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Schreibstift-Stift
Heiko Martens

Prof. Sigmund Freud - 03 - Versehrung

Kriminalhörspiel
Produktion: STIL in Kooperation mit dem Hessischen Rundfunk
ca. 62 Minuten
1 CD; Euro 9,99


Regie, Ton und Musikkomposition: Simon Bertling und Christian Hagitte

Sprecher:
Sigmund Freud: Hans-Peter Hallwachs
Anna Freud: Felicitas Woll
Karl Gruber: Andreas Fröhlich
Über-Ich: Nicolas Artajo
Es: Cathleen Gawlich
Volkan Adanalic: Thomas Schmuckert
Rittmeister Stadlmayr: Romanus Fuhrmann
Leutnant Schramm: Andreas Sparberg
Polizeipräsident Schober: Jürgen Thormann
Blanka Adanalic: Dorka Gryllus
Uhrmachermeister Göldl: Gordon Piedesack
Bruder Joseph: Mathis Schrader
Maria Adanalic: Claire Bertling


Inhalt:
Schüsse hallen eines frühen Morgens durch Wiens Straßen. Ein Schütze hat sich auf einem Kirchturm verschanzt und bedroht jeden, der sich auf dem Platz unter ihm zeigt. Gendarm Karl Gruber kann Freud überreden, ihn bei einer diplomatischen Lösung der Situation zu unterstützen. Unter Zeitdruck und gegen die Widerstände von Karls Polizeikollegen kommt es zu Verhandlungen mit dem Mann, der - wie Karl - als Soldat im Ersten Weltkrieg gekämpft hat. Sigmund Freud setzt alles daran, den Schützen von seinem Vorhaben abzubringen, bevor es zu einem Blutvergießen kommt…


Kritik:

Ein Amokschütze sorgt für Entsetzen in der Bevölkerung: Verschanzt auf einem Kirchturm, schießt er auf alles, was sich bewegt. Gendarm Karl Gruber setzt auf seinen Geheim-Joker: er ruft Sigmund Freud, damit dieser Schlimmeres verhindert. Doch Gruber muss sich gegen die Ignoranz seiner Kollegen durchsetzen, die den Wahnsinnigen am liebsten mit Waffengewalt aufhalten wollen... Und die Zeit läuft Freud, Anna und Gruber davon...

Eins kann man der jungen Hörspielreihe jetzt schon bescheinigen: eintönig angelegt ist sie nicht. Nach einer Folge mit klassischen Krimi-Elementen ("Das zweite Gesicht") und einer reinen "Couch"-Folge ("Familienersatz") darf Freud nun in der "Außenwelt" Wiens zeigen, was er drauf hat: In "Versehrt" wird ein Verbrechen aufgeklärt, noch ehe es geschieht - Kompliment, Herr Professor!

Wieder geht es analytisch zu, und Freud nähert sich dem heiklen Fall mit Recherchearbeit. Nicht genug, dass der alte Mann mit der Kutsche quer durch Wien jagt, nein, auch vor hohen Kirchtürmen macht er nicht Halt. Die Laufarbeit, die er sonst Anna und Karl überlässt, muss Sigmund Freud dieses Mal selbst in die Hand nehmen: es eilt.

Und eigentlich geht es sogar um zwei Fälle, wie sich im Verlauf der Geschichte herausstellt.

Mit "Versehrt" legt STIL eine dritte Folge vor, die sprechertechnisch exzellent besetzt ist: neben Hans-Peter Hallwachs, Felicitas Woll und Andreas Fröhlich in den Hauptrollen sind mit Thomas Schmuckert, Jürgen Thormann, Gordon Piedesack und anderen lauter engagierte Stimmen zu hören, die das Hörspiel mit viel Herzblut zu Gehör bringen.

Auch musikalisch und geräuschetechnisch präsentiert sich das Hörspiel auf gewohnt hohem Niveau: die Außenszenen in der Stadt verbreiten viel Flair, und mit der Figur des Uhrmachermeister Göldl kommt noch zusätzliche Atmosphäre in die Story. Wien, 1920 - der 1. Weltkrieg ist nach wie vor sehr präsent, und das wird auch hörbar gemacht: neben dem tollen Fagott-Einsatz gibt es dieses Mal militärische Trommelwirbel zu hören, die die Kulisse unterstützen.

Autor Heiko Martens arbeitet in dieser dritten Folge die drei Hauptcharaktere weiter heraus: der eigenwillige Freud, die selbstbewusste Anna und der psychisch an den Folgen des 1. Weltkriegs leidende Gendarm Karl Gruber nehmen immer mehr Gestalt an.

Natürlich gibt es am Ende der CD auch wieder einen interessanten wissenschaftlichen Kommentar zum Hintergrund der Story, der diesmal weit ausgreift: Todestrieb-Theorie, Abwehrmechnismen, hysterische Erkrankungen und Ödipuskomplex kommen zur Sprache.

Im Booklet gibt es neben den Produktionsdaten einmal mehr Informationen rund um das Hörspiel zu lesen, und auf dem Cover geht es ebenfalls um Schauplätze und Inhalt der Geschichte.


Fazit:

Freud außer Haus - Empfehlung!


Infos: http://www.stil.name
 

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Poldi

Mitglied
AW: Prof. Sigmund Freud - 03 - Versehrung

Prof. Sigmund Freud – 3. Versehrung

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Erster Eindruck: Elemente aus Thriller und Psychologie

Ein Scharfschütze hat sich auf einem Kirchturm mitten in Wien verschanzt und droht, wahllos Menschen zu erschießen. Zwar ist bislang noch keiner zu Schaden gekommen, dennoch ist die Polizei in heller Aufregung und leitet Gegenmaßnahmen ein. Karl Gruber geht jedoch seinen eigenen Weg und holt Prof. Sigmund Freud und seine Tochter Anna zu Hilfe. Können sie ein großes Unglück verhindern?

Prof. Sigmund Freud, die neue Serie von Simon Berteling und Christian Hagitte aus der Feder von Autor Heiko Martens, wurde zum Start mit gleich drei Folgen auf den Markt gebracht, die die unterschiedlichen Herangehensweisen an das Thema Kriminalhörspiel verdeutlichen. War die erste Folge noch von einigen Schockmomenten und typischer Ermittlerarbeit geprägt, basierte die zweite Folge auf einem eindringlichen Dialog zwischen Freud und einem Patienten. Die dritte Folge „Versehrung“ geht nun einen Schritt weiter in Richtung Thriller, ein scheinbar verwirrter Mann droht mit der Tötung wahlloser Unschuldiger. Schon der Auftakt der Folge verspricht Spannung, und diese kann sich mit dem Eintreffen von Freund am Ort des Geschehens immer weiter steigern und so den Hörer eng an sich fesseln. Die Versuche Freuds, den Schützen zum Aufgeben zu bewegen, sind wieder mit vielen psychologischen Hintergründen versehen, sodass man die Beweggründe und die Gedankenstrukturen des Mannes erkennen kann. Das ist in dieser Ausführlichkeit zwar keine wirkliche Neuerung, wirkt aber frisch und unverbraucht, zumal die Storyführung sehr gelungen ist. Auch die Einschübe von Es und Über-Ich sowie der wissenschaftliche Kommentar einer Psychologin verdeutlichen die Einzigartigkeit der Serie und verstärken den positiven Eindruck noch weiter. Die Sprache der Serie ist glaubwürdig an die Zeit nach dem zweiten Weltkrieg angepasst und wirkt oftmals sehr bedeutungsschwer. Im Vergleich zu den ersten beiden Folgen kann „Versehrung“ vielleicht nicht ganz mithalten, ist aber immer noch intelligente und hoch spannende Unterhaltung mit Niveau.

Thomas Schmuckert spricht in dieser Folge Volkan Adanalio, den Schützen auf der Wiener Kirche. Mit seiner harten und ausdrucksstarken Aussprache schafft er hier genau die richtige Stimmung und kann so die Figur noch glaubwürdiger wirken lassen. Jürgen Thormann kann in einer kleineren Rolle als Polizeipräsident Schober mit seiner einzigartigen Stimme überzeugen, die er hier wieder sehr gekonnt einsetzt und ihr neue Facetten abgewinnt. Besonders hervorzuheben ist aber wieder die wunderbare Leistung von Hans Peter Hallwachs als Sigmund Freud, der ihm mit einer unglaublichen Präsenz spricht. Weiterhin zu hören sind beispielsweise Andreas Sparrberg, Gordon Pedesack und Dorke Gryllus.

Auch in Sachen Musik ist die Serie ganz vorne mit dabei und bietet eine sehr warme und gleichzeitig düstere Atmosphäre. Den Großteil ihrer Wirkung erhält sie durch den Einsatz der eindrucksvollen Musik, die die Sprecher sehr gut unterstützt und immer die passende Stimmung erzeugt. Aber auch die Geräusche sind sehr genau und glaubwürdig eingesetzt und sind wichtiges stilistisches Mittel.

Gedeckte Rottöne sind dieses mal auf dem Cover verwendet worden. Vier Abbildungen von Motiven aus der Folge umrahmen das Gesicht von Freud, der mit starren Augen den Betrachter anzublicken scheint. Besonders gelungen sind aber die Infotexte, die Themen aus der Handlung aufgreifen und so einen tieferen Einblick in die Hintergründe der Geschichte gewähren.

Fazit: Der psychologische Kampf zwischen Freud und Volkan Adanalio sorgt zusammen mit dem erschreckenden Szenario für neue Stimmung in der Serie. Hervorragende Sprecherleistungen!

VÖ: 28. Januar 2011
Label: Stil
Bestellnummer: 404256428284
 
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