Poldi

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Schnee auf dem Kilimandscharo

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Erster Eindruck: Dialoge im Angesicht des Sterbens

Der Schriftsteller Harry ist mit seiner Lebensgefährtin, der bereits verwitweten Helen, in der Nähe des Kilimandscharo auf Großwildjagd. Doch durch eine kleine Verletzung leidet er an Wundbrand, er sieht seinen nahenden Tod. Reuevoll denkt er an all die Geschichten, die er nie zu Papier gebracht hat, während Helen die Ernsthaftigkeit seiner Krankheit nicht wahrhaben will...

Schriftsteller haben oftmals den Drang, sich selbst in ihre Werke hineinzuschreiben und so ihre Gedanken den Lesern noch näher zu bringen. Auch „Schnee auf dem Kilimandscharo“ von Ernest Hemingway ist eines dieser Geschichten, in die viel von der Persönlichkeit und des Hintergrundes Hemingways geflossen ist. 1977 entstand ein Hörspiel zu der Kurzgeschichte, das nun auf CD erhältlich ist, sowohl einzeln als auch in der großen Box, die der Audio Verlag zu den Werken des bekannten Autors veröffentlicht hat. Das Hörspiel kommt sehr reduziert daher, kein Einsatz von Musik, lediglich drei Sprecher – und herausgekommen ist ein sehr intensives Hörerlebnis. Auch hier wird mehr Wert auf die Charaktere gelegt, insbesondere auf Harry, dessen Gedanken und Gefühle den Kernpunkt bilden. Seine Beschäftigung mit dem nahen Tod, seine Reue, auch seine Beziehung zu Helen, die mit ihrem Reichtum eher Mittel zum Zweck war, all dies formt vor dem Ohr des Hörers ein sehr genaues und detailliertes Bild des Mannes. Im Gegensatz dazu steht die lebensfrohe Helen, die sich gegen den Gedanken des Todes wehrt und auch schon mal voller Inbrunst und Leidenschaft zu streiten beginnt. Sanft in eine Abfolge von Gesprächen und Handlungen eingebaut kommen die beiden voll zur Geltung, und ein intensives und sehr bildreich in Szene gesetztes Ende sorgt für eine nachdenkliche Stimmung. Wunderbar, mit wie wenigen Mitteln aus der Vorlage hier ein hervorragendes und eindringliches Hörerlebnis geschaffen wurde, das mich wirklich berührt hat – eine klare Empfehlung.

Wie oben bereits erwähnt sind hier nur drei Sprecher zu hören, denen so eine dementsprechend wichtige Funktion zukommt. Siegfried Wischnewski spricht den Harry, seine teils melancholische, teils harte Art formen ein sehr genaues Bild des Schriftstellers, der sich in den verschiedenen Gefühlslagen sicher bewegt. Ganz wunderbar ist die grandiose Rosemarie Fendel, die auch in ihren jungen Jahren schon eine sehr intensive Stimme hatte, mit ihrer gefühlsbetonten Sprechweise kann sie für Aufmerksamkeit sorgen, sich aber im richtigen Moment auch für ihren Partner zurückstellen. Peter Lieck ist Erzähler und gestaltet seine Passagen überraschend neutral, was den Einsatz der anderen beiden noch einmal aufwertet.

Musik ist überhaupt nicht eingesetzt, weder zu Beginn noch zwischen oder während der Szenen. Auch findet keine Einbettung von Geräuschen statt, sodass die Sprecher völlig auf sich gestellt werden – das fehlen von Atmosphäre machen sie mit ihrer einzigartigen Interpretation allerdings leicht wett. Diese Konzentration auf das Wesentliche – die Dialoge – passt hier sehr gut und betont die Geschichte und die Charaktere noch weiter.

Ein alternder Mann mit Leopard, gehalten in gedecktem Schwarz-Weiß, dazu dezente Schriftzüge, die Autor und Titel verraten – auch beim Cover wurde sich in wirkungsvolle Schlichtheit geübt – zumal dem Leoparden eine nicht zu unterschätzende Rolle in dem Hörspiel zukommt. Der Infotext im Inneren des kleinen Booklets kann einige interessante Details offenbaren.

Fazit: Mit wenigen Mitteln und besonders hervorragenden Sprechern wurde eine gefühlsintensive und äußerst hörenswerte Geschichte in Szene gesetzt, die mit ihren kraftvollen Bildern zu fesseln weiß.

VÖ: 20.Mai 2011
Label: Der Audio Verlag
Bestellnummer: 978-3-86231-078-4
 
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