AW: [Forenspiel] Sinnlose Worte mit Bedeutung !!!
Antizerfallpaarbildung wurde 1992 fast schon einmal zum Unwort des Jahres gewählt. Interessant ist daran die Begründung der Jury, der damals übrigens Altkanzler Helmut Schmidt noch angehörte, der als Herausgeber der ZEIT in Sachen Wortwahl durchaus ein Wörtchen mitreden möchte und wohl auch mitzureden hat - denn von ihm stammte das Kernargument. Was sich bei
Antizerfallpaarbildung dem Laien nicht ohne weiteres erschliesst, ist, dass es sich hier um ein sogenanntes Pseudofremdwort handelt, das nicht etwa der Quantenphysik oder Chemie zuzuordnen ist, sondern seit den 80ern als Begriff in den Geisteswissenschaften und schliesslich in der Psychologie herumgeisterte.
Antizerfallpaarbildung bezeichnet nämlich die neurotische Aufrechterhaltung einer meist zweigeschlechtlichen intimen Paarkonstelation, deren substantielles Repertoire an vertrautem oder auch nur zwischenmenschlich nachvollziehbarem Umgang gänzlich verbraucht scheint. Anders ausgedrückt, zwei Menschen, die einander lieber langsam zu Tode quälen und sich das Leben wo es nur geht zur Last machen als sich zu trennen. Der
Zerfall des Konstrukts, also der Paarkonstellation erscheint beiden, obwohl von aussen betrachtet bereits vollzogen, als der GAU überhaupt. Ohne die eigene Lebensqualität also ins Feld zu führen gründet die Verpaarung einzig auf dem Prinzip
Antizerfall. Diese konstellative Psychose, die Wahrnehmung individuellen Lebens scheint fast erloschen, ist in ihrem Ursprung nicht wirklich verstanden. Auch wird in ihrem Zusammenhang oft die Metapher der
Kugelmenschen bedient, jenem amüsanten Mythos aus Platons "Gastmahl", in dem der Mensch in seiner ursprünglichen Form beschrieben wird, bevor Zeus ihn zweiteilen musste, um sich seiner penetranten Aufmüpfigkeit zu entledigen - denn seither befinde sich der "halbe" Mensch nun vor allem immer auf der Suche nach seiner zweiten Hälfte. In der
Antizerfallpaarbildung nun drückt sich das Resultat dieser Suche in seiner krankhaften Form aus. Es ist einleuchtend, das die Begriffsfindung nichts anderes als eine arbeitshypothetische Wortkaskade darstellt, die schlicht versuchte, den inhaltlichen Vorgang in einen Begriff zu bannen ohne aber Anspruch darauf zu erheben, ein Fachterminus zu sein. Da nie eine Alternative vorgeschlagen wurde, hat der heute eher seltene Gebrauch der
Antizerfallpaarbildung schlicht damit zu tun, dass dieses Phänomen gerade in der westlichen Welt immer verbreiteter ist und allenfalls noch als sozial auffällig aber nicht mehr als krank eingestuft wird.
der neue Begriff: Wermelaminatoxpenetration