Poldi

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Gruselkabinett - 42. Der Sandmann

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Erster Eindruck: Das Schreckgespenst der Kindheit

Seit einem schrecklichen Ereignis in seiner Kindheit fürchtet sich der junge Student Nathanael vor der Sagengestalt des Sandmannes, die in einem Bekannten seines Vaters Gestalt angenommen zu haben scheint. Als er kurz vor seiner Verlobung steht, wird dies für ihn aktueller denn je...

Etwa einen Monat nach dem eher unbekannten Zweiteiler "Northanger Abbey" führt Titania Medien in seinem hochgelobten "Gruselkabinett" mit einer recht gängigen Gruselgeschichte fort, dem Klassiker "Der Sandmann" von E.T.A. Hoffmann. Wie so oft in den Werken der Schauerromantik steht auch hier ein junger Student im Mittelpunkt, in Briefen an seinen Freund Siegmunderfährt man von seiner Kindheit. Schon allein dieser Teil vereint gekonnt Mystik und Spannung, wie sie so typisch für die Reihe ist. Das Schreckgespenst des Sandmannes, das Gestalt in dem widerwärtigen Copellius annimmt, wird Furcht einflößend geschildert, sodass sich der Grusel von Nathanael leicht auf den Hörer überträgt. Nach diesem Abschnitt folgt ein relativ harter Schnitt, der zu einem anderen Teil der Geschichte führt. Dort wendet sich Nathanael von seiner Verlobten Clara ab, um mit der merkwürdigen Olimpia ein enges Verhältnis einzugehen. Der dadurch bei Nathanael beginnende Wahnsinn, Copelius' erneutes Auftauchen und viele weitere Elemente lassen auch diesen Teil sehr kurzweilig erscheinen. Und siehe da: Das Gruselkabinett ist wieder richtig gruselig. Und zwar (fast) ganz ohne Schauergestalten, sondern wieder durch menschliche Abgründe und aufkeimenden Wahnsinn. Ein Hörspiel, dass wieder richtig fesseln kann!

Hervorragend ist auch wieder die Sprecherauswahl, die mit hervorragenden Stimmen aufwarten kann. Marius Clarén ist in der Hauptrolle des Nathanael zu hören und kann mit anfangs fester, später immer labilerer Stimme den aufkeimenden Wahnsinn des jungen Mannes sehr überzeugend darstellen und glänzt in jeder einzelnen Szene. Roland Hemmo kann als Coppellius wieder eine finstere Rolle in Anspruch nehmen und beweist einmal mehr, dass er ein eindrucksvolles Talent hierfür hat. Sehr überzeugend ist auch Polonca Olszak - mir bis dato völlig unbekannt - in der anspruchsvollen Rolle der Olimpia, die sie hervorragend meistert. Weitere Sprecher sind Wilfried Herbst, Tanya Kahana und Henri Färber - sehr glaubhaft als junger Nathanael.

Über die hohe Qualität von Musik und Geräuschen konnte man sich in den vorigen 41 Folgen schon überzeugen, auch kann die Geschichte stimmungsvoll untermalt werden. Eine der Schlüsselszenen ist Olimpias Operngesang, der dem Hörspiel eine ganz besondere Atmosphäre verleiht und mit dem eingeschobenen Dialogen sehr gut inszeniert wurde.

Auf der Cover Illustration sind gleich die wichtigsten Themen der Geschichte zusammengefasst, eine menschliche Puppe und herausfallende Augen. Beim Betrachten hat es eine außergewöhnliche Wirkung, die sich deutlich von den oft romantisch verklärten Zeichnungen der Serie unterscheidet. Das Innere ist wieder recht schlicht. Schade, dass die Trackauflistung hinter der CD für Werbung weichen musste.

Fazit: Verschiedene Themen spielen hier ineinander, der im Wahnsinn der Hauptfigur endet. Eine sehr spannende und atmosphärische Umsetzung des Klassikers.

VÖ: 28. Mai 2010
Label: Titania Medien
Bestellnummer: 978-3-7857-4269-3
 
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