AW: Wer hat Lust, lokale Hörspiele zu produzieren und laufend Geld damit zu verdienen
Es wird so sein, dass in fünf Jahren über unsere heutige Diskussion, die ich durchaus für richtig halte, gelacht wird.
Hi Wohnamp,
ich hab' über diesen Satz schon herzlich gelacht - aber nicht aus Hohn sondern - weil er wirklich naiv ist und weil sowas wirklich "typisch" Techniker ist. Eigentlich hat dir der Dr.Markuse schon im zweiten Post in diesem Thread - den Problempunkt aufgeführt und ich glaub dir fehlt da der Erfahrungshaushalt im Sinne von: "Kunst"-Entwicklung und Verkauf. Also "kreativen Kontent" erstellen und verkaufen.
Du wirst in fünf Jahren, in zehn und auch in hundert Jahren - selbst wenn es telephatische Sensoren gäbe - die dir auf Stichwort einen Wikipedia-Eintrag ins Ohr säuseln selbst wenn du nur daran denkst - immer den Typen brauchen, der dir das Ding schreibt.
Du kommst um den Menschen nicht rum. Den Autor. Und um so kreativer dessen Arbeit ist - um so größer wird der Zeitaufwand.
Wir sind nicht mal mehr in der Produktion - wir sind jetzt nur mal gedanklich in der Vorproduktion. Und ich kann dir zumindest sagen (ich komme aus dieser Richtung - also das ist keine Mutmaßung), dass ein "scheiße-schneller" US-amerikanischer Autor für einen 1st Draft - auf Zuruf (das heißt der hat schon Vorgaben und schreibt nicht ins Blaue - das ist schon ein Plus) drei Wochen braucht. Dann hast du eine Konzeption von der du aus arbeiten kannst. Also drei Wochen - ist scheiße schnell.
NUR: Der Junge macht das Hauptberuflich. Der hat nicht nebenher nen Job mit dem er seine Familie ernährt. Also, wenn du utopisch gedacht, so einen Typen finden würdest in Deutschland - dann könnte der dir max. 12 Plots im Jahr entwickeln.
Wenn ich jetzt mal auf Deutschland als Land schaue - dann haben wir ca. 80 Städte über der 100.000 Einwohner Grenze. Jede dieser Städte (ohne das Land drum herum) hat mit Sicherheit Stoff für mindestens 2 Hörspiele. Das heißt - nur um die Reichweite "Groß-Stadt" (bietet sich ja auch an, wir haben Hauptzielgruppe und jede Menge Immobilien) abzudecken - können wir mit 160 Hörspielen rechnen. Unser scheiße-schneller Profi - schafft 12 im Jahr und an denen müssen wir noch arbeiten und diese Dinge dann auch noch produzieren.
Und alles was von diesem Typen abweicht - wird dich Zeit kosten UND - und da sehe ich persönlich dein Hauptproblem - müssen das Niveau von z.B. den Hörspielen die hier kostenlos angeboten werden mindestens halten. Denn liegst du darunter - wird dir jeder sagen: "Ich krieg was besseres woanders kostenlos". - Und das wird dir die Mund-zu-Mund-Propaganda im Marketing, gerade bei der "Neuerschließung" von "Märkten"/Plattformen, in einem Fall von "Qualitäts-Verlust" das Genick brechen. Du wirst dich hier an diesen Hörspielen messen lassen müssen. Selbst wenn es ein Hörbuch ist. Das müssen deine Ersatz-Leute für die "Profi-Liga" bringen. Ich weiß nicht, - ob du dir da so drüber im klaren bist. Weil du kannst das beste Tonstudio der Welt haben, den besten Produzenten Deutschlands, die Synchronsprecher der gesamten Hollywood Elite - du wirst nicht um den Plot (die Geschichte, Querstrich "das Buch") herumkommen.
Und du brauchst nicht nur einen - du brauchst den hoch zehn.
Und sagen wir mal du machst Kurzgeschichten. Sagst wir fangen in Berlin an. Vertreiben die für 2 Euro im Netz. Mal ganz im ernst - wie viele Leute - die jetzt nicht unbedingt mit 25 noch alle TKKG Folgen im Schrank stehen haben- glaubst du laufen dann durch Berlin mit ihrem I-Phone mit einem Audio-Kontent von einer Immobilien-Seite und hören sich Live-Hörspiele an?
Also in dieser Verknüpfung: Hauskauf + Umzug + Information + Hörspiel.
Du stückelst eine Zielgruppe die eh schon aus Spezialisten besteht - noch in zwei wesentlichen Bereichen ein:
1.) Lokalisation (all die die nach Hamburg ziehen - interessiert unser Berlin-Hörspiel nicht)
2.) Anwendung (nicht zu Hause vor dem Computer - du musst durch die Gegend laufen)
Jeder der da sagt: Das wäre mir egal - der kauft das Ding dann auch so oder so... wo erschließen wir dann da den neuen Markt?
Wie gesagt - du hast sicher Esprite und auch Idealismus - aber ich bin mir nicht sicher, ob du dir darüber WIRKLICH im klaren bist, was die kreative Kontenterstellung angeht und darüberhinaus dann deren Verkauf/ das "an den Mann bringen". Und halt dich bitte nicht am Begriff "Hörspiel" auf - sobald es kreativ wird - brauchst du den Typen der dir das schreibt und das auf einem "hohen" Niveau UND "umsonst". Ich halte das, wie dir auch schon ein paar Jungs vorher gesagt haben - für dein aller, aller größtes Problem. Nicht die Besetzung und auch nicht die Produktion. Du bräuchtest einen Autoren-Stab größer als bei einer US-Serie, der so gut sein muss, dass er zu kostenlosen Hörspielen konkurenzfähig ist (später dann die Produktion natürlich auch) ABER kostenlos arbeitet. - Und den wirst du auch in fünf, zehn und zwanzig Jahren brauchen. Die Technik ist nur der Überbringer. Hamlet kannst du auch virtuell auf einem Computerbildschirm mit Comic-Figuren aufführen, bei jedem zu Hause auf dem PC - es wird aber deswegen nicht ein besserer Hamlet sein.
Die Amerikaner haben bis heute kein Pal... dennoch verkaufen die mehr Serien nach Deutschland als umgekehrt... also nur weil man auf NTSC-Format schreibt - entwickelt man sicher nicht automatisch bessere Programme/Plots etc. - das hat mit Sicherheit mit was anderem zu tun...
Gruß
Ryan