Poldi

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Clockwork Orange

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Erster Eindruck: Kein Hörspiel zum Film, sondern eigenständig

Gewalt beherrscht das Leben von Alex und seiner Gang, die ihre Stärke gern an wehrlosen Leuten demonstrieren. Doch eines Tages stirbt eines der Opfer, und Alex wird zu einer hohen Gefängnisstrafe verurteilt. In einer Therapie mental gebrochen kommt er bald darauf wieder auf freien Fuß – und begegnet einigen seiner Opfer, dieses mal ganz allein...

Clockwork Orange hat insbesondere in seiner Verfilmung für Furore gesorgt, doch auch als Hörspiel wurde der Roman von Anthony Burgess schon umgesetzt. Federführend war der mdr im Jahr 1995, der Wolfgang Rindfleisch als Regisseur verpflichtet hat. Die Geschichte ist – wie das Arrangement – verstörend und vielschichtig. Zunächst bekommen wird die Grundlage, die Ausgangssituation präsentiert, in der Alex seinen Gewaltausbrüchen und dem Leben mit Drogen und Sex frönt. Diese Zeit ist auch wahrlich nötig, nicht nur um die Charaktere kennen zu lernen, sondern auch, um sich an den ungewöhnlichen Ausdruck des Hörspiels zu gewöhnen. Die Geschichte in der Zukunft angesiedelt (zumindest zum Zeitpunkt des Entstehen des Romans), völlig neue Vokabeln und Ausdrücke stören ein wenig das Hereinfinden in die Geschichte. Zudem wirkt alles etwas collagenhaft und unzusammenhängend, ein Element, das sich durch das gesamte Hörspiel zieht. Der Umbruch in Alex' Leben, der mit seiner Verhaftung beginnt, wird in seiner ganzen Tragweite dargestellt, kommt aber wegen des künstlerischen Ausdrucks nicht ungefiltert beim Hörer an und wird eher verfremdet. Das muss man mögen und ist sicherlich nicht für die breite Masse bestimmt, sondern vielmehr ein Liebhaberstück.

Die Sprecher sind gut besetzt, auch in den Nebenrollen, wobei sich das meiste natürlich um Martin Olbertz als Alex dreht. Seinen frühen Sadismus kann er ebenso gekonnt umsetzen wie die spätere Wandlung, die er glaubwürdig vollzieht. Nur stellenweise wirkt er etwas zu gedämpft. Winfried Glatzeder ist als Alexander zu hören, auch seine markante Stimme kann überzeugen und wirkt intensiv auf den Hörer. Peter W. Bachmann ist als Dim zwar in keiner sonderlich großen Rolle zu hören, diese setzt er aber mit großer Professionalität um. Weitere Sprecher sind Thomas Rudnick, Wolfgang Winkler und Ellen Hellwig.

Zuständig für die Komposition ist Trötsch. Gewählt wurde eine ganz spezielle Richtung, die das Ungewöhnliche, aber auch Harte und Brutale der Geschichte untermalt und ihr auf vielfältige Weise Ausdruck verleiht. Hier passt alles gut zusammen und geht auch mit den eingebauten Geräusche eine enge Symbiose ein, sodass alles sehr stimmig wirkt.

Ein Motiv aus dem Film Clockwork Orange wurde als Cover gewählt, um dessen Popularität zu nutzen. Im krassen Gegensatz zu dem Foto in Sepia steht der dicke Titel in Orange, welches sich auch durch die restliche Aufmachung zieht. Zusätzliche Informationen sucht man hier leider wieder vergeblich, lediglich ein Foto von Sprecher Winfried Glatzeder ist auf der Rückseite zu sehen.

Fazit: Anspruchsvoll, von Gewalt durchzogen, experimentell. Clockwork Orange ist alles andere als Massenware.

VÖ: 1.März 2012
Label: Der Audio Verlag
Bestellnummer: 978-3-86231-158-3
 
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