Wie wäre soetwas?
Damit könnte ich ein Kennenlernen basteln ....
„Ein beeindrucktes Gebäude“, sagt eine Frau hinter mir. Ich weiß nicht, ob sie mich meint, dennoch drehe ich mich um. Hinter mir steht eine ein kleine kompakte Frau mit kurzen Haaren und schaut mich an.
„Äh ja. Da haben sie recht!“, bestätige ich und schaue mir das Behördengebäude an. Ein Gebäude im Stil eines kleines Palais, mit Säulen am Eingang und einer eingemeißelten Schrift über dem großen Eingangsportal „Bürgeramt“. Ich habe für soetwas gar keinen Blick, weil ich bereits seit fast 3 Stunden hier in der Schlange stehe.
„Laut der Broschüre soll es schnell gehen und ich stehe nun schon so lange hier. Dafür habe ich eigentlich keine Zeit!“, spricht die Frau weiter und ich drehe mich erneut zu ihr um.
„Ja, aber wenn wir nun wieder gehen, dann wird es wieder so lange dauern. Es kann ja keiner ahnen, dass sich soviele um Land außerhalb der Stadt bewerben.“ versuche ich mit einem Lächeln zu sagen. Ich frage mich, warum sie so lange hinter mir steht und nun ein Redebedürfnis entwickelt hat. Da ich aber nichts anderes gerade zu tun habe, verkürzt ein zwangloses Gespräch die Wartezeit.
„Da bin ich aus Belgien nach Norddeutschland gereist, weil ich denke, dass es hier nicht so viele Interessierte gibt und stehe in der Schlange. Typisch, die Regierung in Paris bekommt es nie mit der Organisation hin.“ schaut sie mich ernst an und zeigt auf ein Buch, das aus ihrer Tasche schaut: „Sogar das Buch über Pflanzen und deren Zucht habe ich bereits durchgelesen und nun?“
„Aus Belgien? Da haben sie ja eine Reise hinter sich. Nur für ein Stück Land?“, sage ich vorsichtig. „Bewerben Sie sich alleine oder vertreten Sie ein Gruppe?“, frage ich und tue interessiert.
„Ja, ich habe meinen Lehrstuhl an der technischen Universätzt aufgegeben, als ich erfahren habe, dass es einen Erlass gibt, dass mehr Menschen auf das Land ziehen sollen“, sagt sie und wiederholt: „aber von so einer Wartezeit war nicht die Rede. Ich finde es einfach unglaublich. Was ist, wenn ich nun auf Toilette muss, dann ist mein Platz weg.“
„Das Risiko besteht leider, aber ich kann ihnen den Platz gerne freihalten, wenn sie sich erleichtern müssen.“ lächele ich und versuche ein vertrauensvolles Gesicht aufzusetzen. Wenn die Frau auf Klo muss, hätte sie es direkt sagen können, warum sie kompliziert, frage ich mich selbst.
„Das würden sie tun? Dann nehme ich ihr Angebot an und verschwinde mal eben. Ich verlasse mich auf sie und danke.“, sie drückt mir das Prospekt und ihren Rucksack in die Hand und verschwindet schnellen Schrittes in Richtung der öffentlichen Toilette.
„Ja, äh, kein Problem. Gerne.“ ich nehme ihre Sachen und bleibe etwas belämmert stehen.
„Ey weiter geht‘s“, sagt ein Mann und versucht die Lücke zu schließen.
„Nee, den Platz halten wir nun schön frei“ dabei versuche ich ein ernstes Gesicht zu machen und meinen eher unsportlichen Körper aufzurichten, damit ich größer wirke.
„Wenn die in 5 Minuten nicht da ist, rücke ich auf.“ nörgelt der Typ und rotzt auf die Straße.
„Das werden wir sehen und nun halten wir den Ball mal schön flach.“ und ich frage mich gerade, welcher Teufel mich da gerade reitet und ich meine Hilfe angeboten habe. Aber nun ist es zu spät und ich muss das Ausbaden.
Kurze Zeit später ist die Frau wieder da und nimmt mir ihre Sachen wieder ab.
„Danke. Mein Name ist Eli und mit wem habe ich die Ehre?“ fragt sie recht förmlich und reicht mir ihre freie Hand.
„Gerne, halle Eli, ich bin Jonah.“ und schüttel ihre Hand kurz. Irgendwie hat sie mein Interesse geweckt, zumal sie scheinbar wirklich alleine ein Stück Land haben möchte und dieses bewirtschaften will.
„Meinen sie, dass alleine auf dem Land klarkommen? Also in diesen Zeiten kann man sich nicht alleine durchkämpfen.“ behaupte ich.
„Ich bin etwas sehr eigen und mir fällt es schwer, mich mit anderen Menschen zu arrangieren.“
Was du nicht sagst, aber mich anquatschen kannst du, denke ich, aber lächele sie an.
„Über welche Fähigkeiten verfügst du, weil Pflanzen scheinen für dich neu zu sein?“
„Ich bin Ingenierin, liebe Maschinen, Technik mehr als Menschen.“
„Ups, das ist ja interessant, aber wie willst du alleine einen Farm aufbauen, die dich ernähren kann, ohne Hilfe? Aber das ist deine Sache.“
Langsam rücken wir ein paar Schritte vor und stehen schon unter dem Dach des Portals.
„Wird schon klappen und zur Not können wir ja Nachbarn werden. Hast du eine Gruppe?“
„Na klar, meine Familie und ein paar Freunde. Sonst wird das nichts. Aber technische Defiziete haben wir noch.“
Wie plump, aber ehrlich was ich da sage. Ich spiele schon fast mit dem Gedanken, dass wir tatsächlich Nachbarn werden sollten. Kann sehr hilfreich sein.
„Dann sollten wir vielleicht wirklich Nachbarn werden, wenn es dich nicht stört. Vielleicht können wir uns helfen.“ sagt sie und lächelt.
„Ähm, ja klingt nicht schlecht, aber dann sollten wir gemeinsam uns um ein Stück kümmern. An wieviel Land hast du gedacht?“
frage ich sie und lächele zurück.
„Ich habe ausgerechnet, dass ich mit 1ha klarkommen sollte und ich brauche nur ein kleines Haus.“
„Das wird schwierig, denn die meisten Landstücke mit Gebäuden sollen viel größer sein, habe ich gehört.“
„Du meinst, dass ich Schwierigkeiten haben könnte?“
„Ich meine nicht und weiß nicht genau, denn das ist dein Ding. Ich brauche mehr fast 5ha und ein paar Gebäude, sonst klappt das nicht. Man hat uns gesagt, dass es soetwas verfügbar ist.“ sage ich und beginne das Interesse an der Frau zu verlieren, obwohl mir ihre Fähigkeiten gefallen würden.
„Ich habe nichts davon gelesen und das muss doch dort stehen, wenn es so sein sollte.“
„Mag sein, wirst du ja sehen.“
Damit wende ich mich endgültig ab und warte, bis ich endlich an Reihe bin. Nach einer weiteren Stunde bin ich endlich an der Reihe und stehe in einem Büro einer Sachbeabeiterin.
„Also, sie möchten 5ha und Gebäude. Sind sie in der Lage die Abgabe aufzubringen? Die Kosten betragen je nach Ausstattung pro ha 75.000 Neuro.
Ich halte meinen rechten Arm vor das Lesegerät und auf ihre Display leuchtet es grün auf.
„Aha, das passt also. Ich werde die Urkunde erstellen und sie können in Kürze das Land in Besitz nehmen.“
„Wie jetzt? Das geht schneller, als ich dachte. Muss ich noch etwas einreichen?“
„Nein, wir haben alle Daten auslesen können und brauchen sonst nicht mehr. Und nun lassen sie mich bitte meine Arbeit machen.“
Sie tippelte auf der Tastatur herum und einen Augenblick später nimmt sie die Urkunde mit den Plänen und der Liegenschaftskarte und stempelt und siegelt sie.
„Viel Spass damit. Der Betrag wurde soeben abgebucht.“
„Äh, danke.“ ich nehme die Unterlagen und verlasse den Raum. Etwas verwirrt, weil ich einfach nicht erwartet hätte, dass es so einfach klappt, obwohl wir uns komplett vorbereitet hatten. Ich gehe immer davon aus, dass am Ende noch etwas schiefgeht. Ein Lächeln breitet sich auf meinem Gesicht aus und die Anspannung fällt auf einmal von mir ab.
„Schönen Tag noch“ und damit schließe ich die Tür und stehe auf dem Flur.
„Das ist eine Unverschämtheit“ höre ich eine Frauenstimme und dann eine Tür knallen. Ich drehe mich zu der Ursuche des Lärms und sehe Eli, die wutentbrannt in meine Richtung und damit zum Ausgang läuft.
Aufgrund meiner guten Laune stelle ich mich ihr in den Weg und schaue in ihr hochrotes Gesicht. Man, die ist echt wütend, denke ich.
„Hey Eli, alles gut?“ frage ich und versuche ein ernstes Gesicht zu machen.
„Alles gut? ALLES GUT?“ sagt sie und fährt dann fort:
„Nichts ist gut, die blöde Kuh wollte mir kein Land geben, weil es keine so kleinen Flächen gibt! Aber das steht doch nirgends.“
„Äh ja, aber das war doch zu erwarten.“ und ich bereue, dass ich gerade zur weiteren Eskalation beitrage. Mein Gott, warum ist sie so eingefahren und im Geise wiederhole ich ihr „aber das steht nirgends!“
„Ich werde mich beschweren und dann werden wir schon sehen!“ motzt Eli.
„Komm, gehen wir erst einmal nach draußen. Ich lade dich auf einen Kaffee ein und dann können wir darüber sprechen.“
„Klatsch“ höre ich, die Ohrfeige, die ich mir gerade selbst in Gedanken gegeben habe. Warum mache ich das? Oh man, ich bin einfach zu nett.
„Ja, das machen wir und dann werde ich...“ sie hebt wütend die Faust in die Höhe und droht der Tür des Amtes, als wir es verlassen.