Poldi

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Das Phantom des Alexander Wolf

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Erster Eindruck: Ein Mord und seine Folgen…

Als 16-jähriger erschießt ein Weißgardist im russischen Bürgerkrieg einen Soldaten, eher aus Reflex denn aus wirklicher Notwehr. Jahre später verdient er sein Geld als Gelegenheitsjournalist in England, und hier wird er gnadenlos mit seiner Vergangenheit konfrontiert. Denn er liest die Geschichte eines Alexander Wolf, die deckungsgleich mit den damaligen Ereignissen zu sein scheint – und die alten Dämonen des Mannes kommen wieder hervor…

Im Jahr 2013 hat der mdr in Zusammenarbeit mit dem Deutschlandfunk ein interessantes und hörenswertes Hörspiel produziert: „Das Phantom des Alexander Wolf“ nach dem gleichnamigen Roman des russischen Autors Gaito Gasdanow. Hier wird aus der Sicht eines – übrigens namenlosen – Mannes erzählt, der sich mit dem einschneidenden, traumatischen Erlebnis in seine Jugend auseinandersetzen muss. Anfangs steht die zentrale Szene, auf der alles aufbaut. In intensiver, aber schlichter Wortwahl wird der Tod des fremden Mannes geschildert, die Wirkung auf den noch Minderjährigen treffend erfasst. Der Einstieg hat genügend Ausstrahlungskraft, um den Rest der Handlung zu bestimmen und im Gedächtnis zu bleiben. Danach folgt ein kleiner Zeitsprung von einigen Jahren und zeigt die Hauptfigur im Erwachsenenalter. In Gesprächen und Gedankenauszügen werden die Auswirkungen des Vorfalls geschildert, der den jungen Mann die losgelassen und immer verfolgt hat. Die Handlung hangelt sich langsam an der Entdeckung der Geschichte des Alexander Wolf entlang, an dem Schock, den Ereignissen erneut zu begegnen, dem Feuereifer, der ihn die Hintergründe des Autors aufdecken lassen wollen. Mit eingebaut ist eine Liebesgeschichte, die sich jedoch sehr organisch einfügt und einen engen Bezug zum eigentlichen Thema hat, von dieser stark beeinflusst wird. Alles fügt sich bestens zusammen und gibt einen tiefen Einblick in die Seele eines von Phantomen geplagten Mannes, was noch in einer ansprechenden Handlung mit einem sehr gut erzählten, intensiven Ende abgeschlossen wird.

Sebastian Blomberg spricht die Hauptrolle und bestimmt damit den weitaus größten Teil des Hörspiels, neben den Dialogen gibt er als Erzähler auch einen Überblick über die Geschehnisse und vertieft dessen Gedankenwelt. Mit prägnanter und präziser, aber dennoch gefühlsbetonter Stimme meistert er dies hervorragend, besonders der sich steigernde Schrecken des Mannes im Laufe der Handlung kann durch ihn erlebbar gemacht werden. Wolfgang Michael ist als Alexander Wolf zu hören, sein markanter Klang kann diese Rolle sehr präsent wirken lassen und einen starken Charakter formen. Valery Tscheplanowa spricht Jelena Nikolajewna, in die sich der Protagonist verliebt. Ihre helle Stimme passt sehr gut in die Handlung und kann ein sanftes, aber ebenso bestimmtes Wesen formen. In Nebenrollen sind Helmut Krauss und Gerd Wameling zu hören.

Das Thema ist ein sehr sensibles, und so wurde auch das Hörspiel umgesetzt. Effekthascherei oder hochtrabende Musik ist hier nicht zu finden, dafür wurden kleine, leise Melodien eingebaut, die Daniel Dickmeis extra für diese Produktion geschaffen hat. So liegt die Aufmerksamkeit voll auf den Dialogen, und dennoch wurde eine stimmige und passende Atmosphäre geschaffen.

Autor und Titel des Hörspiels werden in schlichten Lettern auf weißem Grund präsentiert, als Hintergrundbild wurde die Fotografie eines Mannes gewählt, der intensiv in die Kamera schaut, hinter ihm ein weiteres, halb verborgenes Gesicht. Das Innere des schlichten und ansehnlichen Digipacks ist hübsch gestaltet und enthält kleine Informationen zu zahlreichen Mitwirkenden sowie eine überraschend ausführliche Biographie zum Autor, in der sich Motive des Hörspiels wiederfinden lassen.

Fazit: Die erste Szene setzt einen prägnanten Startpunkt, von dem der weitere Verlauf ausgeht. Immer wieder wird sich hierauf bezogen, auch die Liebesgeschichte ist involviert. Die Gefühlswelt des jungen Mannes wird gefühlsbetont und realistisch geschildert, sodass ein starker und präsenter Eindruck bleibt. Ein sehr gutes Hörspiel mit Anspruch.

VÖ: 10.Februar 2014
Label: Der Hörverlag
Bestellnummer: 978-3-8445-1170-3
 

Ohrwell

Hell-E-Barde
AW: Das Phantom des Alexander Wolf

Der Roman soll sehr gut angekommen sein, mal sehen ob die Hörspielumsetzung da mitziehen.
 
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