gruenspatz

Schreibstift-Stift
Heiko Martens

Prof. Sigmund Freud - 02 - Familienersatz

Kriminalhörspiel
Produktion: STIL in Kooperation mit dem Hessischen Rundfunk
ca. 63 Minuten
1 CD; Euro 9,99


Regie, Ton und Musikkomposition: Simon Bertling und Christian Hagitte

Sprecher:
Sigmund Freud: Hans-Peter Hallwachs
Anna Freud: Felicitas Woll
Karl Gruber: Andreas Fröhlich
Über-Ich: Nicolas Artajo
Es: Cathleen Gawlich
Klaus Harranth: Wanja Mues
Klaus Harranth (jung): David Wittmann
Vater Harranth (alt): Friedrich G. Beckhaus
Lisa Harranth: Ranja Bonalana
Lukas Harranth: Sven Gerhardt
Mutter Harranth: Bettina Rust


Inhalt:
Ein neuer Patient wird kurzfristig bei Sigmund Freud vorstellig. Die Sitzung nimmt jedoch schon frühzeitig einen dramatischen Verlauf, als der Mann eine Waffe zieht: Er habe seinen Vater am Vortag ermordet und verlange vom Professor Absolution. Während Anna Karl herbeizitiert und beide angespannt vor dem Therapiezimmer beratschlagen, was man tun kann, um die Geiselnahme zu beenden, versucht Sigmund mit den Mitteln des Therapeuten, den Mann zur Aufgabe zu überreden, bevor ein Unglück geschieht...


Kritik:

Diese zweite Folge der neuen Reihe "Prof. Sigmund Freud" kann man kaum Krimi nennen. "Familienersatz" ist vielmehr eine spannende Spurensuche in der verwüsteten Seelenlandschaft des Vatermörders Klaus Harranth.

Da sowohl Täter als auch Opfer als auch der Tathergang schon sehr früh feststehen, kann man in dieser Folge Sigmund Freud ganz in seinem Element beobachten: er praktiziert hier eine Art früher Familienaufstellung (die es zugegeben damals in dieser Form noch nicht gab), die Stück für Stück die Motive des Täters zu Tage fördert.

Faszinierend ist vor allem die langsame Aufdeckung der "Wahrheit" des Mörders und die Arbeitsweise des großen Analytikers. Freud geht mit dem Täter dorthin, wo es schmerzt: in die Vergangenheit. Die ominöse Truhe, die auch auf dem Cover zu sehen ist, spielt dabei eine heimliche Hauptrolle: bis zu ihrer "Bergung" tappen Hörer und Analytiker im Nebel.

Wieder dabei in Folge 2: die inneren Dispute zwischen Ich, Über-Ich und Es, die Freuds Grundelemente zur Erklärung der Seele ausmachen. Das ist einfach klasse in Szene gesetzt und ein wiederkehrendes Element der Reihe.

Neben Hans-Peter Hallwachs als Sigmund Freud ist diesmal ein grandioser Wanja Mues in der zweiten Hauptrolle zu hören. Felicitas Woll (Anna Freud) und Andreas Fröhlich (Karl Gruber) spielen in dieser Geschichte nur die zweite Geige.

Atmosphärisch ist "Familienersatz" erneut ein Genuss: die Kompositionen verbreiten leises Unbehagen, dräuen meistens im Hintergrund, sind in einigen Szenen jedoch auch führendes, lautstarkes Element. Wie üblich bei Hörspielen von STIL ist die Musik absolut stark und ein Aushängeschild der Produktion.

Am Ende der CD gibt es wieder einen - diesmal kurzen - wissenschaftlichen Kommentar zum Hörspiel, der sich mit Familienkonflikten, der Familienskulptur und -aufstellung befasst.

Im Booklet gibt es neben der Sprecherliste und den übrigen Produktionsdaten Interessantes zum Thema Familienaufstellung, Erziehung und Verschwiegenheitspflicht zu lesen - mit Bezug zum Hörspiel.


Fazit:

Eigentlich kein Krimi, sondern packendes psychologisches Puzzlespiel - Empfehlung!


Infos: http://www.stil.name
 

Anhänge

  • freud_02.gif
    freud_02.gif
    39,6 KB · Aufrufe: 248

Poldi

Mitglied
AW: Prof. Sigmund Freud - 02 - Familienersatz

Prof. Sigmund Freud – 2. Familienersatz

freud-2.jpg


Erster Eindruck: Eine etwas andere Sitzung...

In einer Sitzung mit einem neuen Patienten geschieht Professor Sigmund Freud plötzlich das Undenkbare: Sein Gegenüber zückt eine Waffe und bedroht den Arzt. Sigmund Freud muss nun all seine psychologische Geschicklichkeit aufbieten, um Klaus Harranth zur Aufgabe zu bewegen. Dazu muss er tief in die Psyche des Mannes eindringen, während draußen Anna Freud und Karl Gruber zu helfen versuchen...

Familienersatz lautet der Titel der zweiten Folge von Christian Hagitte und Simon Bertelings neuester Serie „Prof. Sigmund Freud“, in der der berühmte Psychoanalytiker die entscheidende Rolle spielt. In der ersten Folge wurde eine eher handlungsbetonte Geschichte erzählt und der Rahmen für die Serie gesetzt. Anders als hier, wo das Gespräch zwischen Freud und seinem Patienten im Vordergrund steht und den Großteil der Laufzeit einnimmt. Hier zeigt sich, was wirklich alles in der Serie stecken kann, denn das Gespräch zwischen Freud und Klaus Harranth geht sehr tief in die Psyche des Mannes und sieht den Menschen in seiner Gesamtheit – ebenso wie die reale Figur des Prof. Sigmund Freud es getan hätte. Es zeigt die Abgründe von Menschen, einer Familie und baut so ebenfalls auf die Theorien von Freud auf, wird aber sehr spannend und unterhaltsam dargeboten. Man kann die neuesten Entwicklungen kaum abwarten. Auch die Szenen mit Anna Freud und Karl Gruber fügen sich wunderbar in das Gesamtkonzept ein, lockern das intensive Gespräch zwischen Freud und Harranth auf und sorgen durch die Unterbrechungen für zusätzliche Spannung. Das Ende schließt die Folge perfekt ab, die Auflösung des Falles hervorragend geschrieben. Diese Folge ist der ersten zumindest ebenbürtig und zeigt, wie abwechslungsreich und in ihrer Wirkung unterschiedlich die Serie sein kann.

Wie in der vorigen Folge wird auch hier Anna Freud wieder von Felicitas Woll gesprochen. Die ansonsten eher aus Film und Fernsehen bekannte Schauspielerin zeigt hier, dass sie auch nur mit ihrer Stimme überzeugen kann und greift die düstere Grundstimmung der Serie auf. Wanja Mues ist hier in de Gastrolle des Klaus Harranth zu hören, seine gefühlsbetonte Darstellung sorgt für einige Gänsehautschauer, er bringt die Brisanz seines Charakters sehr gut zur Geltung. Als Über-Ich ist erneut Nicolas Artajo zu hören, der dem abstrakten Begriff gekonnt eine Stimme verleiht. Weitere Sprecher sind David Wittmann, Ranja Bonalana und Barbara Rust.

Eine ganz besondere Serie wie diese verdient auch eine ganz besondere akustische Umsetzung. So wurde die Musik eigens von einem großen Orchester eingespielt, was eine sehr stimmungsvolle Grundlage für die Geschichte verleiht. Die Abschnitte von Es und Über-Ich sind mit effektvollen Sounds versehen und setzten diese Abschnitte gekonnt vom der eigentlichen Geschichte ab. So wurde eine fast schon kunstvoll zu nennende atmosphärische Gestaltung geschaffen.

Sehr gelungen auch die Gestaltung des Titelbildes, auf der als Mittelpunkt wieder ein Portrait von Freud zu sehen ist. Um ihn herum Motive aus dem Hörspiel sowie der mit Silberfolie eingeprägte Schriftzug. Doch im Gegensatz zur ersten Folge werden hier statt Braun Grüntöne verwendet. Im Inneren finden sich drei neue Informationstexte über die Thematik des Hörspiels.

Fazit: Ganz anders als die erste Folge, sehr reduziert auf das Gespräch und tief in die Psyche des Menschen eindringend. Ganz hervorragend!

VÖ: 28. Januar 2011
Label: Stil
Bestellnummer: 4042564128277
 
Oben