Phollux

Robert Kerick
Sprechprobe
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AW: Murder Documents 01: Haarmann

So ich hab mir "Haamann" jetzt auch mal komplett angehört und würde dem Hörspiel ne gute 2 geben ;)

Technik & Cut
Rundum gelungen würde ich sagen. :) Ich finde die Atmosphäre wurde sehr gut eingefangen. Gerade die Szenen die draussen spielten haben mir besonders gut gefallen: Ein Mischmasch aus Zeitungsjungengeschrei, Hufgetrappel und den ersten Fahrversuchen einer jungen Automobilindustrie. Zudem fand ich das Gespräch zwischen Haarmann und Polizist Lange sehr gelungen, da es zwischen den Türen in verschiedenen Perspektiven stattfand.

Schauspielerei
Im Großen und Ganzen haben alle Sprecher einen tollen Job gemacht. Aber hier was mir aufgefallen ist:

Felix Würgler (Xilef)
Whow! Ich wundere mich immer wieder wie wandlungsfähig Deine Stimme ist. Hab Dir den Haarmann voll und ganz abgenommen. Normal, weinerlich, ängstlich, böse, krankhaft, schuldbewusst, pervers...alles in feinen Nuancen die letzten Endes ein tolles Gesamtbild abgeben.

Herbert Ahnen
Beim Charakter des Psychologen wusste ich nicht wie ich mich verhalten sollte. Erschrocken oder amüsiert? Erschrocken weil die Fragen so detailliert gestellt wurden...und amüsiert, weil es eben auf solch absolut trockene Art und Weise geschehen ist. Aber ich denke es ist genau das richtige Bild enstanden und das allein zählt. Tolle Leistung!

Dagmar Bittner
Natürlich war es eine Bericherstattung, aber ich fand den Erzählpart ein wenig zu monoton, nicht bös gemeint! :)

MatheAss
Leider fand ich auch Karl ein wenig zu monoton gesprochen. Dadurch wirkte die Rolle leider ein wenig wie abgelesen und nicht wirklich lebendig. Hättest noch ein wenig mehr aus Dir rauskommen können. :)

Skript
Hat ein schönes rundes Gesamtbild ergeben. Eine schöne Mischung aus Berichterstattung und Story. Um mehr ins Detail gehen zu können, müsste ich allerdings das Hörspiel nochmals hören. Hierbei gefiel mir aber sehr, daß in der Wortwahl auf die Zeit damals (immerhin vor 87 Jahren) eingegangen wurde.

Kleinkariertes
ein sprachlicher Schnitzer ist mir leider aufgefallen:
Das Wort Guillotine (zu deutsch: Fallbeil) wird "Gijotine" ausgesprochen und nicht "Gilljotine"! ;)

Trivia
Die zwei alten Damen aus dem Zug fand ich super! Auf Swetty perfekt zugeschnitten! :D
"Nein, das ist Roland Möntemann, der poussiert nicht mit Jungs!" ich habe so gelacht, als ich diesen Satz hörte! Ist Herr M vielleicht doch älter als er vorgibt? :D Vielleicht ist er ja Zeitzeuge der Geschichte?

Aber im Grunde ist das auch alles schon Meckern auf hohem Niveau ;) Meine Hochachtung vor Deinem Werk, Roland :)
 
R

Ron

AW: Murder Documents 01: Haarmann

Also ich hab es mir nun schon drei mal angehört, auch wenn es keine leichte Kost ist und höre es mir, sobald die CD da ist die ich gewonnen habe, auch direkt noch ein viertes mal an... vielleicht bekomm ich dann auch meine Frau mal dazu mitzuhören :)
 
Zuletzt bearbeitet:

joe adder

Karsten Sommer
Sprechprobe
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AW: Murder Documents 01: Haarmann

Zunaechst moechte ich allen Beteiligten ein grosses Lob aussprechen, die an der Erstellung von “Murderdocuments 01: Haarmannâ€￾ beteiligt waren. Insbesondere den klitzekleinen Sprechern. :D Das Thema ist sehr schwierig umzusetzen und erfordert sicherlich eine umfangreiche, investigative Vorarbeit, die dann auch noch in eine geeignete Form als Skript umgesetzt werden muss. Wirklich sehr schwierig.

Ich habe mir das Hoerspiel am Wochenende nun erneut angehoert. Ich glaube, dass die Umsetzung gut gelungen ist, vor allem, was die Wahl der Soundeffekte anging. Ein Kompliment an Ryan. Das war eine sehr schoene Arbeit. Allerdings bin ich auch davon ueberzeugt, dass man bei der Umsetzung mehr haette rausholen koennen.
Waehrend der Premiere hatte ich ernsthafte Schwierigkeiten, bei der Sache zu bleiben und schob dies auf das Schreiben im Chat. Beim jetzigen Hoeren hatte ich wiederum Schwierigkeiten und erkannte diesmal auch, woran ich es festmachen konnte.
Mir wurde ein bisschen langweilig.

Das Problem, das man mit einem Hoerspiel ueber ein Ereignis oder eine Person der Zeitgeschichte hat, ist, dass es auf Fakten beruht, die meist, bei nuechterner Betrachtungsweise, relativ unspektakulaer sind. Wenn man die Fakten im Fall von Haarmann zusammenfasst, sind sie vom gesellschaftlichen, ethischen oder aber auch persoenlichen Aspekt her wahrscheinlich widerlich und vielleicht sogar abstossend, aber wirklich beeindruckend sind sie nicht. Vor allem, da wir in einer Zeit leben, in denen Zombiefilme, die vor 30 Jahren indiziert wurden, im Kinderprogramm gezeigt werden, und das ausgesaugt werden von Glitzervampiren zum guten Ton. Um es etwas ueberspitzt auszudruecken.

Ich moechte nun einmal versuchen, meine Empfindungen, die ich beim Hoeren hatte, zu eruieren und zusammenzufassen. ;)

Was ich jetzt schreibe, soll das Hoerspiel nicht “zerreissenâ€￾. Ich moechte auch nicht auf jeden Sprecher einzeln eingehen. Ich moechte einfach nur feststellen, wo fuer mich die Probleme beim Hoeren waren.

Der Anfang des Hoerspiels suggeriert eine Duesternis, die von der darauffolgenden Geschichte leider in keinster Weise getragen wird. Dagmar spricht mit einer "Duesternis", oder sagen wir "so geheimnisvoll", als wenn sie eine Gruselgeschichte erzaehlen wollte. Dabei empfand ich die musikalische Untermalung als aeusserts treffend und, ja, fesselnd. Ich war gespannt und aufgeregt, was nun passieren wuerde.

Die anschliessende Szene kehrt diesen Prozess sogleich um. So sehr ich auch einen gewissen EUROPA-Hoerspiel-Aspekt a la Fuenf Freunde oder Verwegenen 4 mit den Kindern begruesse, ( und ich finde es auch wirklich toll, wieviel Muehe sich die Kids gegeben haben! ) hat mir dies schon sofort jedwede Spannung aus dem Hoerspiel genommen. Das Hoerspiel wird anschliessend zu einer Erzaehlung ohne wirkliche Hoehepunkte. Da hilft auch Xilefs gutes Spiel wenig. Ich hatte keinerlei Empfindung fuer Haarmann. Kein Mitleid. Keine Abscheu. Gar nichts. Ich wusste anhand des Spiels nicht, wie ich den Charakter nun einstufen sollte. War er ein kaltbluetiger Killer oder ein Schwachsinniger auf dem Niveau eines Kleinkindes oder gar ein Zufallsmoerder, der seine Reue nur im Anschluss spuert? Dabei spielt sicherlich auch die Umsetzung des Hoerspiels eine Rolle, denn erst beim zweiten Hoeren habe ich z.B. erst verstanden, dass dubious Rolle REAL ist. Ich dachte, das waeren Fantasiegespinste von Haarmann. Da fehlten dann Schritte, Rascheln von Kleidung etc. All das, was einen Charakter in dem Hoerspiel lebendig macht. Und da finde ich es schade, dass so ein wunderbares Spiel, das dubious da hingelegt hat, dermassen untergeht.
Selbst die “wunderbareâ€￾ Mordszene, bei der ANdyanamic wirklich toll gespielt hatte, verpufft in seiner eigenen Nuechternheit.

Die letzte Szene ist dann wiederum sehr duester und es macht den Anschein, als waere der Anfang und das Ende zuerst gefertigt, und dann der Rest einfach mit Copy&Paste eingesetzt worden.
Dabei sind die Sprecher auch nicht alle auf einem Niveau. Da stimmen Betonungen nicht oder die Aussprache ist zu murmelig. Dadurch schwankt die Qualitaet ungemein.
Ausserdem glaube ich, dass fuer das Hoerspiel zu viele Sprecher gecastet wurden. Da ist weniger oft mehr. Ich verstehe es natuerlich, da ueber das Castingthema schon viel gesprochen wurde. Aber nur um des Castings Willen zu casten, halte ich fuer “Verschwendungâ€￾.
Unterm Strich bleibt zu sagen, dass sich das Hoerspiel nicht entschieden zu haben schien ( ungewoehnlicher Satz! ), ob es nun eine duestere Charakterstudie oder eine einfache Faktenauflistung sein wollte. Woran das liegt, kann ich mir vorstellen. Letztendlich weiss ich es aber nicht.

Ich glaube trotzdem, dass dies ein hoerenswertes Hoerspiel ist, dass aber noch viel Platz nach oben hatte.

Das "Thema" des Covers, um auch auf dieses zu sprechen zu kommen, ist fuer mich schlicht zu oberflaechlich. Das Cover zeigt die simple Zeichnung eines Fotos von Haarmann. Gute Arbeit von dubious ( ich glaube, er war es! ) Hier haette man vielleicht mehr Realismus reinbringen duerfen. Man haette pruefen koennen, ob ein Urheberrecht auf den Fotos liegt oder ob sie der Allgemeinheit dienen. Dabei haette man selber eine Abwandlung des Fotos vornehmen koennen, wenn dies der Fall gewesen waere. Das Cover ist sicherlich mit viel "Liebe" erstellt worden, aber bringt irgendwie nichts rueber. Es ist leider genauso unspektakulaer wie die Cover von "Mind'Napping".

Ich moechte am Ende noch hinzufuegen, dass mir Felix, Sascha Kiss und Ernszt Dubitzky, sowie Andreas Hegewald
In den Credits steht uebrigens "Hagewald". ;)
besonders gut in ihren Rollen gefallen haben.
 

Sascha Kiss

ehemals aarom
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AW: Murder Documents 01: Haarmann

Mir hat die Darstellung des Themas sehr gut gefallen. Die Mischung aus Berichterstattung und hinzugefügten imaginären "So-könnte-es-sich-abgespielt-haben"-Details fand ich grandios umgesetzt. Auch dass die Musik zu Gunsten der Atmosphäre in den Hintergrund geraten ist empfinde ich als großes Plus.

Natürlich war Felix in der Rolle des Haarmann Top besetzt. Ich bewundere Deine Wandlungsfähigkeit. Zu jedem einzelnen Darsteller mich zu äußern habe ich aber leider keine Lust :) ich schreibfaules Wesen. Das Cast fand ich insgesamt super.

Einen Kritikpunkt habe ich aber noch der sich aber auf das Skript bezieht. Die Szene in der doch deutlich gemacht wird wie Haarmann mit seinen Opfern umgegangen ist, hätte ich mit weniger Splatter versehen oder gar ganz gekürzt. Ein wenig trübt sie die ansonsten eher nüchtern gehaltene Darstellung. Während des Hörens dachte ich schon: "Na, er wird doch nicht?!" Und er tat es. Da wäre meiner Meinung nach weniger mehr gewesen.

Bis auf dieses Detail vergebe ich Höchstpunktzahlen. Ich freue mich auf die hoffentlich zahlreichen Fortsetzungen.
 

aurelin

Where ist online?
AW: Murder Documents 01: Haarmann

Während ich eine Woche nach dem Hören diese Rezension schreibe, habe ich immer noch Xilefs Stimme in Ohr - wunderbar interpretiert, diese feine Umgang mit dem Duktus, großes Kino! Dazu ist die Stimme trotz ihrer Wandelbarkeit wie ein roter Faden. Mir ist vor allem das "mitunter manchmal" hängengeblieben, dass Xilefs Interpretation schön charakterisiert.
Generell macht es als Hildesheimer sehr viel Spaß "Haarman" zu hören. Da bekommt das Hörspiel manchmal ein für uns ein unfreiwillig komische Note, aber das war in der entsprechenden Verfilmung genauso ;)!

Mix:
Allgemein fand ich den Raummix durchgehend sehr gelungen. Richtig kreativ sind teils die entsprechenden Übergängen, z.B. vor und hinter der Tür. Toll gemacht!
Dazu entstand oft eine große Bildkraft durch die entsprechenden Geräusche. Inszenierung super!

Sprechcut:
Auch wenn alle Sprecher einen tollen Job gemacht haben, so war mit der Sprechcut oft nicht flüssig genug. Allgemein hätte er schneller sein können und ab und zu ein paar mehr Überschneidungen wären auch toll gewesen.

Story/ Tempo:
Haarman hat für mich durchgehend ein eigenes Tempo, dass Teil der gesamten Ästhetik ist. Das klappt für mich, nur in der Länge, so das vierte Fünftel, da war es für mich dann doch zu schwergängig.

Also von der reinen Machart her, vom Handwerklichen ist Haarman für mich einfach gelungen.

Meine Kritik:
Für mich ist ein Hörspiel immer eine Interpretation eines Stoffes (das Gegenteil wäre ein total dröge vorgelesenes Buch). Deshalb finde ich es auch gut, wenn der Autor/ Regisseur auch irgendwie deutlich macht, wie er ein Thema sieht. Und genau hier finde ich Haarman problematisch:

Haarman selbst wird für mich des öfteren als der Leidende, Gequälte dargestellt. Dass man als Macher die Innenperspektive eines Menschen beleuchtet und verständlich macht, ist ja einfach interessant und gibt viel Gedankenfutter (da muss in der Musik immer an die großartige Interpretation von Falco bei Jeanny denken). Aber gleichzeitig wird fast das gesamte Umfeld an Protagonisten sehr negativ dargestellt. Und das beisst sich für mich mit Quellenlage, denn so wie interpretiert, war Haarman vielleicht ein verückter Mörder und Kinderschänder - aber alle anderen sind Ar[…]löcher, die, wenn sie nicht zu seinem Werdegang beigetragen haben, ihn doch nun unfair behandeln. Dass die Polizisten, Wärter etc. vielleicht selbst Väter sind oder andere Gründe haben, Haarman so zu behadeln, wie sie es tun, darüber schweigt sich das Hörspiel aus und so wird es für mich zu einseitig.
Da ich immer im Hinterkopf hat, dass Haarman auf historischen Quellen beruht, hatte ich auch eine gewisse Distanz beim Hören, war gespannt darauf, wie das Hörspiel die historischen Fakten interpretiert. Aber genau dadurch fällt umso schwerer nachzuvollziehen, dass Haarman's Wächter, wie es mir im Hörspiel scheint, unberechtigt mit ihm verfahren. Zusammengefasst:
Haarman wirkt oft (unfreiwillig?) positiv, weil fast jeder andere negativ wirkt. Und das ist mir auf Grundlage historischer Fakten eine zu eingeschränkte Perspektive!

Einer schon mehrfach aufgetauchten Kritik möchte ich mich noch anschließen:
Haarman bricht in manchen Szenen mit bisherigen Tabus in Hörspielen und das finde ich richtig. Allerdings ist die Länge für mich dabei falsch gewählt. Ich kann im Gegensatz zum Film nicht die Augen zumachen. Und so war mir die Länge einiger Szenen zu heftig. Hätte man die eingedampft, dann wären sie wohl letztlich intensiver gewesen, als sie durch das Gedehnte waren. Letztlich bringen solche Szenen ab einer gewissen Länge einen unangehmen Zwang zum Kopfkino mit sich und das, was mit der Szene gemeint war, verschwindet hinter dem...
 

ROH

Ryan
AW: Murder Documents 01: Haarmann

Hey, :)

Ich möchte kurz darauf eingehen, was du teilweise ansprichst Aurelin. Für "Mitleser": Ich habe weder was mit dem Buch zu tun noch mit der Entwicklung, wollte eigentlich "nur" die Musik machen, aber nachdem schon 2 (3?) Editor/Cutter das Handtuch geworfen haben, dann gesagt: Okay, ich kann das vielleicht auch schneiden, wenn es dir (Herr M) gefällt.

Daher bin ich da vielleicht auch von meiner inneren Einstellung nicht ganz befangen und kann auch offen sagen (der Herr M weiß das auch), dass ich so einen Stoff auch nicht machen würde. Ich finde nicht, dass es Tabus bricht, aber das Thema an sich, ist ein hochbrisanter Stoff, wo ich denke eine Menge Verantwortung zu gehört. Verantwortung nicht nur über das Thema sondern vor allem in Bezug auf das Publikum. Aus dieser Position (Sichtweise) heraus, kenne ich zufälligerweise sehr viele Produktionen über amerikanische Serienmörder - die ich für bedenklich halte. Das muss gar nicht in der Kritik von Mickey&Mallory (Natrual Born Killers) sein und gleich in einer Glorifizierung enden, sondern passiert schon, ab dem Moment wo filmische Gesetze/Richtlinien domnieren und plötzlich ist der Held deiner Geschichte ein realer Massenmörder.
Und wenn der dann eine clevere Sache macht (so real die gewesen sein kann - hast du das Publikum plötzlich auf der Seite des Menschen auf dem du es eigentlich nicht willst) - ist der Vorwurf im Raum sofort da: Wozu existiert so ein Produkt? etc. etc.

Unter dieser Betrachtung - und ich hab mir auch die Frage gestellt: Wie hättest du es gemacht (geschrieben)? (was überhaupt nicht zur Debatte steht/stand und sowieso keine Rolle spielt) - finde ich den Ansatz von Herrn M verdammt gut/vielleicht sogar brillant, ob beabsichtigt oder nicht - so unbequem, un-typisch und gefährlich in dem Punkt, wo jemand sagen (wie jetzt z.B. du Aurelin) kann: "Der ist mir definitv zu sympathisch", dass dann sein mag.

Wenn man sagt, ich will so einen Stoff in Angriff nehmen - dann halte ich diese sterile, teils dokumentarische Richtung (wir reden nur vom Buch) für den respektvollsten Umgang, denn er entzieht die voyeuristische Grundlage und trifft auch keine moralische Aussage.
Und nur unter diesem Aspekt - hat ein Stoff mit so einer Thematik für mich - persönlich - überhaupt eine Berechtigung. Irgendeiner hat eine Reszension hier geschrieben (kann das jetzt nich nachgucken) - was er dort sagt - ist deckungsgleich mit dem Gefühl was ich zu dem Drehbuch hatte. Konträr jetzt zu dem was du sagst, Aurelin, in Bezug auf die einseitige Perspektive - also diese Problematik stellte sich jetzt "uns" (also dem Reszententen und mir) nicht- aber genau das, dass es unterschiedlich wirkt und das tut es auf Grund der "Sterilität" - finde ich absolut richtig.
Also die Punkte die dir fehlten, Aurelin, in Bezug auf die Neben-Protagonisten, das war mir im Kopf.

Also auf den Punkt gebracht und da ich auch im Nachhinein und am Rande erfahren habe, dass es Diskussion über die Realisation gab und eigentlich auch auf der Seite derer bin, die das nicht gut heißen, finde ich - und die Überlegung möchte ich da auch jedem anderen Skeptiker nahelegen - ist, dass wenn das 'wenn' (über die Realisierung eines solchen Stoffes entschieden wurde) entschieden ist - ist im Sinne des Kern des Problems (Verantwortung in der Kunst) das mit Sicherheit der richtige Kurs. Auch auf die Gefahr hin - dass jemand sagt: Das ist mir hier oder da nicht intensiv genug. Intensiv im Sinne der Frontenklärung: Wer ist hier gut oder böse? - Weil das ist nicht die Grundintention des Stückes. Das ist hier kein Unterhaltungsding im 3 Akt -System.

Und selbst wenn man die Auffassung vertritt, solche Stoffe gar nicht zu machen (ich sage das eher in den Raum, falls jetzt jemand aus dieser Richtung kommt) im Sinne der Kunst-Verantwortung - dann sitzt jeder im Glashaus. Persönlich habe ich mir das mehr als überlegt und meine Entscheidung mich da noch weiter zu engagieren ist für mich da aus diesem Gedanken entsprungen. Ich kann dem Stoff nicht "einen Stein an den Kopf werfen", dafür habe ich mich in der Vergangenheit und anderen Sektoren schon selbst auf dünnes Eis gewagt und damit fehlt die Rechtfertigung einer Verurteilung.

Das würde ich gerne dem ein oder anderen Skeptiker als Gedanke nahelegen, denn ich glaube wenn man das auch in der Endkonsequenz auf sich persönlich bezieht, ist man da schnell in der Doppel-Moral-Schiene und das ist in so einem moralischen Kontext dann eher komödiant. ;) :) ...lol
Zum Cast, Dialog, Regie etc. werde ich mich mit Sicherheit nicht öffentlich äußern, wer da auf meine "unglaublich gewichtige" (<- das war Sarkasmus, ich sage das nur zur Sicherheit, da ich manchmal hier schon festgestellt habe, dass ab einer gewissen Beitragslänge gern mal lieber überflogen wird als gelesen) Meinung wertlegen mag, der denke ich würde den Kontakt zu mir suchen. :)

Aber da mich diese Gedanken, die du da auch teilweise ansprichst Aurelin, sehr beschäftigt haben - wollte ich generel darauf mal eingehen. :)

Gruß
Ryan

P.S. übrigens auch danke für die lieben worte - die mal hin und wieder in meine richtung gehen - ich finds scheiße wenn man was nettes sagt und nie ne antwort kriegt aber das ist leider das medium. fühle mich jedesmal wie ein tolles hund auf den kopf geklopft. dankeschön.;)
 
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Brandywine

Falko Diekmann
AW: Murder Documents 01: Haarmann

Ich hab´s erst einmal gehört und für fundierteres Feedback müssen da vermutlich weitere Hör-Sessions eingeplant werden; aber neutral ist die Darstellung der Figuren meinem Empfinden nach nicht.
Voyerismus "vermieden" wurde auch nicht wenn man bei den "Abschlacht" und "Ausweide"-Szenen als Hörer dabei ist.
Authentisch? OK. Voyeristisch? Ja natürlich. Was denn bitte sonst?!

Es gibt für mich als Hörer wenig an dem ich mich festhalten oder moralisch orientieren könnte.
Der Stempel "Datt is Kunst"...zieht bei mir nicht wirklich.

Davon ab isset aber wirklich schön abgemischt und macht ordentlich Stimmung. <-Dies ist kein Zynismus.
 

Herr M

Mitglied
AW: Murder Documents 01: Haarmann

Ich muß mich jetzt zu dem geschriebenen auch mal äußern. Ich möchte mich auch kurtz fassen. (nur weil ich nicht lang sitzen kann *Smile)
Es wurde ja die Darstellung der Figuren kritisiert. Ganz ehrlich hatte ich beim schreiben dazu auch so meine bedenken. Ich habe mich aber als Autor dazu entschieden sie genau so zu schreiben weil sich mir eine ganz entscheidene Frage stellte: "Wie würde Haarmann diese Situationen geschildert haben?"
Und diese Frage erstellte sich für mich als äußerst wichtig dar, weil das ganze Hörspiel im Grunde ja ein Lebenslauf (oder ein Auszug daraus) ist.
Haarmann schildert ja gewissermaßen was er sieht. Und er würde mit Sicherheit 1. kein Detail weg lassen (gegen die Orginalaussagen ist das was ich geschrieben hab ein Kinderhörspiel) und 2. Würde er sicherlich sich sellbst niemals in ein Negatives Licht stellen. Er ist von der Gesellschafft enteuscht worden und das bringt er auch zum Ausdruck. (Das kommt nicht von mir sonder war seine Ansicht. Sofern man den Aufzeichnungen glauben schenken darf)

Zur Zerstückelscene: Ganz bewusst habe ich diese Scene belassen. Und wie man bemerken konnte habe ich auch diese nur "angeschnitten". Hätte ich sie ganz weg gelassen hätte ich dem Authenzitismus eine Grundlage genommen. Es war eben so oder so ähnlich. Das es den einen oder anderen Sauer aufstoßen würde war mir vollends klar. Aber an der Geschichte ist nunmal nichts zu ändern. Alles was zu hören ist war so oder so ähnlich. (auch wenn ich mich hier wiederhole) ;)

Aber ich danke euch allen für eure Kritik. Einem Autor (und warscheinlich auch allen beteiligten) Ist es denke ich eine große Hilfe auch mal die Meinungen des Puplikums zu erhalten. Hinter der Sache steckte viel Zeit und Stress...manchmal auch wut und Herzblut ...Jedoch hat es sich schon allein dadurch geloht zu machen , weil ich sehe das es euch beschäfftigt und den einen oder anderen sogar gefallen hat ;)
Das ein oder andere kann ich mir als Autor auch für spätere Projekte mitnehmen. Danke Euch. :)


Lieben Gruß euer (wiedermal angeschlagener)
Roland
 

aurelin

Where ist online?
AW: Murder Documents 01: Haarmann

Schwieriges Thema und deshalb möchte ich den Diskussionsfaden noch mal aufgreifen, da die Posts von ROH und Herrn M noch einiges Erhellendes für mich beigetragen haben:

Ich finde es definitiv gut und mutig, sich dem Thema aus dieser Perspektive zu nähern. Allerdings ist es schwierig, in einem Hörspiel eine Innenperspektive darzustellen, wenn nicht über einen Ich-Erzähler oder ähnliche Mittel. Dass Haarman seine Wärter nur subjektiv als negativ wahrnimmt, ist in einem Hörspiel ansonsten nur schwer darzustellen. Denn man hört einfach nur, wie er behandelt wird.
Und mir stellt sich dann beim Hören die Frage, warum er so behandelt wird?
Antwort 1: weil es so war, anhand der historischen Fakten und weil die Wächter etc. für sich nur einen Mörder und Kinderschänder wahrnahmen, nicht eine auch leidende Person. Und weil sie natürlich starke negative Gefühle hatten, haben sie ihn dementsprechend behandelt.
Antwort 2: weil nur Haarman es so wahrnahm

Letztlich läuft ja eure Argumentation auf Antwort 2 hinaus. Aber gerade dann hätte ich die heftigen Szenen wirklich verkürzt werden können. Also die Szenen, die letztlich sagen: "Was auch immer in Herrn Haarmans Kopf vorgeht, letztlich bleibt er ein Mörder und Kinderschänder." Denn, auch wenn ich mich da wiederhole, so lang, wie sie sind, bleibt dieser Effekt bei mir aus. Anstatt, dass die Szenen ein größeres Verständnis für die Komplexität der Persönlichkeit Haarmans (Leidender und zugleich Leidbringender) und der Situation bringen, wurde zumindest ich als Hörer doch über eine lange zeitliche Distanz einer Beklemmung ausgesetzt, die letztlich von dem Kern, um den es euch anscheinend ging, ablenkt.

Meine persönliche Meinung zu derartigen Szenen: Ich finde es vollkommen ok, mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln, auch Schwieriges/Heftiges/Ekliges etc. darzustellen. Es bleibt für mich letztlich eine Frage der Zeitlänge. Ich habe kein Problem damit zu hören, wie jemand verbrutzelt (Hydrophobia), ein Herz rausgerissen wird (Solpicierre), Knochen zerbrechen oder was auch immer. Aber die Länge, über die so etwas dargestellt wird, die hat einen großen Einfluss auf meine Wahrnehmung. So fand ich auch bei Hydrophobia das Verbrutzeln eines der Protagonisten über 20 Sekunden einfach zu lang.
Vielleicht bin ich da ein zarteres Gemüt - aber ich sehe vor allem keinen Sinn darin, außer dem Spaß an der Darstellung und des an-die-Grenzen gehen. Und genau das hätte es bei Haarman für mich nun wirklich nicht gebraucht, denn ihr habt schon vorher eine deutliche Sprache gesprochen, was ja auch gut war!
 
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AW: Murder Documents 01: Haarmann

Ich wollte nur mal schelle vielen Dank fürs Hörspiel sagen!

Für mich hat es gut funktioniert. Die Diskussion ob Dagma nun zu doll "Eduard Zimmermann" war (nein war sie nicht) oder der Onkel Fritze nun zu lieb, stellt sich für mich nicht. Solch kranke Persönlichkeiten (nicht Dagmar!) fallen doch selten durch offensichtliche Bösartigkeit auf, sondern locken Opfer mit ihrem Verständnis oder der "Kopie" von sozialer Nähe geschickt in die Falle (siehe Totmacher). Der Aspekt der Sachwachsinnigkeit von Haarmann wird meiner Meinung nach auch nicht genüge getan. Er spielt und ist blöde, aalt sich in der Unterschätzung anderer, rächt sich weil ihm Unrecht angetan wurde und rechtfertigt sich so selbst. Also liebenswürdiger Schwachsinn als Ausgangspunkt und Lebensphilosophie - So mein Interpretation ;-D
Von daher hat Xilef schon schön an allen Registern gezogen. Wenn mir etwas fehlen könnte um klar Bezug zu nehmen, dann das Fehlen von einer gewissen Listigkeit oder "Bauernschläue" seitens von Haarmann im Verhör, die den Hörer schnell auf eine Position festgelegt hätte. Aber das Wort Dokument erscheint ja nicht zufällig im Titel, hier spielt dann wieder das Stilmittel des wertungsfreien Dokumentarischen hinein und lässt den Hörer einfach so stehen.
Dieses Stilmittel trifft dann auf den Wunsch zu unterhalten und soll dann noch die liebenswürdige Perspektive von Onkel Fritz enthalten. Ein Drahtseilakt! Für mich war nicht immer klar wo gerade was gewollt wurde (sehr selten) aber im Ganzen kann ich nur sagen, wirklich gelungen dieses Hörspiel.

Vielen Dank an alle Beteiligten ihr wart doll!
 
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AW: Murder Documents 01: Haarmann

Noch was, böse Polizeigewalt anno dazumal? Bitte ja, damals gab es noch Rohrstöcke in den Schulen...
 

ROH

Ryan
AW: Murder Documents 01: Haarmann

@Brandywine

Ich bin was verloren. Redest du mit mir? Oder ist das ein allgemeines Statement?
Wenn „ja-das ist ein allgemeines Statement“ – dann kann ich dazu nur sagen: Absolut richtig, sehe ich genau so.
<- Falls das jetzt für dich überraschend sein sollte, liegt das wahrscheinlich daran, dass du mir verständnis-technisch nicht gefolgt bist. Ansonsten: Ja. Sehe ich genau so. :)

@aurelin

Ich argumentiere gar nicht im Text (!), sondern vom Buch als Ganzes. In dem Sinne noch mal: Ich bin der festen Überzeugung deine Empfindung ist absolut gerechtfertigt und kann das absolut nachvollziehen, auch wenn ich das so sehe wie jetzt z.B. Badda. (im Gesamtbild). Von meiner persönlichen Einschätzung, brauch ich keinen Pfeil über dem Serien-Mörder. Ich bin sehr selten auf deren Seite. - Aber ich kann dir deine Bedenken nicht absprechen. - Will auch gar nicht weiter auf den Inhalt eingehen, darum ging es mir/geht es mir nicht.

Ich finde es auch sehr gut, dass du es so empfindest, bei diesen Szenen, wie du sagst. Das ist mein persönliches Anliegen an diesem Projekt von meinen Möglichkeiten die ich da hatte, dass du das so empfindest. Weil ich – rein persönlich – Verherrlichung von solchen realen Thematiken (anderes Projekt, andere Umsetzung, andere Regeln – wir reden nur von hier), mehr als skeptisch gegenüberstehe. Das ist für mich die Hauptgefahr bei so was. Sonst muss man es direkt lassen. Geht es auch anders? Klar. Hätte man auch? Ja. Bleibt dennoch die Chance eines Missverständnisses? Immer.
Jeder versucht unter der Regie und der Produktionsaufgabe im Sinne des Buches das Endziel zu erreichen, so dass am Schluss das rumkommt was rumkommen soll. – Da gibt es tausend Wege zum Ziel und man muss halt immer gucken: Okay welchen gehst du? Es gibt immer einen guten Grund warum man den geht, den man gegangen ist – gibt es auch andere? Immer.
Bessere? Ja. Schlechtere? Ja. Dat is nun mal so und wenn es um eine pissige „Länge“ geht.
Mach es anders in deinen Büchern (das ist ja eigentlich eine Buch-Sache) – ich glaube bei so was nicht an Gardemaße – ich kann dir nur erklären, warum (trotz Überlegung – logisch – da gibt es keine Zufälle) die Länge 1:1 ist wie im Buch. Halte ich sie für gerechtfertigt? Logisch – sonst hätte ich sie gekürzt. Im Punt auf Szenen-Inhalt – ich schreib eigentlich noch mal in anderen Worten, was ich oben schon gesagt habe – ist das ne Autoren-Sache - werde ich öffentlich keine Stellung zu nehmen (und hab ich oben auch nicht) – sondern erzähle das dem Autor (hier Herr M), der ganz genau weiß â€“ was ich von den Szenen, dem Stoff, der Umsetzung halte. Ich kann daher nur von dem Buch als Ganzes und vielleicht von der Technik reden und so bitte ich das auch zu verstehen. ;)

:)

Gruß
Ryan
 

aurelin

Where ist online?
AW: Murder Documents 01: Haarmann

" Bleibt dennoch die Chance eines Missverständnisses?"

Ne, meine sind erstmal ausgeräumt :)!
In jedem Fall verstehe ich jetzt die Herangehensweise einfach besser und kann sie gut annehmen. Außerdem war es die Diskussion wert, da es mich für eigene Produktionen schon interessiert, wie weit man gehen kann/sollte.
In diesem Sinne vielen Dank für den ergiebigen Austausch!
Grüße vom aurelin
 

Dagmar

I'm not weird, I'm gifted
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AW: Murder Documents 01: Haarmann

Ui, ich find das toll wie hier diskutiert wird, das ist echt cool!
 

Brandywine

Falko Diekmann
AW: Murder Documents 01: Haarmann

@Brandywine

Ich bin was verloren. Redest du mit mir? Oder ist das ein allgemeines Statement?
Wenn „ja-das ist ein allgemeines Statement“ – dann kann ich dazu nur sagen: Absolut richtig, sehe ich genau so.
<- Falls das jetzt für dich überraschend sein sollte, liegt das wahrscheinlich daran, dass du mir verständnis-technisch nicht gefolgt bist. Ansonsten: Ja. Sehe ich genau so. :)

Ich könnt mich nicht erinnern einen derart sinnfreien Satz gepostet zu haben. Wenn du ihn aber so zitierst wirst du ihn sicher irgendwo gelesen haben.

Irgendwie scheinst du Feedback/Kritik zu diesem Werk ausgesprochen persönlich zu nehmen und ich bin etwas ratlos wie ich damit umgehen soll. Am besten aber so das ich nichts mehr dazu schreibe. An einer inhaltlichen Diskussion ist dir offensichtlich nicht gelegen; Gott sei Dank habe ich kein Wort über die Technik verloren, sonst könnte ich mich ja gleich eintüten.

In diesem Sinne:

Alles toll :thumbsup:
An keiner einzigen Stelle wäre auch nur die geringste Verbesserung denkbar :thumbsup:
 

ROH

Ryan
AW: Murder Documents 01: Haarmann

Hallo Brandywine,

das ist die Antwort auf meine Rück-Frage, ob dein Beitrag sich auf meinen bezog?

Ich könnt mich nicht erinnern einen derart sinnfreien Satz gepostet zu haben.(...)
Irgendwie scheinst du Feedback/Kritik zu diesem Werk ausgesprochen persönlich zu nehmen und ich bin etwas ratlos wie ich damit umgehen soll. Am besten aber so das ich nichts mehr dazu schreibe. An einer inhaltlichen Diskussion ist dir offensichtlich nicht gelegen; (...)

Ja. - Mhm. - Ich ziehe die Frage dann für jetzt und alle Zukunft wieder zurück - ignoriere mich bitte (immer), das fänd ich sehr schön, denn so witzig das auch ist - genau so befremdlich ist es auch.

Lebe glücklich und fern. Am besten beides zu gleichen teilen. *winke

Gruß
Ryan
 

Jeln Pueskas

Michael Gerdes
Teammitglied
Sprechprobe
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AW: Murder Documents 01: Haarmann

Hallo miteinander,

nach nun so langer Zeit die zwischen dem Probehören der Vorabversion und meinem zweiten Gegenhören der endgültigen Fassung vergangen ist, wollte ich nun den Thread wieder etwas beleben :D

Haarmann ist ein Hörspiel, dass auf mich sehr intensiv eingewirkt hat. So wurde ein Mordfall aus der frühen Weimarer Republik als Thema genommen, der schon vielfach als Thema für Krimis und zeitgenössische Filme herhielt. Allerdings war die Sichtweise hier anders. Hier begab sich der Hörer auf eine bizarre Fahrt des Lebens und Handelns von Fritz Haarmann. Angefangen mit der Ausgangslage, dass Kinder Totenschädel fanden, die die Polizei auf die Spur von Haarmann brachte. Wie das genau geschah wird den Hörern ausgeblendet. Stattdessen erfährt man etwas von Haarmanns Charakter. Verstärkt wurde das durch den seltenen Gebrauch des Erzählers und die Konzentration auf die Dialoge und Selbstgespräche Haarmanns. Dadurch bleibt es dem Hörer selbst aus dem Ganzen die Schlüsse zu ziehen und zu überlegen, was Haarmann für ein Mensch war. Die Gefahr die sich aus dieser Perspektive ergibt ist jedoch, dass alle Informationen aus den Akten und Verhörprotokollen stammen. So bleibt fraglich, ob Haarmann wirklich Stimmen hörte, wie die anderen Insassen der Heilanstalt mit Haarmann sprachen. Diese sind aber für den Handlungsverlauf und das Verständnis für Haarmanns nicht entscheidend. Sie unterstreichen jedoch die Welt eines psychisch kranken Mörders, der nur eingeschränkt seine Handlung reflektieren kann. Das Skript bietet damit eine Menge Spielraum, Haarmann aus seiner Sicht zu betrachten. Weitestgehend gelingt das auch aus einem neutralen Blickwinkel heraus. Die Behandlung der Polizisten und der Menschen, denen Fritz begegnet, lassen hierzu Haarmann auch in die Opferrolle rücken.

Roland hat es mit sehr viel Fleiß, Recherche und vor allem vorsichtiger Herangehensweise geschafft eben diese Eindrücke sauber in Szene zu setzen. Zwar gab es auch hin und wieder Längen, die zwar die Atmosphäre unterstützen aber für die Handlung nicht entscheidend waren. Diese trübten aber nicht das Hörerlebnis.

Zu den Sprechern (Auszugsweise, die mir besonders auffielen): Auch wenn Felix Würgler erst im Nachhinein die Rolle des Fritz Haarmann bekam, so zeigt er hier deutlich sein können. Die Takes, die sicherlich stark von der üblichen Sprechweise abwichen ließen mir Haarmann dadurch wesentlich lebendiger werden.
Herbert Ahnen als Dr. Ernst Schulte passte in seine Rolle als gefühlsneutraler Arzt und Gesprächspartner sehr gut hinein.
Da der Schwerpunkt aus Sprechern bestand, fand ich es gut, dass eine Erzählerin den Handlungsablauf wiedergab. Dagmar passte für mich da sehr gut rein. Die langsame Sprechweise, wirkte auf mich protokolarisch. Man hatte das Gefühl eine Gerichtsdienerin liest hier ein Protokoll vor. Das hat mir in diesem Zusammenhang recht gut gefallen
Der Rest war aber auch sehr gut. Sascha Kiss und Sven Matthias als die beiden Polizisten, Ernszt Dubitzki als Insasse, Horst Kurth als Hans Grans und auch die kleinen Nebenrollen haben ihren Job super gemacht. Es gab zwar im Nachhinein ein kleiner Fehler, der mich schmunzeln ließ, weil ich ihn beim ersten Mal nicht gehört habe. So sprach ein Polizist bei "Unterm August" den August in der Betonung wie einen Monat aus und nicht wie einen Namen. Aber das nur so am Rande :)

Der Cut: Hier hatte ich beim ersten Mal Hören angemerkt, dass das Panning noch etwas unausgewogen war. Die Zuordnung der Geräusche zu der Handlung und den Personen passten nun sehr gut. Ebenso war die Geräuschauswahl und die Abmischung sehr homogen. Es brachte den Flair das jungen 20ten Jahrhunderts sehr gut herüber.

Die Musik: Tja, hier bin ich sehr zwiespältig. Zum einen unterstrich sie die ersten Szenen in ihrem Klang sehr gut. Allerdings hatte ich nicht immer das Gefühl, dass es harmonisch zur Szene war. Da die Musik dann komplett fallen gelassen wurde, hätte ich es fast vorgezogen komplett auf Musik zu verzichten oder sie weiterhin dezent einzusetzen. Die Entscheidung sie wegzulassen war grundsätzlich vertretbar, da Abmischung und Dialog in ihrer Authentizität besser herüber kamen.

Das Cover ist schön geworden. Vom Stil her eher spartanisch und inhaltlich unspektakulär vermittelt es mir die Kälte, die das Hörspiel auf mich herüber brachte. Insofern hat es seinen Zweck gut erfüllt.

Insgesamt kann man sagen, dass dem gesamtem Team hier ein sehr gutes Hörspiel gelungen ist, dass eine wahre Begebenheit wiedergibt und dabei vorsichtig die Handlung in einem Drahtseilakt zwischen Dokumentation Dramaturgie manövriert.


Viele Grüße.
 
G

Gelöschtes Mitglied 1415

AW: Murder Documents 01: Haarmann

So ich habe nun "Murder Documents 01: Haarmann" auch nachgehört.
Die Sprecher fande ich auch allesamt bis in die kleinste Nebenrolle sehr gut!
Zur Technik wurde ja sicher schon einiges gesagt (habe mir nicht alles durchgelesen). Das einzige, was mir da aufgefallen ist, ist, dass Dagmar irgendwie merkwürdig rauscht... Oder soll das ein atmosphärisches Hintergrundgeräusch hinter der Erzählerstimme sein, das ich nur nicht erkannt habe? Ansonsten ist es wirklich sehr gut geschnitten und ich habe nichts zu meckern ;)

Da ich aus dem Hannover Umland komme ist mir die Geschichte um Haarmann bekannt. Was allerdings in einigen Führungen weggelassen wird ist der Hintergrund seiner Morde, der hier sehr gut rüberkommt und ich jedenfalls einiges neues über den Menschen hinter dem Mörder lernen konnte, was mir sehr gut an dem Hörspiel gefallen hat. In Führungen hier wird Haarmann oftmals sehr spektakulär dargestellt. Das tatsächlich aber ein eher gebrochener Mensch dahinter stand, war mir gar nicht bewusst. Tolle Recherche!

Diese Hörspiel ist bildungstechnisch sicherlich ein Meilenstein! :)
 

Dagmar

I'm not weird, I'm gifted
Sprechprobe
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AW: Murder Documents 01: Haarmann

Ich rausch???? echt? *verwirrt* Hm, ich hör das nicht, aber wenn dann ist es nachträglich gemacht, weil meien Aufnahmen müssten eigentlich in Ordnung sein.. bin verwundert...
 
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