Poldi

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Leonce & Lena

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Erster Eindruck: Literaturvertonung von 1958

Prinz Leonce von Popo ergeht sich in quälender Langeweile, von den immer gleichen Abläufen am Hof kann ihn nicht einmal die Liebschaft mit der hübschen Tänzerin Rosalie wirklich ablenken. Die Suche nach Abwechslung treibt den melancholischen jungen Mann. Doch als sein Vater ihm offenbart, dass eine Hochzeit für ihn arrangiert wurde, flieht er – und lernt auf seiner Reise die wunderschöne Lena kennen…

Ein Lustspiel aus dem Jahr 1836, eine dazugehörige Radiohörspielproduktion aus dem Jahr 1958 – und eine Wiederveröffentlichung im Jahr 2013: Mit „Leonce & Lena“ aus der Feder von Georg Büchner setzt der Audio Verlag seine Produktstrategie weiter fort, literarisch wertvolle, schon etwas ältere Hörstücke auf dem Markt zu bringen. Auch diesem Stück kann man eine gewisse Schwere nicht absprechen, obwohl es sich eigentlich um eine Komödie handelt. Aber schon der Einstieg fällt recht schwer, denn ein externer Erzähler ist hier nicht vorhanden. Dieser wäre beim Verständnis der Szenerie gerade zu Beginn sehr hilfreich gewesen, so muss man sich die Charakterkonstellation erarbeiten. Hier wurden die reinen Dialoge der Vorlage vertont, nicht beachtend, dass keine optischen Anreize zum besseren Verständnis geboten werden. Hat man sich aber erst einmal in die Handlung eingefunden, kann man das gebotene Schauspiel durchaus genießen. Die poetisch anmutenden, gerade am Anfang stark vertretenen Aussagen von Leonce, in der er sich über die Schwere seines Daseins auslässt, hören sich sehr gut an und haben fast schon philosophische Ansätze. Und auch die Ironie, dass sich Leonce auf der Flucht von einer geplanten Hochzeit gerade in die ungewollte Braut verliebt und diese schließlich ohne eben dieses Wissen heiratet, weiß zu unterhalten. Dabei stolpert man unwillkürlich auch über die eingebaute Gesellschaftskritik über den herrschenden, aber sich langweilenden Adel, der die hart arbeitende Bevölkerung ausnutzt. Nach überwundenen Startschwierigkeiten bietet sich hier ein durchaus unterhaltsames und kurzweiliges Hörspiel, dem ein gewisser Anspruch jedoch keineswegs abzuerkennen ist.

Die Auswahl der Sprecher ist sehr gut gelungen. Besonders positiv fällt dabei Oskar Werner in der Hauptrolle des Leonce auf, dessen verträumte, sanfte Stimme sehr volltönend ist und somit die Figur intensiv charakterisieren kann. Als sein treuer Diener Valerio ist Werner Krauß zu hören, er kann sowohl in ernsten wie auch in lockeren Szenen mit seinem markanten Klang überzeugen. Gertrud Kückelmann wiederum ist als Lena zu hören, klingt sanftmütig und legt viel Charme in ihre klare Stimme. Weitere Sprecher sind Armin Waldeck-Süßenguth, Nicole Heesters und Alma Seidler.

Das Hörspiel konzentriert sich vorrangig auf die Sprecher und die Dialoge, wie es in dieser Zeit absolut üblich war. Trotzdem lockern einige kleine Melodien das gesprochene Wort auf, meist während der Szenenwechsel. Diese sind klassisch instrumentalisiert und schaffen eine hübsche Atmosphäre. Nur wenige Geräusche sind eingebaut, was für heutige Hörgewohnheiten etwas sperrig klingt.

Ein Liebespaar, wie Leonce und Lena am Ende des Hörspiels, ist auf dem Cover zu sehen. Der Mann mit heller Maske steht dabei am linken Rand und scheint seine Angebetete mit dunkler Maske im Arm zu halten, intensiv schauen sich die beiden an. Durch den braunen Hintergrund bekommt das Cover einen sehr erdigen Ausdruck. Das Innenleben ist dafür sehr schlicht gehalten, ein einfacher Einleger hält nur die allerwichtigsten Informationen parat.

Fazit: Ein anspruchsvolles Hörspiel, das einem gerade am Anfang viel abverlangt und dem Hörer den Einstieg durch einen fehlenden Erzähler nicht gerade erleichtert. Doch die Vertonung des literarischen Werkes kann durch seinen poetischen Ausdruck und seinen kurzweiligen Verlauf dennoch überzeugen. Natürlich sollte man ein Interesse an Hörspiele dieser Art haben, dann wird man aber mit einer sehr unterhaltsamen Stunde belohnt.

VÖ: 1.August 2013
Label: Der Audio Verlag
Bestellnummer: 978-3-86231-296-2
 
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