Poldi
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Themenstarter/in
Wunder dauern etwas länger – Bericht von einer Hauptstadt im Exil
Erster Eindruck: Berlin mitten in den 50ern
Thilo Koch schlendert durch seine Heimatstadt Berlin, die zwar schon durch die Besetzung der Alliierten zweigeteilt, jedoch noch nicht von der Mauer durchzogen. Er beobachtet kleine Szenerien, betrachtet die Trümmer des Krieges und das neu aufkeimende Leben, erinnert sich an die Vergangenheit der Stadt. Und er trifft so einige Leute, die ihre eigene Sicht auf die lebendige Stadt haben…
Pidax-Film veröffentlicht nicht nur DVDs, sondern eben auch Hörspiele. Dabei konzentriert sich das Label auf alte Radiohörspiele, an die man momentan kaum noch als interessierter Hörer herankommen dürfte. Neben einigen Miniserien gehört auch das Einzelhörspiel „Wunder dauern etwas länger – Bericht von einer Hauptstadt im Exil“ zum verlagseigenen Programm. Bemerkenswert die Angaben zum Produktionszeitraum im Booklet: Aufgenommen am 1. und 2. 10. 1956, ausgestrahlt schon am 5. 10. 1956 – ein Zeitrahmen, der heutzutage kaum noch denkbar wäre. Und auch die Machart ist eine sehr ungewöhnliche, eine wirkliche Handlung ist hier nicht vorhanden. Vielmehr werden Momentaufnahmen der lebhaften Stadt gezeigt, der Charme der damaligen Zeit vermittelt. Es wurde versucht, das Lebensgefühl der Stadt einzufangen, und herausgekommen ist dabei eine Mischung aus Milieustudie und Liebeserklärung. Die verschiedenen auftauchenden Charaktere werden dabei jeweils kurz, aber treffend charakterisiert, einige können für den Moment gut unterhalten, andere bleiben länger im Gedächtnis, beispielsweise die junge Dame, die nach einem netten Treffen mit einem Herren ein Wiedersehen dem Zufall überlässt. Die Sprache ist dabei treffend gewählt, oftmals berlinert es gewaltig, sodass noch mehr Flair beim Hörer ankommt. Auch die zahlreichen, sich wiederholenden Zeilen sind ein Teil dieser Collage, werden dabei immer wieder in ein anderes Licht gerückt, um neue Facetten ergänzt. So entsteht ein sehr charmantes Hörspiel, das aber auch sehr ungewöhnlich ist. Man muss sich erst etwas daran gewöhnen, dass hier keine Handlung im eigentlichen Sinn erzählt wird, dass auch geschichtliche Aspekte berücksichtigt werden, dass heitere und nachdenkliche Szenen nahtlos ineinander übergehen. Doch das alles ist schnell vergessen, und man ist mittendrin im Berlin der 50er Jahre.
Eine sehr große Auswahl an Sprechern ist hier vorhanden, in den kleinen Szenen ist also eine bunte Vielfalt zu hören. Nicht jeder lässt sich dadurch einem bestimmten Charakter zuordnen, da viele auch schlicht keinen genannten Namen besitzen, einige Stimmen erkennt man jedoch wieder. Reinhold Berndt kann mit seiner markanten, aber meist sehr fröhlichen und beschwingten Stimme gut durch das Hörspiel führen und vermittelt eine positive Grundstimmung. Annemarie Böhme und ihre freundliche Stimme bringen besonders gut das Flair Berlins herüber. Auch Heinz Giese hat hier mitgesprochen, trotz seiner damals jungen Jahre hatte er schon viel Ausdruckskraft. Weitere Sprecher sind Aenne Bruck, Tobias Pagel und Günter Pfitzmann.
Besondere Aufmerksamkeit hat hier die Verwendung der Musik verdient, wobei den Geräuschen hingegen eine eher untergeordnete Rolle zukommt. Zu Anfang des Hörspiels ertönt ein beschwingtes Lied, das die Titelzeile des Hörspiel mehrfach wiederholt, aber auch andere, sehr schöne Worte mit der verspielt wirkenden Melodie verknüpft. Dieses sehr gelungene Musikstück wird während der Handlung öfters wiederholt und bekommt so eine zentrale Stellung. Auch andere, ein wenig an Swing erinnernde Stücke sind zu hören.
Die Aufmachung des Hörspiels ist wieder sehr schlicht geraten. So ist beispielsweise kein Booklet vorhanden, sondern alle Informationen auf ein einfaches Einlegeblatt untergebracht worden. Das Cover zeigt das Foto einer typischen Berliner Häuserwand, was jedoch wegen der zahlreichen Schriftzüge an Wirkung verliert. Die Kurzbiographien zweier Mitwirkender sind auf der Rückseite zu finden. Jedoch ist schade, dass in dem etwa einstündigen Hörspiel keine Tracks gesetzt wurden.
Fazit: Ein recht außergewöhnliches Hörspiel, das eher eine Hörcollage ist. Verschiedene kleine Szenen, Gespräche oder Gedankenfetzen sind hier aneinandergereiht. So entsteht ein sehr lebendiger Eindruck der Stadt und ihrer Bewohner, wird viel Charme und Flair versprüht, aber auch ernst Gedanken eingebunden. Es ist eine Momentaufnahme der damaligen Zeit, und gerade weil es so ungewöhnlich ist, ist es so hörenswert.
VÖ: 28.September 2012
Label: Pidax-Film
Bestellnummer: 4260158192361
Erster Eindruck: Berlin mitten in den 50ern
Thilo Koch schlendert durch seine Heimatstadt Berlin, die zwar schon durch die Besetzung der Alliierten zweigeteilt, jedoch noch nicht von der Mauer durchzogen. Er beobachtet kleine Szenerien, betrachtet die Trümmer des Krieges und das neu aufkeimende Leben, erinnert sich an die Vergangenheit der Stadt. Und er trifft so einige Leute, die ihre eigene Sicht auf die lebendige Stadt haben…
Pidax-Film veröffentlicht nicht nur DVDs, sondern eben auch Hörspiele. Dabei konzentriert sich das Label auf alte Radiohörspiele, an die man momentan kaum noch als interessierter Hörer herankommen dürfte. Neben einigen Miniserien gehört auch das Einzelhörspiel „Wunder dauern etwas länger – Bericht von einer Hauptstadt im Exil“ zum verlagseigenen Programm. Bemerkenswert die Angaben zum Produktionszeitraum im Booklet: Aufgenommen am 1. und 2. 10. 1956, ausgestrahlt schon am 5. 10. 1956 – ein Zeitrahmen, der heutzutage kaum noch denkbar wäre. Und auch die Machart ist eine sehr ungewöhnliche, eine wirkliche Handlung ist hier nicht vorhanden. Vielmehr werden Momentaufnahmen der lebhaften Stadt gezeigt, der Charme der damaligen Zeit vermittelt. Es wurde versucht, das Lebensgefühl der Stadt einzufangen, und herausgekommen ist dabei eine Mischung aus Milieustudie und Liebeserklärung. Die verschiedenen auftauchenden Charaktere werden dabei jeweils kurz, aber treffend charakterisiert, einige können für den Moment gut unterhalten, andere bleiben länger im Gedächtnis, beispielsweise die junge Dame, die nach einem netten Treffen mit einem Herren ein Wiedersehen dem Zufall überlässt. Die Sprache ist dabei treffend gewählt, oftmals berlinert es gewaltig, sodass noch mehr Flair beim Hörer ankommt. Auch die zahlreichen, sich wiederholenden Zeilen sind ein Teil dieser Collage, werden dabei immer wieder in ein anderes Licht gerückt, um neue Facetten ergänzt. So entsteht ein sehr charmantes Hörspiel, das aber auch sehr ungewöhnlich ist. Man muss sich erst etwas daran gewöhnen, dass hier keine Handlung im eigentlichen Sinn erzählt wird, dass auch geschichtliche Aspekte berücksichtigt werden, dass heitere und nachdenkliche Szenen nahtlos ineinander übergehen. Doch das alles ist schnell vergessen, und man ist mittendrin im Berlin der 50er Jahre.
Eine sehr große Auswahl an Sprechern ist hier vorhanden, in den kleinen Szenen ist also eine bunte Vielfalt zu hören. Nicht jeder lässt sich dadurch einem bestimmten Charakter zuordnen, da viele auch schlicht keinen genannten Namen besitzen, einige Stimmen erkennt man jedoch wieder. Reinhold Berndt kann mit seiner markanten, aber meist sehr fröhlichen und beschwingten Stimme gut durch das Hörspiel führen und vermittelt eine positive Grundstimmung. Annemarie Böhme und ihre freundliche Stimme bringen besonders gut das Flair Berlins herüber. Auch Heinz Giese hat hier mitgesprochen, trotz seiner damals jungen Jahre hatte er schon viel Ausdruckskraft. Weitere Sprecher sind Aenne Bruck, Tobias Pagel und Günter Pfitzmann.
Besondere Aufmerksamkeit hat hier die Verwendung der Musik verdient, wobei den Geräuschen hingegen eine eher untergeordnete Rolle zukommt. Zu Anfang des Hörspiels ertönt ein beschwingtes Lied, das die Titelzeile des Hörspiel mehrfach wiederholt, aber auch andere, sehr schöne Worte mit der verspielt wirkenden Melodie verknüpft. Dieses sehr gelungene Musikstück wird während der Handlung öfters wiederholt und bekommt so eine zentrale Stellung. Auch andere, ein wenig an Swing erinnernde Stücke sind zu hören.
Die Aufmachung des Hörspiels ist wieder sehr schlicht geraten. So ist beispielsweise kein Booklet vorhanden, sondern alle Informationen auf ein einfaches Einlegeblatt untergebracht worden. Das Cover zeigt das Foto einer typischen Berliner Häuserwand, was jedoch wegen der zahlreichen Schriftzüge an Wirkung verliert. Die Kurzbiographien zweier Mitwirkender sind auf der Rückseite zu finden. Jedoch ist schade, dass in dem etwa einstündigen Hörspiel keine Tracks gesetzt wurden.
Fazit: Ein recht außergewöhnliches Hörspiel, das eher eine Hörcollage ist. Verschiedene kleine Szenen, Gespräche oder Gedankenfetzen sind hier aneinandergereiht. So entsteht ein sehr lebendiger Eindruck der Stadt und ihrer Bewohner, wird viel Charme und Flair versprüht, aber auch ernst Gedanken eingebunden. Es ist eine Momentaufnahme der damaligen Zeit, und gerade weil es so ungewöhnlich ist, ist es so hörenswert.
VÖ: 28.September 2012
Label: Pidax-Film
Bestellnummer: 4260158192361