Poldi

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Hart auf hart (T.C. Boyle)

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Erster Eindruck: Zwischen Psychose und Waffenfaszination

Adam wächst in wohlhabenden Kreisen auf, doch schon früh entwickelt er eine Psychose, die ihm immer wieder zum Außenseiter und Störenfried macht, bis sogar seine Eltern ihn aufgeben. Als er in seinen Zwanzigern der Zivilisation den Rücken kehrt und fortan im Wald leben will, trifft er auf Sara, die eine starke Abneigung gegen staatliche Gewalt hat. Sofort fühlen sie beiden sich zueinander hingezogen und beginnen eine Affäre...

So tief verwurzelt in seinem Heimatland, den USA, ist wohl keine andere Geschichte von T.C. Boyle wie „Hart auf hart“, das beim Hörverlag auch als Audioversion zu bekommen ist. Kernthemen sind der unbändige Freiheitsdrang der Amerikaner und der Widerspruch zu der starken staatlichen Einmischung - Motive, die die beiden Hauptcharaktere Adam und Sara antreiben. Deutsche Hörer müssen sich hier erst einmal einfinden, um Motivation und Handlungen nachvollziehen zu können, denn das Denken der beiden ist für uns auf mehr als eine Art merkwürdig. Nach einer recht langen Einleitung, in der es um Adams Vater geht, die aber nicht sonderlich stark mit der eigentlichen Handlung verknüpft ist, beginnt die Affäre der beiden Außenseiter. Doch während sie sich völlig hingibt, Adam bemuttert und sich völlig öffnet, zieht er sich zurück und lässt Sara nie ganz an sich heran. Diese Beziehung könnte spannend sein, wenn sie nicht durch unzählige Wiederholungen recht langatmig geschildert wäre. Auch die etlichen sexuellen Szenen sind zwar ansprechend geschildert, in ihrer Anzahl aber mit der Zeit ermüdent. Doch im letzten Drittel wird dann eine packende, wenn auch vorhersehbare Wendung der Ereignisse geschildert, die schnell Tempo aufnimmt und sehr eindringlich erzählt wurde. Leider bleiben die Charaktere dem Hörer fremd und werden zu oberflächlich beschrieben, zu schablonenhaft wirken sie trotz (oder wegen) ihrer Andersartigkeit. Durch die treffende Wortwahl und die durchaus interessante Beziehung der beiden Hauptcharaktere, den gelungenen Perspektivwechsel und das sehr eindrucksvolle Ende ist dann aber doch noch ein hörenswertes Buch entstanden.

August Diehl, zu Hause auf Theaterbühnen wie auch in Hollywood, wurde als Sprecher des Hörbuches ausgewählt und arbeitet die vielen kleinen Spannungsbögen sehr gut heraus. Besonders das letzte Drittel wird von ihm intensiv geschildert, sodass die Dramatik dieser Szenen sehr gut zur Geltung kommt. In der Charakterisierung ist er treffend und kann so allen noch mehr Tiefe verleihen. Er schafft es, auch die expliziten erotischen Szenen nicht allzu plump wirken zu lassen. Eine wirklich gelungene Leistung, die sehr gut zur Handlung passt.

Ein kleines, eher winziges Haus steht im Mittelpunkt des Covers, das eine typische amerikanische Landschaft im Hintergrund zeigt. Die Flagge weit in den Himmel gehisst macht die verschmutzte Fassade und die gestapelten Kartons einen eher nachlässigen Eindruck. Hinten ist ein Foto des Sprechers August Diehl zu sehen, während die üblichen Kurzbiographien zu Autor und Stimme nicht fehlen.

Fazit: Zwei durchaus interessante Charaktere, die eine unheilvolle Beziehung eingehen, aber leider recht oberflächlich geschildert werden. Schade, so geht eine Menge Potenzial verloren, wie auch das packende und dramatische Ende zeigt. Die sehr gelungene Lesung lässt die Handlung dabei sehr gut wirken.

VÖ: 9.Februar 2015
Label: Der Hörverlag
Bestellnummer: 978-3-8445-1811-5
 
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