AW: Illegale Downloads zerstören den Hörspielmarkt?
Gleich vorneweg: Ich habe es leider nicht geschafft, alle Postings von euch vorher ausführlich zu lesen (wow, ich bin ganz begeistert, dass die Diskussion so super läuft!!), aber dafür die ersten und die letzteren Posts hier.
Was illegaloe Downloads angeht, wurde es ja schon von Civok gesagt: Die sind nicht in Ordnung, nicht zu tolerieren, aber ich bin ebenfalls der Meinung, dass nur ein Bruchteil derer, die sich ein Hörspiel ziehen, es auch wirklich kaufen würden und viele sich die erste Folge wohl auch illegal runterladen, um zu schauen, ob es sich lohnt, das zu kaufen. Von daher finde ich es wirklich genial, dass zum Beispiel Ivar Leon Menger die komplette erste Darkside Park-Staffel als kostenlosen Stream zur Verfügung gestellt hat - und die Leute kaufen es dennoch, weil Qualität sich eben am Ende durchsetzt und man auch gern gute Hörspiele/Hörbücher in schicken Boxen hier stehen hat. :laechel:
Was ich als ganz großes Problem ansehe (und das ist leider ja zurzeit eine Tatsache), ist das Überangebot an Hörspielen. Ich will das nicht abwertend klingen lassen, aber es ist ja so, dass quasi "jeder" (in Anführungszeichen, weil natürlich nicht GANZ korrekt!) Hörspiele zu Hause selbst machen kann. Damit meine ich: Zumindest viele, viele mehr, als die Anzahl der Leute, die selber "mal eben" einen Film produzieren können. Da ist ein Unterschied und natürlich kommen dann auch entsprechende Qualitätsunterschiede zustande - auch im kommerziellen Bereich, das wird ja auch immer wieder bemängelt. Und dadurch herrscht nunmal ein Überangebot: Was soll ich kaufen? Eines von den vielen Hörspielen mit ausschließlich unbekannten Sprechern, je nur eine Folge draußen, Label grad gegründet, eine Serie... mh... na, ich warte erstmal ab und kaufe doch lieber die neue Drei Fragezeichenfolge. :zwinker:
Ich denke, ohne ein Klischee bilden oder aufgreifen zu wollen, dass der "Durchschnittshörspielhörer" so rangeht. Ist ja auch verständlich, denn das wurde ja auch schon gesagt: Neue, noch nicht etablierte Serien sind sowohl für den Macher als auch für den Konsumenten ein Risiko.
Und da steckt schon der nächste Punkt drin: Die Sprecher. Da wir hier durch die Arbeit beim Hörspielprojekt Kontakt zu mehreren (potentiellen) Indie-Label-Leitern haben, sind wir natürlich eher gewillt, diese Hörspiele zu kaufen, da wir viele der Sprecher kennen, die für andere halt "unbekannt" sind. Leider setzen viele auch "berühmt" gleich mit "professionell" (den Fehler habe ich früher auch gemacht, das ist einfach eine Sache der Wahrnehmung - wenn man sich nicht damit beschäftigt, dann kommt man unter Umständen zu dieser Annahme). Und Hand auf's Herz: Wer würde denn nicht mal gern zuschlagen, einfach nur weil Andreas Fröhlich mitspricht? Da weiß man, das wird gut, das kann man kaufen.
Und wenn kein Andreas Fröhlich bei ist, wird's schon schwieriger, dann überlegt man lange und WENN man das Hörspiel dann doch kauft, dann wird aber auch sehr, sehr kritisch gehört: War die Betonung des Sprechers nicht eben etwas unnatürlich? Und die Musik... naja, könnte auch eingängiger sein. Die Sounds sind auch nicht der Hammer, aber die Geschichte ist ganz nett. Aber dafür habe ich jetzt 9€ bezahlt? Naja...
Das ist noch ein weiterer Punkt: Eine Hörspielproduktion ist schätzungsweise dreimal teurer als eine Hörbuchproduktion und soll aber trotzdem am besten pro CD weit unter 10€ sein. Ein großes Label wie EUROPA schafft das natürlich mühelos, keine Frage. Aber ein kleines Label, das eine geringere Stückzahl hat?
Boxen lohnen sich für Hörspiele demnach fast gar nicht, wie mir scheint. Darum erscheinen wohl auch so wenige. Masterofclay, du hattest hier geschrieben, dass du für mehr Boxen bist. Ich finde die auch super! Mit zu den best produzierten Hörspielen (zumindest aus meiner Sicht) zählen die Hörspiele von Kai Meyer: Die Wellenläufer, Die Alchemistin, Das Wolkenvolk, Die Geisterseher (...)
Da steckt so viel Herzblut drin, da Kai Meyer selbst auch Hörspielfan ist und auf die Produktionen bestanden hat. Die meisten Sprecher sind nicht bekannt, aber trotzdem sehr professionell, es passt wie auf's Auge, geschnitten ist es super, die Musik stammt von STIL (bedarf schon keiner weiteren Worte mehr :zwinker
- Die Wellenläufer wurde als Box verkauft: 6 CDs für 30€, das macht einen Stückpreis von 5€. Wahnsinn - und trotzdem - so schreibt Kai selbst - werden seine Romane wohl vorerst nicht mehr von seinem Verlag produziert. Ich glaube also, dass sie sich nicht wirklich gut verkauft haben und das finde ich so unglaublich traurig.
Was ich sagen will: Das Bewusstsein über den Preis von Hörspielen ist aus meiner Sicht auch noch eine entscheidende Sache. Es ist schwer, unter den vielen Hörspielen DIE herauszufinden, dir wirklich ihren Preis wert sind - und das mit einem "toleranten Maßstab" - immerhin sind die Drei Fragezeichen zumindest aus meiner Sicht ja von den Sounds her auch nicht WIRKLICH herausragend, während bei neuen Hörspielproduktionen immer auf Qualität gepocht wird. Das finde ich wichtig. :laechel:
Und Fazit für Labels: Ich finde, sie sollten vor allem mehr Zeit und Energie in Promotion stecken, die Nähe zu den Fans suchen, sie mit einbeziehen, auch mal Specials anbieten - eben Social Media als Werkzeug nutzen, um sich besonders zu machen und den Hörern auch was besonderes zu bieten. Denn aus meiner Sicht wird genau das viel zu oft vernachlässigt, weil es ja auch viel Arbeit macht - aber WENN man sich auch dort so sehr reinhängt, wie bei der Produktion selbst, dann ist damit schon viel gewonnen. :laechel:
Und solche "idellen Werte" und "Geschenke" kann im Übrigen auch niemand virtuell zum Download anbieten, wenn man's richtig einstellt. Der einzig gute Weg, illegale Downloads weitesgehend zu vermeiden, ist, die Hörer dazu zu bringen, dass das Hörspiel gar nicht illegal ziehen WOLLEN, weil sie dadurch nämlich die Hälfte des Spaßes verpassen würden. Sozusagen. :zwinker: Dagegen machen kann gerade ein Indie-Label wohl nicht wirklich etwas - also Mut zur Gegenaktion!