Poldi

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Othello

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Erster Eindruck: Klassisches Werk in klassischem Gewand

Der dunkelhäutige Othello hat sich in der Armee Venedigs den Rang eines Feldherren erarbeitet, obwohl er wegen seines anderen Aussehens keine leichte Stellung hatte. Als der rachsüchtige Fähnrich Jago bei einer Beförderung übergangen wird, spinnt er eine Intrige gegen seinen Vorgesetzten. Dabei kommt ihm zugute, dass Othello ohne die Zustimmung ihres Vaters die hübsche Desdemona geheiratet hat…

Der Audio Verlag hat eine ganze Reihe einem der bekanntesten Schriftsteller gewidmet: Einige Werke von William Shakespeare sind als Hörspielumsetzungen erschienen. Dabei wird wie so oft bei dem Berliner Verlag nicht auf eigene Produktionen gesetzt sondern Radiohörspiele neu aufgelegt. So ist auch „Othello“ in der Umsetzung des Rundfunks der DDR aus dem Jahre 1970 auf CD erhältlich. Die sprachliche Umsetzung birgt hier einige Tücken in sich, denn man muss sich erst mal an die geschnörkelt wirkende Wortwahl gewöhnen. Das Verständnis wird hierdurch zwar nicht gemindert, aber der Fluss und die damit verbundene Dynamik geraten etwas in den Hintergrund. Hat man sich aber darin eingefunden, hat man teil an einer hörenswerten Tragödie, die von Eifersucht, Machtspielen und Intrigen geprägt ist. Große Leidenschaft spielt darin eine ebenso große Rolle wie große Missgunst, Othello als edler und standfester Mann auf der einen, sein Widersacher Jago auf den anderen Seite. Mit seinem Handeln treibt er die Geschichte an, arbeitet mehr oder weniger im Verborgenen gegen Othello und Desdemona, bringt mit seinem leise diabolischen Auftreten Würze mit. Die Handlung entwickelt sich recht langsam, die einzelnen Teile werden ausgekostet und sehr detailliert dargestellt, bis es zum nächsten Baustein vorangeht. So lässt sich es nicht vermeiden, dass sich für heutige Ohren einige zähe Passagen ausfindig machen lassen. Der Einsatz eines Erzählers beispielsweise hätte einige Dialoge kürzen und die Handlung straffen können. So ist aber wiederum ein Hörspiel entstanden, dass sich sehr nah am Original orientiert und den Geist von Shakespeare in sich trägt.

Noch mehr als sonst sind bei Literaturvertonungen hervorragende Sprecher nötig, um die Handlung lebendig wirken zu lassen. Reimar Johannes Baur ist in der Rolle des Titelhelden Othello zu hören und schafft es, gleichfalls die ehrenwerten und standfesten wie auch die emotionalen, aufbrausenden Momente des Mannes einzufangen. Winfried Wagner spricht seinen Kontrahenten Jago, in seiner Stimme schwingt stets etwas leise Bösartiges mit, sodass diese interessante Figur gekonnt umgesetzt wurde. Desdemona wird von Petra Hinze, deren Stimme mit der als ebenso klug wie hübsch beschriebenen Figur nicht immer ganz mithalten kann. Weitere Sprecher sind Peter Reusse, Klaus Piontek und Fred Düren.

Das Hörspiel hat über 40 Jahre hinter sich, und das hört man auch der Produktionsweise an. Die Stimmen klingen leider etwas dumpf, sind aber gut verständlich. Auf den Einsatz von Musik wurde hier verzichtet, dafür sind einige Geräusche in die Handlung eingebaut, sodass die entsprechenden Szenen lebendiger wirken. Diese wirken sich besonders auf einige Handlungen aus und werden eher weniger dazu eingesetzt, eine stimmige Atmosphäre zu erzeugen.

Eine silberne Maske, die ausdrucksstarken Augen eines jungen Mannes verdeckend, darüber ein ausladende Federschmuck, der an frühere Rüstungen erinnert, alles nur dunkel beleuchtet und in Ausschnitten vor dem rein schwarzen Hintergrund zu sehen – das Cover zu Othello ist effektvoll in Szene gesetzt worden. Der Rest ist, typisch für das Label, recht schlicht gestaltet, zusätzlichen Extras sind hier nicht enthalten.

Fazit: Ein großes Werk eines großen Autors, dass hier schlicht und nahe am Original umgesetzt wurde. Die Schauspieler können ihre Rollen gut ausfüllen und die Intrigen von Jago, die hier im Mittelpunkt stehen, in Szene setzen. Durch die recht trockene Umsetzung nur mit einigen Geräuschen und der hochtrabenden Sprache sind aber durchaus einige Einstiegshürden vorhanden.

VÖ: 1.März 2014
Label: Der Audio Verlag
Bestellnummer: 978-3-86231-374-7
 
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