AW: Ohrkanus 2010
Ich wollte eben noch meinen Eindruck von gestern Abend schildern (bin grad erst wieder nach Hause gekommen):
Ich fands total interessant, mal all die Leute live zu erleben, die ich sonst nur höre. Der Abend war eher für die Macherclique gemacht als für die Fans, es wurden ja keine Projekte vorgestellt, sondern fleißig Preise verteilt.
Durchwachsen bis schrecklich fand ich die Moderation von Charles Rettinghaus, der zwar stimmlich immer nett anzuhören ist, aber grauenhaft, wenn er sich die Texte selber ausdenken muss. Nicht nur, dass er (der eher im Synchron als im Hörspiel aktiv ist) alle Nebenrollen bei billigen Fernsehproduktionen der LaudatorInnen vorstellen musste, die sich zwecks Geldverdienen und unter dem finanziellen Zwang zur Lohnarbeit nicht vermeiden lassen, er ließ es sich auch nicht nehmen, laufend sexistische Bemerkungen und Witzchen vom Stapel zu lassen. Die zweite Sache, die mir sehr befremdlich war, war die Dankesrede von Dagmar von Kurmin, die mit dem Preis für ihr Lebenswerk ausgezeichnet wurde. Zehn Minuten lang sang sie ein Lob auf Arbeit, dass ich und meine Begleitung vor ungläubigem Lachen fast am Boden lagen, spätestens bei ihrem Bekunden, zu rabotten, bis sie tot umfällt, konnten wir nicht mehr. Wir fühlten uns sehr an das "Ich arbeite, also bin ich. Guten Morgen, Arbeitslose!" aus der "League of Gentlemen" erinnert. Dazu muss ich noch sagen, dass ich Europa im Gegensatz zu vielen Kassettenkindern nicht für eine heilige Kuh halte und im Gegenteil kaum etwas mit den meisten dieser Hörspiele anfangen kann.
Ansonsten war es aber sehr schön, sehr viele verdiente Preise wurden vergeben. Besonders gefreut haben mich die Trophäen für Ivar Leon Mengers "Darksidepark" (Innovationspreis), der für Nana Spier (Beste Lesung w. für Darkside Park), die Preise für Torsten Michaelis (Bester Sprecher "Caine"), Caine als die beste Serie und die Preise für Katja Brügger und Hans Werner Bussinger für die besten Nebenrollen in Dorian Hunter. Tatsächlich halte ich Bussingers Interpretation der Rolle des Frank Leary für die genialste des letzten Jahres, den Preis für sehr verdient. Dass er ihm posthum verliehen wurde, seine Witwe ihn entgegengenommen hat und das Publikum mit einigen Minuten stehender Ovationen Respekt zollte, war einer der rührendsten Augenblicke des Abends.
Leider konnte ich nicht noch bleiben und hab bis auf Marie an Günter Merlaus Seite im Vorbeigehen auch niemanden aus dem Forum entdecken können, aber ich hoffe, ihr hattet einen ebenso netten Abend im Babylon.