• Blut-Tetralogie   Dark Space

MichaLE

Mitglied
Da ich mit Euch Hörspiel-Leuten in der Vergangenheit gute Erfahrungen gemacht habe, was Hilfsbereitschaft etc. betrifft, erlaube ich mir, hier wieder nachzufragen, auch wenn es diesmal nicht direkt um Hörspiel geht.

Ich bin gerade dabei, einen Song mit dem Titel "Im Nebel" zu produzieren. Nun habe ich die Fantasie, den eigentlichen Songs mit einer Nebel-Atmosphäre einzuleiten.

Stellt Euch vor, Ihr geht an einem Herbsttag im Nebel spazieren. Was hört Ihr? Wie erzeuge ich diese Atmo?
 

Tinchen

Autorin, Poetry Slammerin, Sprecherin
Sprechprobe
Link
Da ich in der Nähe vom Moor wohne und auch abends / morgens bei meinen Ponys auf der Weide bin, habe ich viel "Nebel-Naherfahrungen" gemacht. Hören tut man Nebel nie, weil er nur aufkommen kann, wenn es windstill ist. Wind nimmt Nebel weg.
Meine Weide liegt etwas erhöht und aus der Senke davor kommt dann immer der Nebel hochgekrochen. Einmal bin ich abends im Dunkeln bewusst stehengeblieben und habe auf den Nebel gewartet. Alles, was passiert, wenn er mehr und mehr kommt, ist, dass man den Nebel spürt, wie er von unten nach oben an einem hochkriecht, weil es klamm wird. Die kalte Feuchtigkeit kriecht durch die Klamotten. Je höher er steigt und je dichter er ist, umso mehr hat man das Gefühl nicht atmen zu können, weil die Luftfeuchtigkeit steigt. Im Schein der Stirnlampe (ein Muss für uns Pferdemädchen da draußen), sieht man die einzelnen klitzekleinen Wassertröpfchen.
Meiner Erfahrung nach ist Nebel nicht nur still, sondern nimmt einem die Sicht und auch das Hören. Geräusche entfernen sich, werden dumpfer, man fühlt sich verloren und es ist insgesamt kalt-beklemmend. Immer wieder muss ich da durch und bin immer froh, wenn ich nach Hause fahren kann. Eigentlich ist es ja dumm, wenn man sich beklommen und ein bisschen ängstlich fühlt, denn der Nebel tut einem ja nichts. Aber es ist schon unheimlich.
Wie man das aber hörbar umsetzen kann, weiß ich wirklich nicht, außer man reduziert Geräusche, macht sie dumpfer, bringt vielleicht eine Melodie dazu, die Schwindel, Verwirrung, Orientierungslosigkeit ausdrückt und unterlegt es mit einer Art Glitzern für die kleinen Wassertröpfchen.

Nebel in positiver Form gibt es oft morgens. Jetzt ist wieder Kranichzeit. Die großen Vögel übernachten im Moor und kommen morgens mit dem Sonnenaufgang aus der Senke geflogen zu ihren Futterplätzen auf den abgeernteten Äckern. Schon einige Male habe ich es erlebt, dass der Nebel dann hochsteigt, von der Sonne von unten schräg beschienen wird in kitschigem Rosa-Orange und unter dem Nebel fliegen die Kraniche, weil sie ja sehen müssen, wo ihre Futterstellen sind. Sie fliegen dann also so tief, dass man ihren Flügelschlag hört. Bei den großen Vögeln ist es ein wusch-wuusch-Wuusch-WUUUSSCHH-Wuusch-wuusch-wusch, wenn sie über einem daherfliegen. Sagenhaft beeindruckend und unglaublich kitschig-wunderschön. Das wäre eine positive Nebelerfahrung.

Das wären meine Gedanken dazu. Vielleicht hilft es dir.
 

Spoony

Mitglied
Sprechprobe
Link
So detailliert wie @Tinchen hätte ich es jetzt nicht beschreiben können.
Voll interessant deine Erfahrungen.

Aber welche ähnlichen Erfahrungen ich ebenfalls mit Nebel gemacht habe, ist, dass man eigentlich nahezu nichts mehr hört, wenn man sich darin befindet. Irgendwie ähnlich, als würde ich in meiner Sprecherkabine stehen. Kein Hall, kein Wind, kein gar nichts. Man hört nur sich selbst und das auch irgendwie eher gedämpft. Ich könnte mir vorstellen, dass das mit den vielen kleinen Wassertropfen zusammen hängt. Ich denke, da kommt kein Schall durch. Der wird immer wieder von den Tropfen reflektiert und verliert sehr schnell an Energie.

Aber wie man das nun akustisch richtig darstellen könnte, hmm.
Vielleicht eine absolut trockene Atmo ohne jegliche Nebengeräusche von außerhalb des Nebels. Lediglich meine eigenen Geräusche ( Gehen, Laubrascheln, Äste knacken) sind eher gedämpft wahrnehmbar. Aber ob sich das dann nach Nebel anhört 😂
 
Zuletzt bearbeitet:

Chaos

Schneewittchen
Teammitglied
Sprechprobe
Link
guck mal bei spotify oder so nach "gloomcore", da ist viel dabei, was passen könnte.

oder zB. die Lieder:
A Place to Sleep von airhunher oder The Boat von Hania Rani
Heavy Water/ I'd rather be sleeping von Grouper

find ich alle sehr neblig-gedankenverhangen. Ich assoziiere viel Ruhe, Nachtkälte, Raureif, alles ist irgendwie friedlich, aber auch ein bisschen verlassen und man spürt so eine gemütliche Melancholie
 

Spirit328

Everything - STOP!
Teammitglied
Nebel ist, rein physikalisch gesehen, Wasser, wenn auch sehr, sehr fein zerstäubt. Das führt zu einer Absenkung der Höhen, weil einfach mehr Masse in der Luft ist und die verbraucht Energie um "in Schwinungen" zu kommen.

Von den Hörgewohnheiten her, sind meistens so leichte Windgeräusche wie etwa ein leichtes Wehen ... üblich.

Vielleicht hilft auch ein fetter Synth-Sound mit einer langsamen LFO Modulation, die wiederrum von einem langsamen LFO moduliert wird und so dieses wabernde des Nebels "hörbar" macht?
Das leise in den Hintergund gemischt, könnte gehen. :D
 
Zuletzt bearbeitet:

soundjob

Tontüte & Hörspielfrisör
Sprechprobe
Link
Wenn morgens die ersten Sonnenstrahlen durch unsere Wälder und über die Häuschen zucken und den Tau überall zum kondensierenden Glühen bringen und dann ein Schauspiel miterlebt, wie der ganze Wald in einem Dickicht aus Rauchschwaden steht (und wer es nicht kennt eher das Gefühl hat, man müsse die Feuerwehr rufen), dann ist das ein sehr majestätischer Anblick.
Wie bei einer Klang-Abmischung einer Tiefenstaffelung gleich, werden die weit entfernten Fichten von einem diffusen friedlichen Etwas umhüllt und lediglich die Baumkronen zeichnen eine Silhouette mit schwachen Kontrasten und die erste Empfindung ist einerseits ein Gefühl von "Größe", aber auch von "unaufdringlich umhüllender Geborgenheit".
Es ist ähnlich wie wenn der Schnee fällt... ruhig, friedlich, sanftmütig.
Das ist der Anblick eines frühen Morgens, der sich hier manchmal abzeichnet.

Am Abend jedoch, wenn die Schwaden von der großen Gaslaterne durchdrungen werden (sofern sie dann mal funktioniert), dann bietet sich ein einerseits mystisches, wie gruseliges Bild- insbesondere im Herbst und die mittlerweile kahlen Obstbäumchen mit ihren nackten Ästen und Zweigen in ihrem dunklen Schwarz, überall mit ihren Klauen und dünnen langen Fingern, fast schon nach einem greifen wollen.
Der am Morgen noch friedliche Eindruck von Größe und unaufdringlicher Geborgenheit, weicht am Abend dem Gefühl von unheimlicher Nähe, Beklommenheit und Gefahr.

Es ist wie eine Art Reise vom Tag zum Abend hin, mit einem in der Ferne empor steigenden Hauch, der zum Abend hin immer näher rückt und sich zum spürbaren, kalten Atem wandelt.

Auf jeden Fall ist es für mich ein ätherischer Anblick und bei solchen Dingen kommen mir ebensolche Sounds, und Kompositionen in den Sinn. Sowohl als reine Synthie-Arrangements, sowie auch für klassisches Orchester.
Ambientes, dezentes Drone mit hauchigen Röchelsound oder auch Wind-artige Klänge wie Flöten (exotische wie klassische), mit diffusen Delays für die Ferne und Weite, jedoch auch umhüllt von melancholischen Harmonien.
Am Morgen etwas freundlicher klingend, zum Abend hin etwas dramatischer, bedrohlicher werdend.
 

MichaLE

Mitglied
Nebel ist, rein physikalisch gesehen, Wasser, wenn auch sehr, sehr fein zerstäubt. Das führt zu einer Absenkung der Höhen, weil einfach mehr Masse in der Luft ist und die verbraucht Energie um "in Schwinungen" zu kommen.

Von den Hörgewohnheiten her, sind meistens so leichte Windgeräusche wie etwa ein leichtes Wehen ... üblich.
Das sind interessante Hinweise.
Ein Rabenvogel (Krähe sollte auf jeden Fall hörbar sein), ja und ein klein wenig Wind ist gut. Vielleicht leise Schritte im Gras.





Vielleicht hilft auch ein fetter Synth-Sound mit einer langsamen LFO Modulation, die wiederrum von einem langsamen LFO moduliert wird und so dieses wabernde des Nebels "hörbar" macht?
Das leise in den Hintergund gemischt, könnte gehen. :D
 

MichaLE

Mitglied
@MichaLE
vielleicht ist dieser Link für Dich nützlich
Ja, danke, zur Inspiration auf jeden Fall. 1:1 kann ich die Sounds nicht gebrauchen, passt irgendwie nichts richtig.

Es ist HERBST, "Schwalben schon fort gezogen" wie es später im Text heißt. Da darf also dann kein Vogelkonzert zu hören sein und an einem Meer bin ich in meiner Vorstellung auch nicht.

Also: Wind (wie erzeuge ich den?) und eine Krähe (da muss ich wohl mal nach Sounds suchen) sind gut.
 

MonacoSteve

Dipl.-Lachfalter - und nicht ganz Dichter
Teammitglied
Sehr schöner Song! Hast du die Musik in einem Studio eingespielt oder ganz digital erzeugt?
 

MichaLE

Mitglied
Kein Studio und auch nicht ganz digital.

Die Rhythmus-E-Gitarre links ist mit meiner E-Gitarre gespielt, gedoppelt mit einem VST von Ample Sound.
Die andere Rhythmus-Gitarre ist ein VST von Ample-Sound.
Drums, Streicher und Bass sind auch VSTs.
Die Percussions selbst eingespielt im Wohnzimmer. Die Akustikgitarre ebenfalls.

Die Vocals stammen von einer KI ... NEIN, Scherz, das bin ich (zum Teil mehrfach gedoppelt) und im zweiten und dritten Refrain singt noch eine Dame mit, die ich aus dem Musiker-Forum kenne.

Das Gitarrensolo ist auch von Hand auf der E-Gitarre gezaubert von einem Freund.

Zusammengefasst also: Eine Mischung aus "digital erzeugt" und von Hand eingespielt.
 
Zuletzt bearbeitet:

MichaLE

Mitglied
Für die Gesangsaufnahmen habe ich den kleinen Werkstattraum mit Decken und Kissen gedämmt. Gute Lösung!

Deine Frage zeigt mir, dass ich es in der Produktion offenbar richtig gemacht habe. :)

Aber ehrlich: Wer gute Gitarrensounds braucht, der sollte sich bei Ample-Sound umschauen.
Meine beiden anderen Songs ...



... sind komplett am Keyboard mit VST-Plugins gemacht.
 
Zuletzt bearbeitet:

MichaLE

Mitglied
Wer sich dafür Interessiert, wie meine improvisierte Kabine aussieht, findet hier Bilder:


Habe zuletzt auch Blechbläser dort aufgenommen für meinen letzten Song:
 
Oben