Poldi

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Der Menschenmacher

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Erster Eindruck: Bedrückendes Thema, wirres Ende

David wächst mit seinen Geschwistern Allison und Charlie bei ihrem Adoptivvater auf, den sie nur „Dad“ nennen dürfen. Immer wieder stellt er sie vor unlösbare Aufgaben, um sie später in aller Härte zu bestrafen. Diese grausame Methode nennt er „evolvieren“ und will die drei damit zu besseren Menschen erziehen. 20 Jahre später erhält David einen Brief mit einem einzigen Wort – Evolviere...

Cody McFayden ist bekannt für seine oftmals recht blutigen Thriller, in „Der Menschenmacher“ hat er jedoch einen ganz anderen Weg eingeschlagen und ein ebenso ernstes wie anspruchsvolles Thema gewählt: Die Misshandlung von Kindern. Die Szenen, in denen „Dad“ seine Adoptivkinder bestraft, demütigt und quält sind in aller Heftigkeit dargestellt und nichts für schwache Nerven. Es ist beklemmend zu hören, welchen schrecklichen Ereignissen sich die drei jungen Kinder aussetzen müssen und was sie dabei empfinden, aber auch ihr Überlebenswille wird herausgearbeitet – sie wollen „Dad“ töten. Diese Szenen in der Vergangenheit werden nicht chronologisch weiter erzählt, sondern werden zwischen die Szenen aus der Gegenwart geschoben. Nur zusammen erschließt sich deren Sinn und die ganze Geschichte, was ebenso fesselnd wie anspruchsvoll ist. Dieser Spannungsbogen ist ein ganz anderer und deutlicher dem Genre Thriller zuzuordnen, die Darstellung der Charaktere nimmt hier viel Raum ein und sorgt für interessante Sequenzen. Der Verlauf ist mit einigen Stolperern flüssig, erfordert wegen der häufigen Wechsel zwischen den beiden roten Fäden aber einiges an Aufmerksamkeit. Das Ende jedoch fällt deutlich ab und offenbart ein riesiges Komplott, bei dem die Leiden der drei Kinder unterzugehen drohen, diese schreckliche Intimität zwischen Täter und Opfer stören. Hier wird der gesamte Roman noch einmal auf den Kopf gestellt, der wahre Menschenmacher enthüllt – und an Glaubwürdigkeit verloren. Ein gewöhnungsbedürftiges Hörbuch, das mit den schockierenden Darstellungen aus Davids Kindheit starker Tobak ist.

Der bekannte Schauspieler Hannes Jaenicke liest den Roman und wählt eine eher ruhige Art, um die Beklemmung der Geschichte noch weiter Raum zu geben und viel im Kopf des Hörers abspielen zu lassen. Oft schafft er durch leise Nuancen in seiner Stimme eine fast greifbare Bedrohung , die sich intensiv auf den Hörer überträgt. Die Differenzierung zwischen den beiden Zeitebenen hätte allerdings besser abgetrennt werden können.

Während der gelesenen Worte ist keine Musik zu hören, hier steht Jaenickes Stimme klar im Vordergrund und sorgt allein für die nötige Atmosphäre. Allerdings sind zwischen einigen Übergängen zwischen den Kapiteln kleine Melodien eingebaut, die die bedrückende Stimmung des Romans einfangen und eine klarere Gliederung erlauben.

Die sechs CDs befinden sich in einem ansprechend gestalteten Digipack, sie werden von Papplaschen auf dem Hintergrund gehalten. Die notwendigen Produktionsdaten und kleine Infos zu McFayden und Jaenicke sind hier zu finden. Die von weißen Strichen durchbrochene graue Fläche ist aus dem Cover übernommen worden, das das zerrissene Foto eines intensiv schauenden Mannes zeugt. In das die Schriftzüge integriert sind.

Fazit: Die Erzählweise mit den beiden Handlungen ist gelungen und spannend erzählt, das Thema und insbesondere die Auflösung allerdings doch Geschmackssache.

VÖ: 18.Februar 2011
Label: Lübbe Audio
Bestellnummer: 978-3-7857-4448-2
 
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