-Artefakte". Dann in einem kurzen Crescendo wird das Grollen zu einem Brüllen, bevor es stetig leiser wird.
Bähm! Das hätten zwei unterirdische Drachen sein können, die miteinander gekämpft haben, bis sie sich auf "Unentschieden" geeinigt haben und weiter ihrer Wege gehen.
Doch es waren nur die profanen Geräusche zweier Subway-Züge, die sich in einem Schacht unter meinen Füßen begegneten.
Doch die Idee mit den Drachen gefiel mir und ich habe mir vor meinem inneren Ohr ausgemalt, wie man das mit ein paar tontechnischen Tricks zu einem solchen Kampf hätte ausgestalten können.
Bei meinem nächsten Besuch in NYC habe ich an derselben Stelle das Grollen aufgenommen mit einem
Zoom H3-VR Mikrofon-System. Das klang leider nicht so spektakulär wie erhofft, aber ... okay.
Zuhause habe ich dann die DAW angeschmissen und versucht meine Vorstellung umzusetzen. Wichtig war dabei, dieses Gefühl des "unter meinen Füßen" zu erzeugen, wie ich es vor Ort erlebt hatte. Es hat leider nicht funktioniert. Also nicht nicht, aber nicht so richtig.
Nun, ich nehme Geräusche anders wahr als viele Andere. Doch soooo besonders ist das auch nicht. Als Skriptende/r muss ich nicht verstehen, wie man so etwas tontechnisch umsetzen kann, aber wenn ich um so eine Möglichkeit weiß, dass sie machbar ist (mittlerweile habe ich verstanden, warum es nicht funktioniert hat), dann kann sie in einen Skript einfließen und schon kann so ein Skript eine andere Richtung nehmen, etwas "Unerhörtes" bieten, eine neue Variante verwenden, um einen Teil der Geschichte noch intensiver erlebbar zu machen, als es mit Stereo möglich ist.
Wenn ich mich in die Socken eines Skripters stellte, dann würde mich das "Entdecken der Möglichkeiten" inspirieren, ja mich beflügeln.
Zum Teil sind wir "Tonis", es aber auch ein bißchen selber Schuld. Es interessiert die Schreibenden ziemlich herzlich wenig, was wir da an Zaubertricks anwenden. Wichtig ist viel mehr, dass die Schreibenden verstehen und sich an diese Möglichkeiten erinnern, wenn sie eine neue Geschichte schreiben.
Aber das ist alles keine Einbahnstraße. Warum nicht auch mal "Challenge your Tonis"? - Lasst Eurer Phantasie freien Lauf und wenn es zu einer Stelle kommt, wo ihr denkt, dass hier ein Effekt (oder auch ein anderer) wie oben beschrieben Eurer Geschichte einen neuen Drive geben könnte, dann stellt Eure Idee doch mal zur Diskussion. Unter Umständen ist es für einen "Toni" gar nicht sooooo kompliziert oder sie/er hat schon etwas in der virtuellen Schublade oder ihr entwickelt die Idee gemeinsam weiter und sie wird noch besser.
Mir würde es gefallen, wenn wir uns bei der Software-Entwicklung etwas abschauen würden. Sie nennen es dort "agile".
Das bedeutet (SEHR verkürzt), dass man erst einmal etwas baut, was "irgendwie so ähnlich ist, wie das erdachte Endprodukt oder zumindest so etwas wie der kleinste gemeinsame Nenner".
Nun, es gibt viele Beteiligte und daher auch viele, zum Teil SEHR unterschiedliche Vorstellungen und Erwartungen. Aber "am konkreten Objekt" lässt sich viel leichter besprechen wie es weitergeht, als rein theoretisch. Also einfach mal einen Szene mischen / cutten und sich anhören.
Es kommt dann auch vor, dass manchmal sogar große Teile Quellcode weggesichert werden und neu gemacht werden.
Auf ein Hörspiel bzw. Skript übertragen heißt das: Es gibt eine erste, minimale Rohfassung. Die wird im "Team" diskutiert und bewertet. Dann geht es zurück an den Schreibtisch und eine neue Version entsteht, usw. usw.
So auch beim Cutten und Sound-Design.
Dann kommt es z.B. zu so Ideen wie "Ich stelle mir vor, dass der LKW nicht vor der Person vorbeifährt, sondern dahinter."
Davor vorbeifahren, ist mit Stereo und ein bißchen Drehen am "Pan" Regler schnell gemacht.
Den (Hör-) Eindruck zu realisieren, dass der LKW hinter den Hörenden vorbei zu fahren scheint ... ist aufwendiger!
Denn wenn man hinterher sicherstellt, dass die Hörenden alles nur über Kopfhörer abhören, ist das mit den passenden Tools schnell gemacht. (< 1 min). Wenn das aber über Stereo-Boxen laufen soll, ist das ... komplizierter. Hingegen in einem Surround Sound System wie z.B.: Dolby Atmos ein Klacks.
Also macht der/die Cutter/in einen ersten Entwurf dieser Szene und alle Beteiligten hören sich das an, um zu entscheiden, ob es soooo wichtig ist, den zusätzlichen Aufwand zu betreien oder nicht. Und wenn es den Aufwand wert ist und das alle so sehen ...
Oder:
Im Skript steht, dass die guten Feen auf den Protagonisten zugeflogen kommen und leicht flatternd vor ihm in der Luft schweben.
Hmm, denkt sich der Cutter. Man könnte die guten Feen langsam um den Kopf der hörenden Person hörbar herumkreisen lassen. Mit dem neuen Plug-In geht das ziemlich schnell und der Effekt würde hier die Story unterstützen und interessant klingen.
Er schlägt das vor und die Skripterin ist begeistert. Sie hätte es gerne gehabt, denn in ihrer Vorstellung war es so, aber weil sie nicht wußte, dass sich so etwas heute mit vertretbarem Aufwand realisieren lässt, hat sie die Szene anders beschrieben. Wie schade!
Ich denke, dass einige Skripte anders geschrieben würden, wenn die Schreibenden ein wenig mehr darüber wüssten und verstehen würden, was heutzutage ton-technisch so alles möglich ist. Natürlich auch so viel davon verstehen, damit sie einschätzen können, ob dieser zusätzliche Aufwand die Story so voranbringt, dass es das wert ist. Da reicht ein einfaches Verständnis von "ganz einfach zu machen", "aufwendig", "sehr aufwendig", "kompliziert" bis zu "schrecklich kompliziert!"
Das, neben dem oben schon Gesagtem, beeinflusst das Schreiben eines Skripts sicherlich auch.
Schreibt doch mal Skripte, die eine interessante Story haben, die die Hörenden in ihren Bann zieht und verlasst doch auch mal die reine "L/R-Ebene".
Wäre zumindest mein Wunsch.