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Die Enthüllung (Mario Vargas Llosa)

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Erster Eindruck: Bitterböse Abrechnung mit Presse und Politik

Der Peruaner Enrique Cardenas hat sich ein erfolgreiches Unternehmen aufgebaut und führt eine ruhige, aber glückliche Ehe. Beides steht auf der Kippe, als Reporter Rolando Garro der Zeitung „Enthüllung“ Fotos zugespielt werden, die Cardenas bei einer Orgie zeigen, die bereits einige Jahre zurückliegt. Trotz des Versprechens, nichts davon an die Öffentlichkeit dringen zu lassen, stellt Garro bald einige Forderungen...

Literatur-Nobelpreisträger Mario Vargas Llosa legt mit seinem neuen Roman „Die Enthüllung“ einen Politthriller vor, in dem er viele reale Figuren und Ereignisse einfließen lässt und dabei auch die gesellschaftliche Situation darstellt – aus seiner Sicht und mit viel Unmut über die dortigen Umstände, was immer wieder durchklingt. Der Hörverlag hat das Hörbuch von Hanns Zischler einsprechen lassen und dieses zeitgleich mit dem Roman auf den Markt gebracht. Neben dem oben beschriebenen Hauptthema hat der Autor aber noch einige Nebenarme einfließen lassen, die sich um das Privatleben seines Protagonisten und dessen Frau drehen, sodass ein recht umfassendes Bild von Cardenas Leben Ende der 1990er Jahre gezeichnet wird. Schnell kann er die Hörer auch in die dichte Atmosphäre der Geschichte hineinziehen, die durch Korruption und Skrupellosigkeit gekennzeichnet ist. In diesem Umfeld entwickelt er eine Geschichte, die durchaus Spannung erzeugen kann und mit einigen gelungenen Wendungen aufwartet. Dabei geht er äußerst destruktiv vor und lässt kaum ein gutes Haar an seinen Charakteren. Das ist nicht immer sehr subtil, manchmal geht er mit zu offensichtlich und schwarz-weiß-malerisch vor, insgesamt ist aber ein anspruchsvoller Thriller mit einer eingängigen Thematik und einer dichten Kulisse entstanden, dem man sich allerdings sechseinhalb Stunden recht aufmerksam widmen muss, was manchmal etwas anstrengend sein kann. Die Kürzung der Handlung ist dabei recht behutsam vorgenommen worden, Logiklücken oder überhastete Entwicklungen sind nicht festzustellen.

Hanns Zischler wurde als Sprecher des Hörbuches ausgewäht und überzeugt mit seiner tragenden, eingägigen Stimme, die er sehr variabel und zielgerichtet einsetzt. Damit kann er die düstere Szenerie sehr gekonnt treffen und zur Geltung bringen, wobei er den Spannungsbogen des Romans gekonnt nachzeichnet und kleine Akzentpunkte setzt. In der wörtlichen Rede hält er sich eher zurück, verändert nur leicht seinen Klang, und dennoch wirken alle Figuren authentisch und glaubhaft. Eine sehr solide und lobenswerte Leistung!

6 CDs fasst die Hörfassung, unterbegracht sind diese in einfachen Plastiklaschen, die gemeinsam in einem dicken und stabilen Pappkarton lagern, darin allerdings auch wegen der geringen Dicke ziemlich klappern. Geziert wird das Cover von dem Bild, das auch bei der Romanvorlage verwendet wurde und die schwarz-weiß Fotografie eines Paares zeigt. Die hübsche Aufmachung im Stile einer alte Zeichnung findet sich auch in dem beiliegenden Booklet wieder.

Fazit: Der Nobelpreisträger rechnet hier mit einer korrputen und eiskalten Gesellschaft ab und schafft dafür sehr plakative Charaktere in einer spannenden Handlung, die sich immer weiter zu steigern weiß. Das ist anspruchsvoll und manchmal etwas anstrengend, was aber durch die gelungene Lesung von Zischler abgemildert wird.

VÖ: 11.Oktober 2016
Label: Der Hörverlag
Bestellnummer: 978-3-8445-2355-3
 
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