Zur Story
Vince ist ein Psychopath, der wegen Mordes an 23 Menschen, die er alle an einem Tag tötete, in einer Irrenanstalt sitzt und es irgendwie schafft daraus auszubrechen. Der Polizist, der Vince damals dingfest machte wird gerufen und soll ihn fangen. Während die Polizei noch im Dunkeln tappt, verbreitet Vince mit seiner besseren Hälfte jede Menge Tod und Chaos, bis er dann endlich auf Gravis trifft. Ein ganz normaler sonniger Nachmittag in meiner Welt. Auf dem ersten Blick eigentlich eine 0815-Story, aber dem ist nicht so. Die Story überzeugt mit einer unheimlichen Tiefe und einzigartigen Charakteren, die man nicht, wie so häufig bei manch anderen Autoren, einfach austauschen kann. Die Erwartungen die man hat werden, im positivem Sinne, nicht erfüllt. Besonders zum Ende hin dachte ich eher, dass Vince in Gravis Haus einbricht und Julia als Geisel nimmt um Gravis verwundbar zu machen, aber ich wurde doch positiv überrascht. Zu dieser Überraschung haben unter anderem auch die Eigenschaften der Charaktere beigetragen, die das Hörspiel einzigartig machen. Man muss wirklich genau hinhören um es zu merken, sonst sitzt man nachher verwirrt da und fragt sich "Hä?" Worauf ich persönlich neidisch bin, ist ja die Tatsache, dass meine Bösewichte nicht an den aus diesem Hörspiel rankommen, ich muss da doch wohl noch etwas arbeiten. Sehr schön sind auch ein humoristische Sprüche der Charaktere, die eben auch zum Charakterbild passen. Der Erzählstil, der jeweiligen Charaktere, die teilweise von sich in dritter Person sprechen, muss man sich zwar gewöhnen aber es ist etwas erfrischend anderes.
Zur Atmosphäre
Ich war sehr neugierig wie es klingen würde, denn immerhin hatte ich ja immer noch "Der Minimalist" im Ohr, wo ja das Sounddesign, passend zum Titel und zur Story, recht minimalistisch war. Einen Moment befürchtete ich, dass dies nun auch bei "Die Angst in dir" sein könnte aber dem war natürlich nicht so. Das Hörspiel hat eine sehr schöne und wirklich filmische Atmosphäre die stellenweise für Gänsehaut sorgt. Die Effekte, Filter, Musik und die Sprechertakes passen perfekt zusammen, ich kann nur vermuten wie viele Stunden Arbeit dahinter steckt, Frank schaffte es ja auch den (hoffentlich gewollten) Zeitlupeneffekt bei dem Besuch Vince in Gravis' Nachbarschaft akustisch sehr gut dar zu stellen. Bei dem Ladenüberfall hatte ich beim ersten Hören eine Art "Bullettime" im Stile von Matrix im Kopf, aber das war natürlich nicht richtig, ich vermute mal, dass das rhythmische Dröhnen im Hintergrund wohl die Schritte sind, die von Vince kommen. Welche Szene mir allerdings besonders gefallen hat, war die Theaterszene wo Gravis das erste Mal auf Vince trifft. Wie schon bei "Der Minimalist" gibt es mal wieder ein paar versteckte Sachen, die Frank sehr gut eingebaut hat, es macht immer wieder Spaß so etwas zu hören.
Zu den Sprechern
Jedes Hörspiel lebt natürlich vom Schauspiel und der Qualität der Sprecher. Bei diesem Hörspiel haben alle beteiligten Sprecher eine sehr gute Arbeit abgeliefert, die das oben erwähnte filmische Element des ganzen noch unterstützen und wirklich für ein grandioses Kopfkino sorgen. Ich habe es ja heute morgen noch mal im Bett gehört und konnte sehen wie sich die Charaktere vor meinem geistigen Auge bildeten und agierten. Auch hier haben sich zwei Sprecher deutlich in mein Gedächtnis gebrannt. Zum einem haben wir da Pinnie selbst, der den Irren sehr überzeugend spricht und spielt, besonders die Diskussionen mit dem "Ich" musste ich schmunzeln, da dieser...Monolog wirklich plausibel erscheint. Der Zweite Sprecher ist Matthias Ubert, dessen Stimme an manchen Stellen der von Martin Keßler gleicht, was ich sehr gut fand. Besonders die zynischen Seitenkommentare von Gravis bringt er sehr gut rüber und am Ende des Hörspiels lief mir ein wirklich eisiger Schauer über den Rücken.
Zur Musik
Da bleibt mir nur eines zu sagen: Ich will den Soundtrack! Und zwar SOFORT! Die Musik und die Übergänge zwischen den einzelnen Stimmungen sind sehr Dezent, besonders am Samstag morgen, generell ist die Musik nicht aufdringlich und passt immer zur Situation.
Fazit
Pinnie hat mit diesem Hörspiel einen wirklich guten Start hingelegt und schafft es 107 Minuten und 51 Sekunden einen in den Bann zu ziehen. Man merkt, dass er dem ganzen seine persönliche Handschrift gegeben hat, was sich besonders in den Dialogen bemerkbar macht. Die Altersempfehlung "Ab 18 Jahre" ist durchaus gerechtfertigt, da das Hörspiel doch harter Tobak ist. Nicht nur die Pizza-Orgie mit Litern von Ketchup sondern auch die Ausübung des wahren Horrors, nämlich die Anregung der Fantasie des Hörers wie es bei der Szene im Keller ist. Andere Autoren hätten es groß und detailliert geschildert, aber Pinnie hingegen überlässt es dem Hörer wie es sich Anfühlt. Abschließend bleibt nur zu sagen, dass dieses Hörspiel ein wirklicher Ohrenschmaus ist und jedem, der auf Horror steht empfohlen werden sollte.