Poldi

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Sherlock Holmes – 19. Der Daumen des Ingenieurs

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Erster Eindruck: Ein unmoralisches Angebot

Mit einem blutigen Verband kreuzt Victor Hatherley bei Dr. Watson auf, sein Daumen wurde vor kurzem abgetrennt. Bei der Behandlung versucht der Arzt, mehr über den Hergang der Verletzung zu erfahren und merkt schnell, dass hier ein Fall für seinen Freund, Sherlock Holmes ansteht. Denn Hatherly, der als Ingenieur noch recht unerfahren ist, wurde mit einem sehr lukrativen Angebot in ein abseits gelegenes Haus gelockt...

Titania Medien veröffentlicht in erfreulicher Regelmäßigkeit die Originalfälle aus der Feder von Sir Arthur Conan Doyle, mittlerweile ist man bei „Der Daumen des Ingenieurs“ angekommen, einer sehr besonderer Fall – wie Dr. Watson in der kurzen Introszene selbst anmerkt. Denn ausnahmsweise macht er seinen Freund Sherlock Holmes selbst auf einen neuen Fall aufmerksam, und so hat der bekannte Detektiv hier auch recht wenig zu sagen. Der größte Teil der Handlung wird auf den Bericht der merkwürdigen Ereignisse verwendet und aus der Sicht von Victor Hatherley erzählt, was sehr kurzweilig und vergnüglich gelungen ist. Der Erzählstil ist dabei sehr flüssig, wobei dennoch viele Details mit eingeflossen sind. Die detailreichen Beschreibungen lassen die einzelnen Szenen sehr lebendig und greifbar werden, wobei auch die Gestaltung der Charaktere wieder sehr prägnant geworden ist. Das regt natürlich auch zum Miträtseln ein – nicht unbedingt wer die Täter sind, sondern was sie vorhaben und wie es mit Hatherley weitergeht - doch Holmes ist wie immer einige Schritte voraus – ein typisches Stilelement der Reihe. Ungewöhnlich auch, dass die Täter im Gegensatz zu den übrigen Geschichten hier nicht gefasst werden können, auch dies übt einen großen Reiz aus und bricht bekannte Grundstrukturen auf. Ein sehr solide erzählter Fall, bei dem auch einige eingebaute humorvolle Stellen nicht fehlen dürfen.

Patrick Bach wertet als sehr professioneller Sprecher auch dieses Hörspiel auf, wobei er als Victor Hatherley einen sehr großen Teil der Handlung übernimmt. Sehr überzeugend und mit eingängiger Sprechweise kann er einen glaubwürdigen Charakter erschaffen. Lutz Mackensy spricht Lysander Stark mit seiner sehr markanten Stimme und bringt dabei seine ganz eigene Note mit ein. Arianne Borbach hat mir als Elise ebenfalls sehr gut gefallen, die eingeschüchterte junge Frau bekommt durch sie gegen Ende eine gelungene Wendung. Weitere Sprecher sind Janina Sachau, Andreas Mannkopff und Christian Stark.

Auch dieser Geschichte haben Stephan Bosenius und Marc Gruppe ein maßgeschneidertes Kleid gefertigt und eine dichte Atmosphäre geschaffen. Zwar hält sich die Musik recht dezent im Hintergrund, beeinflusst aber dennoch die Stimmung wesentlich. Auch die Geräusche sind hier sehr passend eingebaut und lassen die Handlung lebendiger wirken.

Eine wesentliche Szene aus dem Hörspiel wird auch auf dem Cover präsentiert, wobei hier schon recht viel vom Inhalt verraten wurde, hier wurde für meinen Geschmack etwas zu viel vorgegriffen. Dennoch ist der Mann mit der erhobenen Axt vor dem Fenster, an dessen Sims sich der gut gekleidete Hatherley mit einer Hand klammert, durchaus stimmungsvoll in Szene gesetzt worden. Die restliche Gestaltung ist bereits bekannt, aber immer noch hübsch anzusehen.

Fazit: Die Geschichte um den Ingenieur Victor Hatherley steht hier im Mittelpunkt, an Ermittlungen oder gar der Überführung der Täter wurde nur wenig Zeit aufgewendet. Dennoch ist ein sehr unterhaltsames Hörspiel entstanden, das zudem noch perfekt inszeniert und mit vielen starken Sprechern auch in den Nebenrollen umgesetzt wurde.

VÖ: 15.Mai 2015
Label: Titania Medien
Bestellnummer: 978-3-7857-5122-0
 
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