AW: Wenn der Vorhang fällt
Kunos Kritik gefällt mir - spiegelt sie doch auf der anspruchsvollen Konsumentenseite wieder, welch ein Malheur rein technischerdings den Projekten hier im Forum innewohnt:
Regisseur Zufall bestimmt dominant den forenüblichen Spiel- und damit Aufnahmemodus: das autonome X-en. Von Inszenierungen kann bislang bei kaum einem Hörspiel die Rede sein.
Ich kann völlig nachvollziehen, dass auch auf der Seite des Hörens, nicht nur was dieses Werk anbelangt, inzwischen zunehmend häufig Verdruß einsetzt, wenn man unvoreingenommen mit den Ohren einer Geschichte folgen möchte.
Neben all den geneigten Hörspielfreunden und -freundinnen, die in ihrer Kritik vor allem ausführlich auf die technischen Aspekte der Projekte eingehen,
gibt es natürlich auch Dich, Kuno, und all die, denen der Inhalt, der Plot, seine dramaturgische Gestalt und spielerische Umsetzung mindestens so wichtig erscheint wie die technische Seite.
Auch ich fühle mich dieser Klientel näher, da ich, mit Einschränkung, eben doch ein "TechnikHorst" bin (was natürlich für diese Spezies keinerlei kriterienbildende Voraussetzung sein muß).
Erst neulich saß ich mit Treborknarf zusammen und wir plauschten darüber, wie ausgeprägt doch unsere Sozialisation im Sinne des Einübens von negativer Kritik ist: wenn uns etwas nicht gefällt, fehlen uns in der Regel keine Worte.
Hingegen sind wir oft ungeübt, wenn es darum geht, zu erläutern, warum etwas wirklich gelungen ist. Meist freut mensch sich, wenn er sich dann in einer Gesellschaft Gleichgesonnener wiederfindet, denn einträchtiges Wohlempfinden bedarf eben
keiner näheren verbalen Erklärung.
Zum Teil liegt das daran, dass mensch eben über Geschmack nicht streiten kann, bzw. nicht gelernt hat, gut (oder gar lustbar) über Dinge miteinander zu streiten, die Anlass zu unterschiedlichen Auffassungen geben, und die meisten detaillierteren Einlassungen ( jenseits sachlich technischer Aspekte ) oft nicht klar trennen zwischen rein subjektivem Gusto und objektiv (eher: intersubjektiv), also von dritten nachvollziehbaren Beobachtungen und Phänomenen.
Insofern nehme ich Deine wohlformulierte Kritik, lieber Kuno, wirklich gerne zur Kenntnis,
- auch wenn selbst Du mit einer Unschärfe argumentierst, die oft eher einen eigenen Geschmack anklingen lässt - und dagegen ist ja auch garnichts einzuwenden.
Ich habe den Eindruck, man könnte die Macher des Hörspiels grundsätzlich der Leichtfertigkeit bezichtigen, dieses Werk überhaupt mit der foreneigenen Standardmethode (s.o.) umgesetzt zu haben.
Wären nämlich Verve, Spiel und Dramatik mehr in Deinem Sinne ausgefallen, könnte auch in diesem Falle nur auf Regisseur Zufall verwiesen werden.
Insofern schliesse ich diese Apologie mit der Feststellung: solange projektbezogen Regie und SpielerInnen nicht Zeit und Raum für Umsetzung und Aufnahme teilen, kann eine wie auch immer am Spiel und Drama selbst orientierte Kritik hier im Forum
nicht sinnvoll ansetzen, da man den Schaffenden die hier typische Einschränkung (dazu gehört nach wie vor auch die Selbstbeschränkung in der Postproduction) zugute resp. zuschlechte halten muß.
Das ist schade aber momentan unsere Kreationswirklichkeit,
weshalb der "Spielregisseur" hierzuforum auch fast garnicht, der fast magisch begabt erscheinende "Technikregisseur" (Cutter und "Mischling") hingegen sehr prominent besprochen wird.
Das ist also eine, in der Natur des Forums liegende Einschränkung, die wir dennoch zumeist lustvoll hinnehmen.
Interessant erscheint also die Frage in puncto Kritik oder Rezension, ob diese sich weiterhin bescheiden an den forengegebenen Bedingungen entlangranken muß oder die derzeitigen Forenbedingunugen ( nachdem sie ja nun ausführlich am "Boden" ins Kraut geschossen sind ) nicht vielmehr umgekehrt und geradezu herausgefordert durch manche Kritik sich nun an dem Willen zu einer Kritik emporrankt, die keine "Naturschutzsiegel" berücksichtigen muß.
p.s.:
Die Bezeichnung der Beteiligten als langjährig Theatererfahrene oder gar Profis legt im Kontext der Kritik nahe, das Hörspielbeteiligte mit diesem Hintergrund eigentlich Garanten für eine gelungene Projektumsetzung sein sollten. Diese subtil aber deutlich formulierte Annahme stelle ich aus den o.g. Gründen in Frage.
Nicht fraglich aber erscheint mir, im Umkehrschluß, dass vielleicht gerade die sogenannten Profis (und eben nicht nur die Techniker unter ihnen) hier im Forum mehr Gewicht legen sollten auf eine allumfassende Nutzung der Gewerke, ein Hörspiel tatsächlich optimal umzusetzen - nur bin ich da in puncto Forum eher einer Art evolutiver Entwicklung zugeneigt - und habe durchaus den Eindruck, dass Kritiken wie diese sehr wach wahrgenommen werden.
Bleibt anzumerken, dass das Forum zu keinem Zeitpunkt ein Interesse formuliert hat, ein Tummelplatz für Eliten zu sein - eher ein Trainingsort für alle Audiokreativen oder sogar -exhibitionisten
Wer sich also von den hochgehängten Latten der Technik hier (immer häufiger) oder gar denen der Kritik einschüchtern oder gar abschrecken läßt - ist selber schuld.
Einen besseren Ort als den Tod finden wir hier allemal, ;-)