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Das letzte Land (Svenja Leiber)

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Erster Eindruck: Lebensdrama eines Musikers

Ruvens musikalische Begabung wird eher durch Zufall entdeckt und macht ihn in dem kleinen Dorf schnell zu einem Außenseiter. Doch immer weiter verliert er sich in dem Spiel der Töne seiner Geige, die er sogar in bunten Farben sehen kann. Als sein Vater ihn schließlich verstößt und er sich in der Stadt einem jüdischen Musiklehrer und dessen Tochter anschließt, werden die Nazionalsozialisten bereits immer stärker...

Svenja Leibers „Das letzte Land“ ist knapp einen Monat nach der Buchveröffentlichung auch im Programm des Audio Verlages als Hörbuch erschienen, gelesen wird dieses von Burghardt Klaußner. Leiber wählt eine Sprache, die ungewöhnlich ist und in die man sich erst einmal hereinfinden muss. Sie erzählt im Präsenz und verwendet mal blumige, poetische Worte, nutzt diese für sinnliche Beschreibungen, dann wiederum wirken die Sätze knapp auf das Wesentliche beschränkt, hart in der Realität angekommen. Das sind Gegensätze, die sich nicht immer einfach vereinen lassen, aber sehr gut zu Hauptfigur Ruven passen, der ebenso zwischen Poesie und Realität schwankt. Ich fand dies zum Hören recht anstrengend, da man sich immer wieder auf die verschiedenen Stile anpassen muss, die oft von Satz zu Satz wechseln, doch die wunderbaren Beschreibungen von Ruvens Sinn für die Musik entlohnen dies. Dabei wird Ruvens ganze Lebensgeschichte erzählt, von seiner Kindheit bis ins hohe Alter. Einige Stationen werden dabei sehr genau beleuchtet, beispielsweise die Szenen mit seinem jüdischen Lehrer und die daraus resultierenden Konflikte, während anderes nebenbei abgehandelt wird, darunter auch zahlreiche Momente, die ich gern intensiver miterlebt hätte. Das einschneidendste Erlebnis von Ruven, der zweite Weltkrieg, ist eine krasse Zäsur in dem Buch, setzt andere Vorzeichen, verändert und verschiebt stark, was sehr eindrucksvoll und nahbar geschildert wurde. Ich habe dieser ungewöhnlichen Lebensgeschichte gern gelauscht, doch einige Stolpersteine haben mich aus der Konzentration auf Ruven gerissen, sodass ich nur schwer wieder herein gefunden habe.

Burghardt Klaußner beweist hier einmal mehr, welche verschiedenen Facetten seine Stimme annehmen kann und zeigt sich hier als Idealbesetzung für die anspruchsvolle Lesung. Er trifft immer genau den richtigen Ton, verleiht seiner Stimme mal einen sanften Klang, mal einen harten Unterton und lässt die expressive Wortwahl der Autorin so auch in seiner Stimme wiederfinden. Mir gefällt, wie er sich an die verschiedenen Atmosphären anpasst und auch die Wandlung, das Erwachsenwerden von Ruven erlebbar macht.

Auf dem schlichten Cover beherrscht Tristesse die Stimmung, eine fast schon depressive Stimmung wird verbreitet. Ein schmutziger Sandton ist die Grundfarbe, angedeutete Landschaft und Wolken werden jedoch von der kahlen Baumgruppe beherrscht, die sich schwarz in den Vordergrund drängen. Im Inneren des mehrfach aufklappbaren Digipacks finden sich neben den üblichen Infos zu Sprecher und Autorin noch zahlreiche Zitate aus dem Roman.

Fazit: Ein Roman, mit dem ich nicht an allen Stellen so richtig warm geworden bin. Poetische Zwischentöne und die stark dargestellte Entwicklung von Ruven werden durch einige zu kurz geratene Momente und eine wechselhaft verwendete Sprache beeinträchtigt. Einige sehr starke Momente sorgen dann aber dafür, dass man sich völlig in die Geschichte hineindenken kann.

VÖ: 1.April 2014
Label: Der Audio Verlag
Bestellnummer: 978-3-8623-1358-7
 
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