Poldi
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Maigret & Co - Die rätselhaftesten Fälle
Erster Eindruck: Zwei von fünf für den Kommissar
Wenn auf dem Titel „Die große Georges Simenon-Box“ geprangt hätte, wären viele wohl stirnrunzelnd weitergegangen (oder hätten sich weitergeklickt). Denn der Name des belgischen Autors ist bei weitem nicht so bekannt wie seine berühmteste Figur, der etwas andere Kommissar Maigret, sodass der Audio Verlag für diese Veröffentlichung seinen Namen benutzt hat. Zwei der fünf Hörspiele widmen sich auch dem Ermittler ist zwei klassischen Fällen.
Zunächst ist der Spürsinn von Maigret gefragt, als er eine ganze Serie von Einbrüchen aufklären muss, bei denen jedoch nie etwas gestohlen wird. Lange Zeit ist dabei nicht klar, wohin sich die Geschichte entwickeln wird, und auch der Charakter des gemütlichen und etwas tollpatschig wirkenden Kommissars ist hier sehr gut dargestellt. Das Ganze ist in knapp über einer dreiviertel Stunde für diese Zeit recht flott erzählt und hat dabei ein sehr angenehmes Tempo, die vielen kleinen Wendungen machen dabei einen sehr unterhaltsamen Eindruck.
Weiter geht es mit „Maigret und der Minister“, in der der Politiker Auguste Point eine Verschwörung gegen sich wittert, als ein wichtiges Dokument aus seinem Besitz verschwindet. Auch diesem Hörspiel liegt ein sehr gut durchdachtes und trickreiches Skript zugrunde, dessen Auflösung gelungen konstruiert wurde. Doch der Weg dahin ist stellenweise etwas holprig geraten, manche Dialoge sind eine Spur zu lang, doch insgesamt kann auch diese Maigret-Erzählung überzeugen.
Die letzten drei Hörspiele kommen ohne den populären Ermittler aus, „Die schwarze Kugel“ sticht dabei am meisten heraus, weil es sich weitgehend vom Genre Krimi abkehrt. Vielmehr geht es um einen Mann, der sich aus den Slums nach oben gekämpft hat, wegen einer einzigen schwarzen Kugel in der Wahlurne nicht in einen angesehenen Country-Club aufgenommen wird. Voller Eifer kämpft er um gesellschaftliche Anerkennung, was emotional und eingängig geschildert wurde. Durch einige Kniffe wird die Handlung immer wieder geschickt in eine andere Richtung gelenkt, was mich gut unterhalten hat.
„Die Brüder Rico“ ist ein Mafia-Drama, bei der Eddie unter Druck gerät, als er seinen eigenen Bruder an die Organisation verraten soll. Zwar ist sein Dilemma sehr gut geschildert und bringt einige reizvolle Gedankenspiele mit sich, wirklich mitreißen konnte mich das aber nicht. Zwar solide Unterhaltung, aber dennoch die schwächste Produktion dieser Box.
Richtig stark ist dafür „Die Ehe der Bebe Donge“, die sich um eine zerrüttete Beziehung dreht, in der die Gattin ihren Mann sogar vergiften will. In vielen Rückblenden wird auf die Beziehung geschaut, analysiert, wie es so weit kommen konnte und welche Verletzungen die Ehepartner sich im Laufe der Jahre gegenseitig zugefügt haben. Das hat mich richtig gefesselt und hatte genau die richtige Dosis Emotionen, aber auch sehr gelungene Krimielemente.
In dieser Geschichte ist Hans Paetsch als Francois, dem Ehemann von Bebe, zu hören und beweist, dass er auch schon Anfang der 50er Jahre eine sehr sonore, eingängige Stimme hatte, die er hier sehr geschickt und ausdrucksstark einsetzt. Georg Mark-Czimeg ist in der ersten Geschichte als Kommissar Maigret zu hören, er lässt den außergewöhnlichen Ermittler sehr charmant wirken und verleiht ihm eine ganz besondere Aura. Hans Christian Blech ist in der Mafia-Geschichte als Eddie Rico zu hören und verleiht seiner Rolle viel Ausdruck und kann seine Gewissensbisse authentisch darstellen. Weitere Sprecher sind Walter Sprünglin, Leopold Biberti und Herbert Stass.
Alle fünf Produktion stammen aus den Anfängen der 50er Jahre, wie in dieser Zeit üblich ist die akustische Umsetzung deswegen recht schlicht. Ein paar handgemachte Geräusche hier und da, das war es dann im Wesentlichen. Das hat seine ganz eigene Ausstrahlung, hat mir aber gut gefallen. Der Klang ist teilweise aber etwas blechern, insgesamt ist aber alles in erwartbarer Qualität.
Die Pfeife, die ein Markenzeichen des Kommissars ist, ist stilisiert auf dem Cover abgebildet, aus der drei ebenso stilisierte Rauchkringel steigen. Das wirkt modern und hübsch, was durch den schwungvollen Schriftzug ergänzt wird. Die CDs haben eine recht wackelig wirkende Hülle verpasst bekommen, die in einem einfachen Einleger die mitwirkenden Sprecher und Produzenten enthält.
Fazit: Fünf Hörspiele mit jeweils ganz anderem Ansatz. Maigret ist zwar eine tole und schillernde Figur, doch auch die drei Geschichten ohne ihn können überzeugen. Besonders gefallen hat mir dabei „Die Ehe der Bebe Donge“, welches ganz eigene Wege entwickelt. Für Krimifans eine äußerst lohnenswerte Box mit Hörspielen, die unverdient fast in der Versenkung verschwunden sind.
VÖ: 5. Mai 2017
Label: Der Audio Verlag
Bestellnummer: 978-3-86231-992-3
Erster Eindruck: Zwei von fünf für den Kommissar
Wenn auf dem Titel „Die große Georges Simenon-Box“ geprangt hätte, wären viele wohl stirnrunzelnd weitergegangen (oder hätten sich weitergeklickt). Denn der Name des belgischen Autors ist bei weitem nicht so bekannt wie seine berühmteste Figur, der etwas andere Kommissar Maigret, sodass der Audio Verlag für diese Veröffentlichung seinen Namen benutzt hat. Zwei der fünf Hörspiele widmen sich auch dem Ermittler ist zwei klassischen Fällen.
Zunächst ist der Spürsinn von Maigret gefragt, als er eine ganze Serie von Einbrüchen aufklären muss, bei denen jedoch nie etwas gestohlen wird. Lange Zeit ist dabei nicht klar, wohin sich die Geschichte entwickeln wird, und auch der Charakter des gemütlichen und etwas tollpatschig wirkenden Kommissars ist hier sehr gut dargestellt. Das Ganze ist in knapp über einer dreiviertel Stunde für diese Zeit recht flott erzählt und hat dabei ein sehr angenehmes Tempo, die vielen kleinen Wendungen machen dabei einen sehr unterhaltsamen Eindruck.
Weiter geht es mit „Maigret und der Minister“, in der der Politiker Auguste Point eine Verschwörung gegen sich wittert, als ein wichtiges Dokument aus seinem Besitz verschwindet. Auch diesem Hörspiel liegt ein sehr gut durchdachtes und trickreiches Skript zugrunde, dessen Auflösung gelungen konstruiert wurde. Doch der Weg dahin ist stellenweise etwas holprig geraten, manche Dialoge sind eine Spur zu lang, doch insgesamt kann auch diese Maigret-Erzählung überzeugen.
Die letzten drei Hörspiele kommen ohne den populären Ermittler aus, „Die schwarze Kugel“ sticht dabei am meisten heraus, weil es sich weitgehend vom Genre Krimi abkehrt. Vielmehr geht es um einen Mann, der sich aus den Slums nach oben gekämpft hat, wegen einer einzigen schwarzen Kugel in der Wahlurne nicht in einen angesehenen Country-Club aufgenommen wird. Voller Eifer kämpft er um gesellschaftliche Anerkennung, was emotional und eingängig geschildert wurde. Durch einige Kniffe wird die Handlung immer wieder geschickt in eine andere Richtung gelenkt, was mich gut unterhalten hat.
„Die Brüder Rico“ ist ein Mafia-Drama, bei der Eddie unter Druck gerät, als er seinen eigenen Bruder an die Organisation verraten soll. Zwar ist sein Dilemma sehr gut geschildert und bringt einige reizvolle Gedankenspiele mit sich, wirklich mitreißen konnte mich das aber nicht. Zwar solide Unterhaltung, aber dennoch die schwächste Produktion dieser Box.
Richtig stark ist dafür „Die Ehe der Bebe Donge“, die sich um eine zerrüttete Beziehung dreht, in der die Gattin ihren Mann sogar vergiften will. In vielen Rückblenden wird auf die Beziehung geschaut, analysiert, wie es so weit kommen konnte und welche Verletzungen die Ehepartner sich im Laufe der Jahre gegenseitig zugefügt haben. Das hat mich richtig gefesselt und hatte genau die richtige Dosis Emotionen, aber auch sehr gelungene Krimielemente.
In dieser Geschichte ist Hans Paetsch als Francois, dem Ehemann von Bebe, zu hören und beweist, dass er auch schon Anfang der 50er Jahre eine sehr sonore, eingängige Stimme hatte, die er hier sehr geschickt und ausdrucksstark einsetzt. Georg Mark-Czimeg ist in der ersten Geschichte als Kommissar Maigret zu hören, er lässt den außergewöhnlichen Ermittler sehr charmant wirken und verleiht ihm eine ganz besondere Aura. Hans Christian Blech ist in der Mafia-Geschichte als Eddie Rico zu hören und verleiht seiner Rolle viel Ausdruck und kann seine Gewissensbisse authentisch darstellen. Weitere Sprecher sind Walter Sprünglin, Leopold Biberti und Herbert Stass.
Alle fünf Produktion stammen aus den Anfängen der 50er Jahre, wie in dieser Zeit üblich ist die akustische Umsetzung deswegen recht schlicht. Ein paar handgemachte Geräusche hier und da, das war es dann im Wesentlichen. Das hat seine ganz eigene Ausstrahlung, hat mir aber gut gefallen. Der Klang ist teilweise aber etwas blechern, insgesamt ist aber alles in erwartbarer Qualität.
Die Pfeife, die ein Markenzeichen des Kommissars ist, ist stilisiert auf dem Cover abgebildet, aus der drei ebenso stilisierte Rauchkringel steigen. Das wirkt modern und hübsch, was durch den schwungvollen Schriftzug ergänzt wird. Die CDs haben eine recht wackelig wirkende Hülle verpasst bekommen, die in einem einfachen Einleger die mitwirkenden Sprecher und Produzenten enthält.
Fazit: Fünf Hörspiele mit jeweils ganz anderem Ansatz. Maigret ist zwar eine tole und schillernde Figur, doch auch die drei Geschichten ohne ihn können überzeugen. Besonders gefallen hat mir dabei „Die Ehe der Bebe Donge“, welches ganz eigene Wege entwickelt. Für Krimifans eine äußerst lohnenswerte Box mit Hörspielen, die unverdient fast in der Versenkung verschwunden sind.
VÖ: 5. Mai 2017
Label: Der Audio Verlag
Bestellnummer: 978-3-86231-992-3