Poldi
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- #1
Themenstarter/in
Der Mentor
Erster Eindruck: Alternder Schriftsteller und aufstrebendes Talent
Eine Kulturstiftung hat den gealterten Schriftsteller Benjamin Rubin, dessen erstes und erfolgreichstes Stück Pflichtlektüre in der Schule ist, mit dem aufstrebenden Jungtalent Martin Wegner zusammengebracht, um an dessen neuen Stück zu feilen. Beide scheinen jedoch nicht sonderlich glücklich mit diesem Arrangement, sodass es unvermeidlich zu den ersten Spannungen kommt...
Daniel Kehlmann hat sein neues Bühnenstück „Der Mentor“ getauft und schreibt darin über seine eigene Zunft, über zwei Schriftsteller, einer alteingessesen, ein anderer momentan angesagt. Nach der Theaterpremiere folgte auch ein Radiohörspiel, das nun beim Audio Verlag veröffentlicht wurde. Gerade einmal vier Personen kommen in diesem dialoglastigen Hörspiel vor, und gerade deshalb dringt Kehlmann so tief in sie ein: Benjamin Rubin als recht arroganter Altstar des Theaters, vergrämt, dass seine Stücke nur noch als Reclam-Hefte existieren, seine eigenen Witze gebetsmühlenartig wiederholend, immer im Mittelpunkt stehen wollend. Im Gegensatz dazu Martin Wegener, der die aktuelle Kunstszene durchschaut und überall nur Oberflächlichkeit sieht, trotz großem Erfolg unsicher in seinem Tun. Als Randfiguren Martins Frau Gina, die vom Werk ihres Mannes nicht viel hält und sich mit Gedankenlosigkeit entschuldigt sowie Stiftungsmitglied Wangenroth (mit th) als Vermittler und enthusiastischer Kunstliebhaber. Doch es steckt noch mehr in „Der Mentor“, es wird die Frage nach der Bewertbarkeit von Kunst gestellt, es werden Beziehungen hinterfragt, und es zeigt sich, dass Geld doch über alles geht. Das ist bitter-böse geschildert, von feinem Humor durchzogen und hört sich trotz des ungewöhnlichen Themas sehr kurzweilig. Ein sehr gelungenes Projekt, dem ich – ganz subjektiv - meine volle Sympathie ausspreche.
Die vier Sprecher sind hervorragend ausgesucht und Treffen das Innerste ihrer Charaktere. Besonders im Gedächtnis bleibt dabei Franz Xaver Kroetz als Benjamin Rubin, der ebenso sanft und charmant wie raubeinig und arrogant klingen kann, mit scharfer Stimme verletzt und mit weichem Klang umschmeichelt. Ilja Richter spricht Erwin Wangenroth mit viel Enthusiasmus, Energie und setzt trotz seiner eher kleinen Rolle gekonnte Akzente. Christoph Bach ist als Martin Wegner zu hören, er kann besonders die Selbstzweifel, das Aufbäumen gegen die eigene Mittelmäßigkeit sehr treffend darstellen. Stephanie Schönfeld kann als Gina Wegner mit ihrem prägnanten Klang und ihrer sehr treffenden Umsetzung ihres Charakters überzeugen.
Das Hörspiel ist sehr sparsam umgesetzt, sodass der Charakter eines Theaterstücks erhalten bleibt. Musik ist nicht zu hören, nur einige Geräusche sind zu hören, um einige Vorgänge verständlicher zu machen. So konzentriert sich alles auf die Sprecher, sodass diese noch mehr im Vordergrund stehen und mit ihren vielfältigen Stimmungen für die notwendige Atmosphäre sorgen.
Franz Xaver Kroetz ist auf dem Cover porträtiert, er schaut seitlich in die Kamera und blickt reichlich ernst drein, das schwarz-weiße Foto vor dunklem Hintergrund passt sehr gut zu der Figur den Benjamin Rubin. Die restliche Gestaltung ist sehr schlicht gehalten, lediglich der Platz hinter der CD wird von dem Foto einer alten Villa in einem weitläufigen Park eingenommen und gibt so einen Eindruck von dem Schauplatz des Geschehens.
Fazit: Scharfsinnig und scharfzüngig wird das Aufeinandertreffen zweier Schriftstellergenerationen inszeniert, beide egoman und engstirnig, beide offenbaren im Laufe der Zeit wenig Respekt voreinander. Das Durchleuchten der Charaktere, die sich verändernden Beziehungen und die Frage nach dem Sinn von Kunst sorgen für ein herausragendes Stück, das mich in seinen 57 Minuten gefesselt hat.
VÖ: 1.Februar 2015
Label: Der Audio Verlag
Bestellnummer: 978-3-86231-506-2
Erster Eindruck: Alternder Schriftsteller und aufstrebendes Talent
Eine Kulturstiftung hat den gealterten Schriftsteller Benjamin Rubin, dessen erstes und erfolgreichstes Stück Pflichtlektüre in der Schule ist, mit dem aufstrebenden Jungtalent Martin Wegner zusammengebracht, um an dessen neuen Stück zu feilen. Beide scheinen jedoch nicht sonderlich glücklich mit diesem Arrangement, sodass es unvermeidlich zu den ersten Spannungen kommt...
Daniel Kehlmann hat sein neues Bühnenstück „Der Mentor“ getauft und schreibt darin über seine eigene Zunft, über zwei Schriftsteller, einer alteingessesen, ein anderer momentan angesagt. Nach der Theaterpremiere folgte auch ein Radiohörspiel, das nun beim Audio Verlag veröffentlicht wurde. Gerade einmal vier Personen kommen in diesem dialoglastigen Hörspiel vor, und gerade deshalb dringt Kehlmann so tief in sie ein: Benjamin Rubin als recht arroganter Altstar des Theaters, vergrämt, dass seine Stücke nur noch als Reclam-Hefte existieren, seine eigenen Witze gebetsmühlenartig wiederholend, immer im Mittelpunkt stehen wollend. Im Gegensatz dazu Martin Wegener, der die aktuelle Kunstszene durchschaut und überall nur Oberflächlichkeit sieht, trotz großem Erfolg unsicher in seinem Tun. Als Randfiguren Martins Frau Gina, die vom Werk ihres Mannes nicht viel hält und sich mit Gedankenlosigkeit entschuldigt sowie Stiftungsmitglied Wangenroth (mit th) als Vermittler und enthusiastischer Kunstliebhaber. Doch es steckt noch mehr in „Der Mentor“, es wird die Frage nach der Bewertbarkeit von Kunst gestellt, es werden Beziehungen hinterfragt, und es zeigt sich, dass Geld doch über alles geht. Das ist bitter-böse geschildert, von feinem Humor durchzogen und hört sich trotz des ungewöhnlichen Themas sehr kurzweilig. Ein sehr gelungenes Projekt, dem ich – ganz subjektiv - meine volle Sympathie ausspreche.
Die vier Sprecher sind hervorragend ausgesucht und Treffen das Innerste ihrer Charaktere. Besonders im Gedächtnis bleibt dabei Franz Xaver Kroetz als Benjamin Rubin, der ebenso sanft und charmant wie raubeinig und arrogant klingen kann, mit scharfer Stimme verletzt und mit weichem Klang umschmeichelt. Ilja Richter spricht Erwin Wangenroth mit viel Enthusiasmus, Energie und setzt trotz seiner eher kleinen Rolle gekonnte Akzente. Christoph Bach ist als Martin Wegner zu hören, er kann besonders die Selbstzweifel, das Aufbäumen gegen die eigene Mittelmäßigkeit sehr treffend darstellen. Stephanie Schönfeld kann als Gina Wegner mit ihrem prägnanten Klang und ihrer sehr treffenden Umsetzung ihres Charakters überzeugen.
Das Hörspiel ist sehr sparsam umgesetzt, sodass der Charakter eines Theaterstücks erhalten bleibt. Musik ist nicht zu hören, nur einige Geräusche sind zu hören, um einige Vorgänge verständlicher zu machen. So konzentriert sich alles auf die Sprecher, sodass diese noch mehr im Vordergrund stehen und mit ihren vielfältigen Stimmungen für die notwendige Atmosphäre sorgen.
Franz Xaver Kroetz ist auf dem Cover porträtiert, er schaut seitlich in die Kamera und blickt reichlich ernst drein, das schwarz-weiße Foto vor dunklem Hintergrund passt sehr gut zu der Figur den Benjamin Rubin. Die restliche Gestaltung ist sehr schlicht gehalten, lediglich der Platz hinter der CD wird von dem Foto einer alten Villa in einem weitläufigen Park eingenommen und gibt so einen Eindruck von dem Schauplatz des Geschehens.
Fazit: Scharfsinnig und scharfzüngig wird das Aufeinandertreffen zweier Schriftstellergenerationen inszeniert, beide egoman und engstirnig, beide offenbaren im Laufe der Zeit wenig Respekt voreinander. Das Durchleuchten der Charaktere, die sich verändernden Beziehungen und die Frage nach dem Sinn von Kunst sorgen für ein herausragendes Stück, das mich in seinen 57 Minuten gefesselt hat.
VÖ: 1.Februar 2015
Label: Der Audio Verlag
Bestellnummer: 978-3-86231-506-2